EM-Qualifikation

Österreich erobert Punkt in Belgien

Das österreichische Fußballnationalteam hat am Samstag in einer unterhaltsamen Partie einen Punkt beim Weltranglistenvierten Belgien erobert. In einem dynamischen Spiel mit vielen Chancen trennten sich die Teams in der EM-Qualifikation mit 1:1, wobei auch beide als Sieger vom Platz hätten gehen können. Die Mannschaft von Teamchef Ralf Rangnick ging durch ein Eigentor von Orel Mangala (21.) in Führung, Romelu Lukaku glich vor rund 40.000 Zuschauern in Brüssel aus (61.). Am Ende hatte das ÖFB-Team auch das Glück des Tüchtigen.

Österreich startete mit gleich vier Offensivkräften ambitioniert und beschäftigte das Team des Deutsch-Italieners Domenico Tedesco bei dessen Heimpremiere erfolgreich. Die Führung gelang nach einer Ecke von Patrick Wimmer: Michael Gregoritsch zog auf das Tor ab, und Orel Mangala lenkte unhaltbar für Weltklassetormann Thibaut Courtois ab.

Belgien kam nach der Pause zum verdienten Ausgleich, vor allem Lukaku war nach seinem „patscherten“ Auftritt im Champions-League-Finale motiviert und traf mit seiner zweiten Chance ins Eck. Die Belgier waren dem Sieg letztlich näher, aber auch Österreich hatte noch gute Möglichkeiten in einer temporeichen Begegnung. Die beste vergab dann Youri Tielemans, der das Leder an die Latte zirkelte (95.).

Lukaku gleicht aus (61. Minute)

Nach gut einer Stunde macht der Star der Belgier den Ausgleich.

Letztlich nahm Österreich einen wichtigen Punkt Richtung EM 2024 mit und verteidigte auch die Tabellenführung in der Gruppe F. Am Dienstag (20.45 Uhr) geht es mit einem harten Brocken weiter, wenn die Schweden im Ernst-Happel-Stadion gastieren. Die Skandinavier gewannen zuletzt ein Testspiel gegen Neuseeland klar mit 4:1.

Alabas Hunderter an Stätte mit trauriger Berühmtheit

Belgien gegen Österreich, das gab es zuletzt nicht allzu oft, in den vergangenen 44 Jahren nur zweimal. Das vorletzte Duell endete spektakulär mit 4:4, Stefan Maierhofer jauchzte danach im ORF: „Das ist Fußball für Österreich.“ Zum 100. Mal spielte nun schon David Alaba für Österreich Fußball, was Kevin De Bruyne für Belgien wegen einer Verletzung (noch) verwehrt blieb. Dafür wurde ein anderer Star, Eden Hazard, nach dem Ende seiner Teamkarriere groß verabschiedet.

David Alaba
GEPA/Johannes Friedl
In Brüssel feierte David Alaba seinen Hunderter im ÖFB-Team

Nach dem blamablen WM-Aus in Katar hing einer der Schlüsselspieler der „Goldenen Generation“ seine Schuhe an den Nagel. In der Halbzeit wurde er im Stadion mit dem Cabrio durch die Arena chauffiert, was im 1995 nach einem Umbau wiedereröffneten Stadion König Baudouin dank einer Laufbahn möglich ist. Das war auch beim Vorgänger so, dem zu trauriger Berühmtheit gelangten Heysel-Stadion. 1985 starben hier 39 Menschen vor dem Meistercup-Finale zwischen Liverpool und Juventus, nachdem englische Fans einen neutralen Block gestürmt hatten. Das alte Stadion ist gewichen, der Schatten ist geblieben.

Die österreichischen Fußballer bekamen das aktuelle, aber durchaus schon wieder in die Jahre gekommene Nationalstadion erst 75 Minuten vor Spielbeginn erstmals zu Angesicht. Das war allerdings ohnehin so geplant, ungeplant war die Anreise mit fünfstündiger Verspätung nach einem Flugzeugtausch bei einer Chartermaschine. Dass bei einem anderen Flug dann auch noch die Trommeln der 1.200 ÖFB-Fans fehlten, passte dazu. Aber Ausreden waren gestern, heute ging es um Lösungen, auch was das Kompensieren von Ausfällen anging.

Angriff als gute Verteidigung

Rangnick, der sich im Tor für Alexander Schlager entschied, musste wie erwartet Kevin Danso und Marcel Sabitzer für die Startelf vorgeben, Letzterer stand immerhin im Kader. Kurzfristig fiel Konrad Laimer aus, für ihn startete Xaver Schlager neben Nicolas Seiwald im zentralen Mittelfeld der Marke Red-Bull-Fußball. Außen wimmelte es mit Patrick Wimmer, Christoph Baumgartner sowie mit Michael Gregoritsch und vorne Marko Arnautovic voller Offensivkräfte, vielleicht auch weil mit Jan Verthongen der belgische Abwehrroutinier fehlte. Weitaus schlimmer traf die Gastgeber aber der Ausfall von Weltstar De Bruyne.

Jubel der Österreicher nach dem 1:0
ORF/Bernhard Kastler
Österreich brachte die belgische Party kurzfristig zum Stillstand

Und Österreich ließ den selbstbewussten Worten vor dem Spiel von Beginn weg Taten folgen, praktisch schon mit dem Anstoß ging es in den Strafraum der Hausherren. Rangnick wollte dem Gegner, egal wie gut, das Spiel aufzwingen, und das gelang in der Anfangsphase, wenngleich Youri Tielemans den ersten Torschuss hatte – vorbei (4.).

Ein Tor crasht die Party

Das ÖFB-Team verzeichnete viele Balleroberungen und beschäftigte die Belgier weit weg vom eigenen Tor. Die Gastgeber strahlten durch die Flügel Dodi Lukebakio und Jeremy Doku Gefahr aus, aber Starstürmer Romelu Lukaku kam vorerst nicht zur Geltung, weil Alaba und Philipp Lienhart das verhinderten. Nur einmal deckte der wuchtige Stürmer den Ball geschickt hab, legte Verthongen-Ersatz Leander Dendoncker auf, dessen abgefälschter Schuss verfehlte das Tor nur knapp (13.).

Die Hazard-Abschiedsparty wurde aber wenig später von den diszipliniert agierenden Österreichern gecrasht. Maximilian Wöber, der sich offensiv immer wieder bemerkbar machte, provozierte mit einer Hereingabe eine Ecke, die Patrick Wimmer in die Mitte brachte. Es schien kein Zufall, dass Michael Gregoritsch nach der weit gezogenen Flanke abschließen konnte. Mit der Breitseite schloss er auf Verdacht ab, und Orel Mangala lenkte den Ball unbeholfen mit der Ferse ins eigene Tor – da ist dann auch der beste Tormann chancenlos (21.).

Eigentor des belgischen Spielers Orel Mangala
APA/AFP/Kenzo Tribouillard
Bei Mangalas Eigentor war selbst Weltklassemann Courtois geschlagen

Die 1.200 Gäste-Fans jubelten lautstark und minutenlangen hörbar, denn die Belgier mussten sich erst einmal erfangen. Österreich blieb im Momentum, die Spieler und die Ersatzbank feierten selbst ein von Schlager gezogenes Foul an der eigenen Outlinie fast wie ein Tor. Arnautovic, der sich weitestgehend schwertat, setzte dann noch einen Kopfball vorbei (36.). Belgien machte vor der Pause noch einmal Druck, aber Lukebakio verfehlte das Tor von Schlager knapp (41.). „Schaut ganz gut aus“, lächelte Laimer auf der Medientribüne zur Halbzeit.

Lukaku bringt Brüssel zum Beben

Rangnick brachte in der Pause Philipp Mwene für Wöber, der offensiv besser unterwegs war als defensiv und auch schon Gelb gesehen hatte. Es folgte Dauerdruck der Belgier, allerdings ohne recht zwingend zu sein. Österreichs Entlastung hielt sich in Grenzen, aber dann packte das ÖFB-Team wieder einen Freistoßtrick mit schauspielerischen Elementen aus, der nur knapp nicht zu einem Abschluss führte. Besser machte es Wout Faes, dessen Kopfball sich auf dem Tor senkte (54.).

Nachdem Arnautovic mit seiner letzten Aktion zwar eine gefährliche Chance vorfand, aber dabei im Abseits stand und für Sabitzer Platz machen durfte, kamen die Minuten von Lukaku. Der Ausgleich hatte sich schon abgezeichnet, als er einen Schuss knapp neben das Tor setzte (59.). Zwei Minuten später saß der satte Abschluss im linken Eck, nachdem Lukebakio seine starke Leistung mit einem herrlichen Lochpass belohnt hatte sowie Alaba und Co. zu spät gekommen waren (61.) – die knapp 40.000 Fans sorgten danach für ein gefühltes Beben.

Doppelchance für Österreich (67. Minute)

Österreich kämpft sich zurück ins Spiel, Sabitzer und Posch haben gute Möglichkeiten. Die Führung gelingt aber nicht.

Vogelwilde Schlussphase

Was folgte war eine vogelwilde Schlussphase, in der beide Teams Chancen auf den Sieg vorfanden. Österreich scheiterte durch Sabitzer knapp (67.), nur eine Minute später zeigte Courtois bei einem Volleyschuss von Stefan Posch, warum er derzeit beste Goalie auf diesem Planeten ist (68.) – den Nachschuss vergab Xaver Schlager leichtfertig. Der andere Schlager, Alexander im Tor, hielt wenig später einen Schuss von „Joker“ Johan Bakayoko fest (74.). Belgien drückte vor eigenem Publikum, aber Österreich hatte das Happy End auf seiner Seite, als Tielemans in der allerletzten Aktion die Latte traf (95.).

Ball geht ans Lattenkreuz (95. Minute)

Knapp vor dem Schlusspfiff haben die Österreicher bei einem Schuss von Tielemans großes Glück.

Stimmen zum Spiel:

Ralf Rangnick (Teamchef Österreich): „Heute können und müssen wir mit dem Punkt zufrieden sein. Belgien hatte schon die eine oder andere gute Chance mehr als wir. Aber über weite Strecken haben wir ein richtig gutes Spiel gemacht. Wir waren bis zum Schuss darauf aus, das Spiel zu entscheiden, mit dem Punkt können wir aber gut leben. Wenn wir nun gegen Schweden gewinnen, sind wir absolut auf Kurs.“

David Alaba (Kapitän Österreich): „Natürlich können wir zufrieden sein mit dem Punkt. Das geht in Ordnung, auch wenn wir uns mehr erhofft haben. Es war eine gute Leistung, keine Topleistung. Man hat gesehen, dass jeder Einzelne sein Leben am Platz gelassen hat. Wir starteten sehr gut, haben zu Ende der ersten Halbzeit ein bisschen Probleme bekommen. In der zweiten Halbzeit war es eine Mannschaftsleistung, die wir gebraucht haben, um den Punkt mitzunehmen.“

Michael Gregoritsch (Stürmer Österreich): „Einstudiert war es (das Tor, Anm.) nicht. Ich wollte den Ball scharf zur Mitte bringen, der ist Gott sei Dank glücklich abgefälscht worden. Schade, dass wir es nicht ganz rübergebracht haben. Am Ende dürfen wir nicht unglücklich sein über das Remis, aber wann man führt, ist es immer schade. Am Schluss war es ein Schlagabtausch, mit ein bisschen Glück, machen wir ein Tor.“

Domenico Tedesco (Teamchef Belgien): „Es war ein wirklich hartes Spiel mit hoher Intensität von beiden Seiten. Österreich hat eine starke Mannschaft mit viel physischer Power. In der ersten Hälfte hatten wir zu wenig Intensität gegen den Ball. Am Ende der ersten Hälfte ist es besser geworden, und die zweite Hälfte war so, wie wir spielen wollen. Wir wollten natürlich gewinnen und hatten auch die Chancen dafür, aber das 1:1 ist okay.“

EM-Qualifikation, Gruppe F, dritter Spieltag

Samstag:

Belgien – Österreich 1:1 (0:1)

Brüssel, König-Baudouin-Stadion, 39.067; SR Brisard (FRA)

Torfolge:
0:1 Mangala (21./Eigentor)
1:1 Lukaku (61.)

Belgien: Courtois – Castagne, Dendoncker (84./Al-Dakhil), Faes, Theate – Mangala (75./Vranckx) – Doku (84./Tresor), Tielemans, Carrasco (76./Openda), Lukebakio (69./Bakayoko) – Lukaku

Österreich: A. Schlager – Posch, Lienhart, Alaba, Wöber (46./Mwene) – X. Schlager (82./Ljubicic), Seiwald – Baumgartner, Gregoritsch (82./Onisiwo), Wimmer (60./Sabitzer) – Arnautovic (60./Kainz)

Gelbe Karten: Lukaku bzw. Wöber, Posch, X. Schlager, A. Schlager

Die Besten: Doku, Lukebakio, Lukaku, Tielemans bzw. X. Schlager, Lienhart, Gregoritsch, Seiwald