Spieler von Red Bull Salzburg jubeln
GEPA/David Geieregger
Bundesliga

Salzburgs harter Kampf um Jubiläumstitel

Red Bull Salzburg ist wieder einmal österreichischer Meister – zum bereits zehnten Mal in Folge. Von der Leichtigkeit der vergangenen Jahre war der Jubilar, der aktuell eine der längsten Serien im europäischen Clubfußball anführt, diesmal allerdings weit entfernt. Angesichts des starken Herausforderers Sturm Graz zeigte der scheinbar unverwundbare Krösus der Admiral Bundesliga Schwächen, nur um in der entscheidenden Meisterschaftsphase doch wieder den Status quo herzustellen.

„Wir haben nie gejammert, die Saison immer angenommen. Deshalb fühlt sich dieser Titel noch besser und geiler an als der erste“, sagte Coach Matthias Jaissle nach dem entscheidenden 2:1-Heimsieg gegen Verfolger Sturm Graz am Sonntag und gab sich auch kryptisch kritisch („Die Widrigkeiten, die Steine, die wir in den Weg bekommen haben dieses Jahr“), konkreter wurde er nicht. Sturm-Trainer Christian Ilzer gab sich als fairer Zweiter: „Gratulation an Matthias Jaissle, der gerade eine schwierige Phase gemeistert hat und sicher daran gereift ist.“

Bereits am 30. Juli 2022 deutete sich an, dass es eine mühevolle Saison für Salzburg werden könnte. Sturm schickte die erfolgsverwöhnten „Bullen“ in der zweiten Runde mit einer 1:2-Niederlage im Gepäck nach Hause und holte später auch in Wals-Siezenheim ein Remis. Der im Elfmeterschießen fixierte Coup im Viertelfinale des ÖFB-Cups fachte im Februar die Hoffnungen auf eine Wachablöse weiter an.

Red Bull Salzburg stolz auf zehnten Titel

Meister Salzburg ist nach dem erneuten Titelgewinn stolz. Wegen der nicht immer einfachen Saison hat der Triumph bei den „Bullen“ einen ganz besonderen Stellenwert.

Spätestens als Sturm dank der Punkteteilung mit nur drei Zählern Rückstand in die zweite Saisonphase ging, schien das Undenkbare möglich. Salzburg wirkte angeschlagen – und etwa beim 3:3 gegen die Austria Anfang April auch etwas überheblich. Doch die Truppe von Trainer Matthias Jaissle besann sich rechtzeitig ihres klaren Ziels, behielt im Finish kühlen Kopf und kürte sich am Sonntag zwei Runden vor Schluss mit einem 2:1-Heimsieg gegen Sturm zum Champion.

Dominanz ist kein Naturgesetz

Die Jäger dürften jedenfalls Blut geleckt, neutrale Beobachter neue Hoffnung geschöpft haben, dass die Dominanz Salzburgs kein Naturgesetz ist – allen wirtschaftlichen Parametern zum Trotz, die vor Anpfiff der Saison 2023/24 erneut deutlich für den Titelverteidiger sprechen.

Klar scheint: Angst und Schrecken verbreitet Salzburg in der Liga nicht mehr. Das große Alleinstellungsmerkmal, der intensive Pressingkick samt Torspektakel ist nur noch in seiner Light-Variante vorhanden. Jaissle kann mit dem „Hurra-Fußball“ seines Vorgängers Jesse Marsch jedenfalls wenig anfangen.

Salzburger Weg birgt Risiken

Verständlich wurde in den letzten Monaten, warum Sportdirektor Christoph Freund nicht müde wird, die Selbstverständlichkeit eines Salzburger Meistertitels infrage zu stellen. Der eingeschlagene Weg, mit jungen, für heimische Verhältnisse teuren Talenten national und auch auf europäischer Bühne zu reüssieren, hat dem Verein in den vergangenen Jahren über Preisgelder und Ablösesummen beachtliche Beträge in die Kassa gespült. Er birgt aber auch Risiken, auf die Freund immer wieder hinweist und die in der laufenden Saison sichtbar waren.

Salzburg schickte noch nie eine jüngere Equipe ins Rennen, mehrmals lag das Durchschnittsalter der Startelf unter 22 Jahren. Im Champions-League-Spiel gegen den AC Milan ließ man die mit 21,6 Jahren zweitjüngste jemals im Bewerb aufgebotene Startelf auflaufen.

Dazu kamen immer wieder verletzungsbedingte Ausfälle, zeitweise fehlte im Frühjahr eine ganze Elf. Allen voran der im Sommer geholte Fernando, der nach guten Auftritten zu Saisonbeginn ab Ende September nur noch dreimal zum Einsatz kam. Sein Sturmpartner Noah Okafor wiederum traf nach gutem Start seit Anfang November kein einziges Mal mehr und fehlte im Finish wie Luka Sucic verletzt.

Viele offene Personalfragen

An der Personalpolitik wollen die einmal mehr fix für die CL-Gruppenphase qualifizierten Salzburger jedenfalls nicht rütteln. Ob sich das Transferkarussell so stark dreht wie in den vergangenen Jahren, bleibt abzuwarten. Mit ÖFB-Teamspieler Nicolas Seiwald und Stürmer Benjamin Sesko wechseln zwei Stützen fix zum Leipziger Schwesterclub, darüber hinaus steht vieles noch in den Sternen.

Christoph Freund und Matthias Jaissle (RBS)
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Christoph Freund bejubelte seinen bereits achten Meistertitel als Sportdirektor, Matthias Jaissle seinen zweiten als Trainer

Von großem Interesse ist nicht zuletzt die Personalie Jaissle. Der 35-Jährige wurde zwar schon mit einem Wechsel in die deutsche Bundesliga, etwa zu Frankfurt, in Verbindung gebracht, konkret ist das aber noch nicht. Hält der Deutsche die Stellung, wäre es ein Novum: Noch kein Trainer blieb den „Bullen“ länger als zwei Saisonen erhalten.

Sportdirektor Christoph Freund ist zuversichtlich: „Er ist sicher einer, der international sehr begehrt ist. Es gibt nicht viele junge Trainer, die so ein Potenzial mitbringen und auch schon viel erreicht haben. Der Plan ist aber, dass wir mit ihm in die neue Saison gehen.“

Finanziell muss man sich auch nach dem Tod von Mäzen Dietrich Mateschitz im Oktober 2022 jedenfalls keine Sorgen machen. Dafür garantieren die üppigen Erträge der vergangenen Jahre ebenso wie der langfristige Vertrag mit dem Konzern, auf den vonseiten des Clubs verwiesen wird.

Unter den erfolgreichsten Serienmeistern Europas

Dank des zehnten Meistertitels in Folge gehört Salzburg nun einem exklusiven Kreis europäischer Fußballvereine an. Derzeit liegt nur Ludogorez Rasgrad in Bulgarien mit elf Titeln in Serie vor den gleichauf rangierenden „Bullen“ und Bayern München. Beide Clubs könnten allerdings in der laufenden Saison noch zuschlagen. Nach diesem Trio folgt lange nichts. Moldawiens am Samstag gekrönter Serienchampion Sheriff Tiraspol hält bei acht Meisterschaften in Folge.

Die bisher längste Serie in Europa schafften mit jeweils 14 Titeln in Folge Skonto Riga in Lettland (1991 bis 2004) und die Lincoln Red Imps in Gibraltar (2003 bis 2016). Danach folgen Rosenborg Trondheim in Norwegen (1992 bis 2004) und BATE Borisow in Belarus (2006 bis 2018) mit je 13 Triumphen hintereinander. Dinamo Zagreb wurde von 2006 bis 2016 elfmal en suite kroatischer Meister.