Wäre die EM-Qualifikation ein Kasten jenes bekannten schwedischen Möbelhauses, das einen ganzen Block des Ernst-Happel-Stadions als Werbefläche nutzte, wäre aus österreichischer Sicht zumindest einmal der Korpus fertig. Weil Baumgartner nach Schüssen von Florian Grillitsch bzw. Michael Gregoritsch in der 81. und 89. Minute als Abstauber zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, führt Österreich die Gruppe F mit zehn Punkten an – drei Zähler vor Belgien und sieben vor Schweden. Beide Verfolger haben aber so wie die Außenseiter Aserbaidschan und Lettland je ein Spiel weniger absolviert. Nur die ersten zwei lösen fix das EM-Ticket.
„Wir sind mit zehn Punkten in einer guten Position“, gab auch Baumgartner – der mit seinen Teamtreffern neun und zehn zum Matchwinner wurde – zu, schränkte aber ein: „Man weiß, wie der Fußball ist.“ Ähnlich äußerte sich Kapitän David Alaba, der mit seinen Abwehrkollegen und Torhüter Alexander Schlager erstmals in der laufenden Quali keine Gegentreffer zuließ: „Es ist noch ein sehr weiter Weg nach Deutschland.“ Auch der zur Pause eingewechselte Marko Arnautovic wollte von der EM 2024 „noch nicht reden. Fußball ist komplex und ganz komisch, es kann einiges passieren.“
EM-Quali: Österreich besiegte Schweden
Österreichs Nationalteam konnte am Dienstagabend im Ernst-Happel-Stadion gegen Schweden den nächsten großen Schritt Richtung Europameisterschaft machen. In einer richtungsweisenden Partie besiegt die ÖFB-Auswahl von Teamchef Ralf Rangnick den schwierigen Gegner mit 2:0 vor ausverkaufter Heimkulisse.
Geduld macht sich bezahlt
Sollten die Österreicher aber ähnlich wie am Samstag beim 1:1 in Belgien oder noch mehr wie beim Sieg über Schweden im Herbst in den Retourspielen auftreten, dürfte in Sachen EM-Qualifikation nichts passieren. Hatte Österreich gegen die „Roten Teufel“ in Brüssel am Ende auch das Glück auf seiner Seite – Stichwort Lattenschuss –, belohnten sie sich gegen Schweden für ihre Geduld. Denn lange Zeit schien es, als würde Goalie Robin Olsen Baumgartner und Co. den Nerv ziehen. Der 33-Jährige, der bei Aston Villa meist nur den Reservisten hinter Weltmeister Emiliano Martinez gibt, hielt speziell kurz vor und nach der Pause mehrere „Hundertprozentige“.
Doch am Ende hatten die Österreicher den längeren Atem. „Der schwedische Tormann hat eine überragende Partie gemacht. Aber wenn dann einmal einer richtig steht, dann hast du als Torhüter auch mal Pech“, sagte Baumgartner. Dass er zweimal richtig stehen durfte, verdankte der 23-Jährige auch Rangnick, der den Mittelfeldspieler trotz einer unauffälligen Leistung nicht vom Platz nahm. „Ich habe nicht mein bestes Spiel gezeigt und trotzdem viel Vertrauen vom Trainer bekommen. Ich habe es aber am Ende des Tages zurückgezahlt“, meinte daher auch der Matchwinner.
Kompakt und mit tiefem Kader
Neben der Moral war es gegen Schweden auch die Abwehrleistung, die die Hoffnung der österreichischen Fans auf eine erfolgreiche zweite Hälfte des Weges nach Deutschland hoffen lässt. „Wir haben im Spiel auch immer wieder betont, dass wir zu null spielen wollen“, sagte Alaba. Für den Doppeltorschützen Baumgartner war die starke Vorstellung der Verteidigung auch der Grund, warum es im Angriff dann doch noch klappte: „Wichtig war, dass wir kompakt gestanden sind und wenig zugelassen haben, das gibt auch der Offensive Sicherheit.“ Oder, wie Arnautovic es zusammenfasste: „Die Mannschaft hat es als Gesamtes super gemacht.“
Zum Gesamtpaket, das die Hoffnung auf die insgesamt vierte und die dritte österreichische Teilnahme in Folge an einer Europameisterschaft nährt, gehört auch die Tiefe im Kader. Gegen Schweden kamen Stammspieler wie Arnautovic und Marcel Sabitzer erst nach der Pause zum Einsatz – und trotzdem war Österreich in der ersten Hälfte die bessere Mannschaft. „Das zeigt schon, welche Qualität wir einfach haben. Das ist etwas, was den Unterschied ausmacht“, sagte Baumgartner, „vor ein paar Jahren hätten wir remis gespielt oder vielleicht sogar noch am Ende eines (ein Tor, Anm.) gefressen, und jetzt entscheiden wir die Partien für uns.“
Showdown im Herbst
Nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Hälfte der EM-Qualifikation steht für die Teamspieler nun Urlaub auf dem Programm. Den können Alaba und Co. angesichts der Vorstellungen gegen Belgien und Schweden mit einem Lächeln antreten. „Wir haben unser Ziel erreicht, wir wollten erfolgreich sein, und das ist uns gelungen. Es ist ein positiver Abschluss, bevor wir jetzt in den wohlverdienten Urlaub gehen“, sagte Alaba, der nun endlich auch Zeit für seine neugeborene Tochter hat.
Erst am 12. September geht es in der Quali weiter. Im Retourspiel gegen Schweden könnte Österreich mit einem weiteren Punktegewinn der nächste große Schritt Richtung EM-Teilnahme gelingen, ehe einen Monat später am 13. Oktober im Schlager daheim gegen Belgien oder spätestens drei Tage danach in Aserbaidschan das Ticket endgültig abgestempelt werden könnte. Arnautovic warnte davor, im Urlaub zu viel zu rechnen. „Man darf das, was kommt, nicht auf die leichte Schulter nehmen und sich zurücklehnen“, sagte der Wiener. Eine Aussage, die nicht für den anstehenden Urlaub gilt.