Shamil und Wachid Borchashvili (AUT)
GEPA/Manfred Binder
Judo-WM

Familienaufstellung im Hause Borchashvili

Bei der WM in Doha gilt aus österreichischer Sicht der Klasse bis 81 kg bei den Männern „doppelte“ Aufmerksamkeit. Denn Shamil und Wachid Borchashvili stehen dort am Mittwoch auf der Matte. Dass die Brüder nun wieder in der gleichen Gewichtsklasse kämpfen, ist auf eine Familienentscheidung zurückzuführen.

Ein Jahr lang hat man es in verschiedenen Gewichtsklassen probiert, damit beide eine Chance auf die Olympiateilnahme haben. Weil das für Wachid in der 90er-Kategorie nicht klappte, soll sich nun der bessere der beiden in der Klasse bis 81 kg auf dem Weg nach Paris durchsetzen.

Der 27-jährige Shamil Borchashvili gewann bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio und der WM 2022 in Taschkent jeweils die Bronzemedaille. Der drei Jahre jüngere Wachid hatte den großen Durchbruch erst heuer, als er das Grand-Slam-Turnier in Tiflis für sich entschied.

Bruderduell frühestens in Medaillenkämpfen

Anders als bei Olympischen Spielen – im Ranking hat Shamil als derzeit Sechster einen deutlichen Vorteil gegenüber Wachid – dürfen bei Weltmeisterschaften pro Gewichtsklasse zwei Athleten aus einem Land antreten.

Das Los bringt Wachid in Pool A zum Auftakt Alain Aprahamian (URU) als Gegner, danach könnte der WM-Dritte des Vorjahres, Frank De Wit (NED), warten. Der als Nummer sechs gesetzte Shamil bekommt es in Pool D nach einem Freilos mit dem Sieger des Duells zwischen Georgi Gramatikow (BUL) und Sagi Muki (ISR) zu tun. Das heißt, erst in den Medaillenkämpfen wäre ein Aufeinandertreffen der beiden Brüder möglich.

Große Aufgabe, große Motivation

„In der gleichen Gewichtsklasse zu kämpfen, ist eine große Aufgabe für uns beide. Und eine große Motivation, wir pushen uns gegenseitig und lernen viel voneinander“, sagte Shamil. Er war schon einmal bei Olympia, werde den erhofften Platz 2024 in Frankreich aber freiwillig nicht dem Bruder überlassen. „Olympiagold habe ich ja noch nicht“, stellte er trocken fest.

Shamil Borchashvili (AUT) im Kampf um Olymiabronze gegen Dominic Ressel (GER)
GEPA/Michael Meindl
Shamil Borchashvili erkämpfte sich 2021 schon Olympiabronze

Er arbeitet hauptsächlich mit Nationaltrainer Robert Krawczyk und Hitoshi Kubo für den Technikbereich und sieht für sich selbst noch das meiste Potenzial im taktischen Bereich. „Bei den wichtigen Kämpfen ist immer die Taktik ausschlaggebend, das erkennt man beim Videoschauen. Wer hat den anderen besser studiert. Ich habe Aufholbedarf, bin da aber auf einem guten Weg.“ Das komme mit der Zeit, ist er sicher.

Die Dichte in der 81er-Klasse ist enorm, es sind zahlreiche Ex-Weltmeister in Katar mit dabei. „Ich bin noch nicht Weltmeister geworden. Umso stärker ist der Antrieb, dass ich jeden Tag hart trainiere“, sagte Shamil und hatte auch einige Favoriten parat: „Ich selbst. Und mein Bruder genauso. Die Erfolge meines Bruders taugen mir mehr als meine eigenen. Er hat eine schwierige Zeit mit vielen Verletzungen hinter sich.“

„Komm wieder zurück“

Das Projekt in der 90er-Klasse ging für Wachid nicht auf. „Er ist wegen mir raufgegangen. Dann haben wir in der Familie gesagt, ‚du hast es ein Jahr probiert, hast dein Bestes gegeben, komm wieder zurück in deine Gewichtsklasse und hol dir alles ab‘. Das macht er gut“, sagte Shamil anerkennend. Im Kampf um den Weltmeistertitel dürfe es gerne ein Bruderduell geben. „Man schlägt sich ja nicht. Judo ist mehr ein Schachspiel. Schauen wir, wer besser eingestellt ist. Ich freue mich darauf.“

Man kenne die Schwäche des jeweils anderen, jeder werde versuchen, den anderen zu überraschen. „Ich bin mit meinen Techniken ein bisschen eingeschränkt, habe nicht so viele zur Auswahl. Wachid ist sehr vielseitig, wirft auf links, auf rechts, tief, hoch. Im Bereich Kraft und Kondition sehe ich mich besser. Mental sind wir auf dem gleichen Level, er ist vielleicht ein bisschen stärker. Aber ich möchte ihn herausfordern. Einer muss ja aufgeben. Auch wenn es Stunden dauert.“

Tanzer und Auer bereits ausgeschieden

Früh zu Ende war die WM für Katharina Tanzer und Marcus Auer. Sie schieden am ersten Tag vorzeitig aus. Die 27-jährige Tanzer blieb in der Klasse bis 48 kg sieglos. Der 19-jährige Auer (bis 60 kg) gewann nach einem Freilos einen Kampf, gegen den gleichaltrigen Georgier Giorgi Sardalaschwili kam in der dritten Runde aber das Aus. Am Montag und Dienstag war bei den Titelkämpfen niemand aus Österreichs Team am Start.

ÖJV-Aufgebot für Doha

Frauen: Katharina Tanzer (bis 48 kg), Magdalena Krssakova (bis 63), Lubjana Piovesana (bis 63), Elena Dengg (bis 70), Michaela Polleres (bis 70)

Männer: Marcus Auer (bis 60), Shamil Borchashvili (bis 81), Wachid Borchashvili (bis 81), Aaron Fara (bis 100)

Zusätzlich für Mixed-Team: Verena Hiden (bis 57), Maria Höllwart (+70), Lukas Reiter (bis 73)