Nationalspieler Niclas Füllkrug mit DFB-Jubiläumstrikot
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Fußball

DFB-Team begeht „Tausender“ unter Druck

Vor 115 Jahren, am 5. April 1908, hat mit einer 3:5-Pleite gegen die Schweiz die deutsche Länderspielgeschichte begonnen. Am Montag (18.00 Uhr) erfolgt in Bremen im symbolträchtigen Test gegen die Ukraine der 1.000. Auftritt einer deutschen Nationalmannschaft. Das Duell mit dem vom russischen Angriffskrieg gebeutelten Gegner ist für DFB-Teamchef Hansi Flick auch eine wichtige Standortbestimmung.

Die Geschichte offizieller deutscher Länderspiele begann nicht nur mit einer Pleite, sondern mit insgesamt vier Niederlagen – darunter auch einem 2:3 gegen Österreich – in Folge. Nach einem Remis gegen Ungarn folgte erst im sechsten Auftritt mit einem 1:0 daheim und zwar erneut gegen die Schweiz der erste Sieg.

Trotz des holprigen Starts waren die bisherigen 999 Länderspiele der Auswahlen des Deutschen Fußballbundes (DFB) eine Erfolgsgeschichte. In der DFB-Bilanz stehen bisher 578 Siege, 207 Unentschieden und 214 Niederlagen. 2.250 Tore wurden erzielt, 1.174 Gegentreffer kassiert. Der höchste Sieg war das 16:0 gegen Russland beim olympischen Fußballturnier 1912. Die höchste Niederlage gab es 1909 beim 0:9 gegen England. Mit vier WM- und drei EM-Titeln ist Deutschland eine der erfolgreichsten Nationen der Welt.

Marius Wolf (Deutschland) und Yannick Carrasco (Belgien)
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Das 999. Länderspiel der Deutschen (in Schwarz) endete mit einer 2:3-Niederlage gegen Belgien

DFB-Trainer erwartet vollen Einsatz

Geht es nach dem deutschen Bundestrainer, dann kommt im Jubiläumsspiel der 579. Sieg dazu. „Wir erwarten, dass sie übers Limit gehen können, auch mal ein bisschen leiden“, gab Flick seiner Mannschaft die klare Marschroute für das Jubiläumsspiel vor. Nach dem WM-Debakel – der vierfache Weltmeister blieb erneut in der Gruppenphase auf der Strecke – und dem jüngsten 2:3 im Test gegen Belgien sind Joshua Kimmich und Co. gegen die Ukraine vor allem im Hinblick auf die Heim-EM im kommenden Jahr gefordert.

„Für uns ist jedes Länderspiel dazu da, dass wir die Elf finden, die dann am 14. Juni nächstes Jahr anfängt“, erklärte Flick. Am 14. Juni 2024 beginnt in München das deutsche Heimturnier. Der Druck nach den jüngsten Pleiten bei großen Turnieren ist beim Event auf eigenem Boden entsprechend groß. Um die richtige Mannschaft zu finden, wird auch fleißig getestet. Bereits am Freitag gastiert die DFB-Auswahl in Polen, es folgt die Partie am 20. Juni in Gelsenkirchen gegen Kolumbien.

DFB-Coach Hans-Dieter Flick
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Flick sucht die richtige Elf für das wichtige Heimturnier im kommenden Jahr

„Wenn wir die Vorbereitung haben zur Euro, dann ist es wichtig und die Basis, dass jeder einzelne Spieler in Topform ist. Das ist das, was wir erwarten. Wenn dann die Basis der Fitness gelegt ist, ist vieles drin“, meinte Flick, der mit Ausnahme von Stürmer Timo Werner sowie den Champions-League-Finalisten Ilkay Gündogan und Robin Gosens mit allen Akteuren planen kann. CL-Finalsieger Gündogan und -verlierer Gosens werden am Mittwoch zum Team stoßen. Und der von einer Sprunggelenksblessur geplagte Werner hofft, gegen Polen ebenfalls mitwirken zu können.

Größter Garant für Tore ist aktuell Niclas Füllkrug. Der Stürmer von Werder Bremen kommt vor seinem Heimspiel im Weserstadion auf eine Topquote von sechs Toren in sechs Länderspielen. Kein Wunder, dass Flick ihm auch gegen die Ukraine von Beginn an vertrauen wird, wie der Coach festhielt. „Niclas ist einer, der einer Mannschaft guttut, der vorangeht“, sagte Flick, der seinen mit 16 Treffern Toptorschützen der abgelaufenen Bundesliga-Saison in einer Doppelspitze mit Chelseas Kai Havertz zusammenspannt.

Rebrow vor emotionalem Debüt

Die Ukraine tritt mit ihrem neuen Teamchef Sergij Rebrow und gewiss großem Engagement auf. „Für mich bedeutet der Fußball Emotionen“, sagte der 49-Jährige, der erst seit ein paar Tagen im Amt ist. „In unserem Land, unserem Volk fehlen die Emotionen. Im Krieg schaut jeder auf die Nachrichten, auf das, was passiert – wir auch.“ Deshalb habe er seinen Spielern gesagt, „wir müssen den Menschen in der Ukraine Emotionen geben, um sie zu unterstützen. Auf dem Platz müssen wir unseren Charakter zeigen. Das ist sehr wichtig. Für mich ist es sehr wichtig, hier zu sein und zu zeigen, dass die Ukraine am Leben ist und dass wir Fußball spielen.“

Der ukrainische Teamchef Sergey Rebrov
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Rebrow blickt seinem Debüt als ukrainischer Teamchef entgegen

Der DFB spendet die Einnahmen der Partie im Weserstadion auch zur Unterstützung der Ukraine, die vergangenes Jahr von Russland angegriffen wurde und noch immer gegen die Aggressoren kämpft. „Es ist hart für die Spieler, aber wir müssen stark sein, weil wir Ukrainer sind“, sagte Kapitän Andrij Jarmolenko. „Wir müssen Fußball spielen für unsere Fans, für unser Volk, um ihnen etwas Positives zu geben.“

In der Qualifikation zur EM 2024 in Deutschland belegt die Ukraine in der Gruppe C mit den Favoriten England und Italien nach einem Spiel den vierten Platz, am kommenden Freitag spielt die Rebrow-Auswahl in Nordmazedonien, am folgenden Montag geht es gegen Malta. „Wir kämpfen um die Qualifikation“, sagte Rebrow. „Wir repräsentieren die Ukraine in Europa. Für mich ist es sehr wichtig, dass wir uns auf die Spiele konzentrieren.“