Radrennfahrer während einer Etappe beim Giro d’Italia
AP/Fabio Ferrari
Giro d’Italia

Eine App für den Koch als Edelhelfer

„Der Feind Nummer eins auf dem Berg ist das Gewicht.“ Schon die belgische Radsportlegende Eddy Merckx, einst fünffacher Giro- und Tour-de-France-Sieger, hatte das erkannt. Gut fünf Jahrzehnte später ist im Sport und gerade im Radsport das Thema Ernährung noch viel wichtiger geworden. Die technischen Möglichkeiten, die Profis während einer dreiwöchigen Tour wie dem Giro d’Italia körperlich genau zu überwachen, sind aus damaliger Sicht Science-Fiction. Eine App hilft nämlich dem Teamkoch festzulegen, bei wem wie viel auf dem Teller landen darf.

Der elektronische Helfer ist gefüttert mit Fahrerdaten und hilft dem Koch, exakt auf den Kalorienverbrauch und das jeweilige Gewicht zugeschnittene Menüs zuzubereiten. Zumindest im WorldTour-Profiteam Bora ist das so. „Früher hatten sie in der dritten Woche auf einmal zwei, drei Kilo mehr. In der dritten Woche geht es meistens ordentlich in die Berge“, erklärt Thomas Hörl, der Head of Logistics beim Team von Patrick Konrad.

In den Bergen gilt es allerdings Steigungen von 15 oder gar 20 Prozent zu absolvieren, da ist jedes überflüssige Kilo eine Last. „So wird das überwacht, damit der Athlet wirklich das Gewicht halten kann.“ Hörl weiß aber auch, dass das für die Athleten, die bei anstrengenden Bergetappen auch über 8.000 Kalorien (!) verbrauchen, oft schwer zu verdauen ist. „Du hast den ganzen Tag echt hart gearbeitet, hast Hunger, und dann sagt der Koch: ‚Mehr gibt’s ned.‘ Und der andere neben dir hat eine größere Portion.“

Patrick Konrad
IMAGO/Sirotti
Patrick Konrad soll mit keinem Gramm zu viel auf den Rippen in die letzten Bergetappen gehen

Foodtruck als wichtiger Rückzugsort

Für das Team Bora gibt es nicht zuletzt wegen des Sponsors (ein Hersteller eines speziellen Kochfeldabzugssystems) gar einen eigenen Foodtruck, der exklusiv für die Fahrer auf der Tour zur Verfügung gestellt wird. „Es gibt Teams, die nicht so auf die Ernährung schauen. Es haben nur vier Teams so einen Küchentruck wie wir, viele essen im Hotel und dort im Speisesaal, andere haben Foodtrucks wie auf Festivals und es wird trotzdem im Speisesaal gegessen“, erklärt Hörl.

Der Nachteil: 150 bis 180 Personen essen gleichzeitig, das bedeutet viel Unruhe. „Der Küchentruck ist was Heiliges für die Fahrer, da ist kein sportlicher Leiter, kein Teamchef drinnen. Die Mitarbeiter essen ganz normal im Hotel, der Koch konzentriert sich wirklich nur auf die Fahrer.“ Gegessen werden muss bei derartigen Anstrengungen ohnehin von früh bis spät, denn es gilt den berühmten „Hungerast“ unter allen Umständen zu vermeiden.

Noch keine Nachhaltigkeit bei Fuhrpark

In Sachen Nachhaltigkeit spielt ein Foodtruck vielleicht auch schon keine Rolle mehr. Während im normalen Leben Radfahren sicher umweltschonend ist, ist das bei einer großen Rundfahrt nicht der Fall. Das zeigt ein Blick auf die Zahlen. Je rund zehn Autos pro Team (22) sind auf so einer Tour dabei. Begleitfahrzeuge der Veranstalter, TV-Kameras, Medientross etc. gar nicht eingerechnet.

Elektroautos einzusetzen ist eine Idee, aber noch nicht realisierbar. Hörl berichtet, dass einmal für die Norwegen-Tour vom Veranstalter Elektroautos zur Verfügung gestellt wurden. „Da hatten wir im Rennen natürlich wenige Emissionen, aber danach: Such mal für 18 bis 21 Teams [Ladestationen], wenn jedes auch nur fünf Autos hat, bist du bei knapp 100 Autos, die du dann laden musst. Sie haben dann Großraumgeneratoren aufgestellt.“

Bei dreiwöchigen Landesrundfahrten wie dem Giro fährt man im Schnitt rund 150 km lange Rennen täglich. „Dann fährst du aber oft noch zwei, drei Stunden bis ins nächste Hotel.“ Nachhaltigkeit wird also im Spitzenradsport noch eine Weile Zukunftsvision bleiben.