Max Verstappen und Sergio Perez
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Formel 1

Was für das perfekte „Bullen“-Jahr spricht

Acht von 22 Rennen wurden in dieser Formel-1-Saison bisher absolviert, achtmal hieß der Sieger Red Bull Racing. Die „Bullen“ fuhren der Konkurrenz 2023 bisher auf und davon und reisen als großer Favorit zum Heim-GP am Sonntag (15.00 Uhr, live in ORF1) nach Spielberg. Eine perfekte Saison hält Berater Helmut Marko zwar für unwahrscheinlich, aufgrund der rasanten Erfolgsgeschichte des Rennstalls aber nicht für unmöglich.

Das wichtigste Indiz ist die aktuelle Dominanz der „Bullen“. Gleich sechsmal hieß der Sieger in dieser Saison Max Verstappen, zweimal stand Sergio Perez am Ende ganz oben auf dem Podest, sprich immer ein Red-Bull-Pilot. Überhaupt konnte Red Bull 18 der jüngsten 19 Rennen für sich entscheiden. Nur George Russell konnte beim vorletzten Grand Prix der vergangenen Saison, jenem von Brasilien, in seinem Mercedes den Siegeszug der „Bullen“ stoppen.

Apropos Mercedes: Die Silberpfeile kamen 2016 zuletzt einer perfekten Saison ganz nahe. Der spätere Weltmeister Nico Rosberg und Lewis Hamilton entschieden 19 von 21 Rennen für sich. Nur in Spanien (Verstappen) und Malaysia (Daniel Ricciardo) stand ein Red-Bull-Fahrer ganz oben auf dem Siegespodest. Ein perfektes Jahr hätten der legendäre Ayrton Senna und Alain Prost 1988 für McLaren hingelegt, wäre Senna beim Grand Prix von Italien in Monza nicht mit dem Williams von Jean-Louis Schlesser kollidiert. So sorgte Gerhard Berger im Ferrari für den einzigen Nicht-McLaren-Sieg in den 16 Rennen dieser Saison.

Die Erfolgsgeschichte von Red Bull Racing

Red Bull Racing konnte von den letzten 27 Rennen ganze 24 für sich entscheiden. Die Erfolgsgeschichte des Teams begann bereits im Jahr 2005.

Heuer sind Verstappen und Perez auf dem besten Weg, es dem brasilianisch-französischen Gespann von 1988 nachzumachen. Kündigte sich zu Beginn ein Zweikampf zwischen dem Niederländer und dem Mexikaner an, zog Verstappen dank zuletzt vier Siegen in Serie in der WM-Wertung davon und liegt nun schon 69 Punkte vor seinem Teamkollegen. Dabei durfte sich der 25-jährige Niederländer in Kanada zuletzt über gleich zwei Meilensteine freuen. Zum einen zog Verstappen mit seinem 41. GP-Erfolg mit Senna gleich, zum anderen bescherte er Red Bull als fünftem F1-Team nach Ferrari (241), McLaren (183), Mercedes (125) und Williams (114) den 100. GP-Sieg.

Geduld nach Rückschlägen macht sich bezahlt

Eine Erfolgsgeschichte, die laut Marko, der bereits beim Debüt 2005 in Australien dabei war, in der Form nicht absehbar war. „Das war gar nicht der Ansatz, als das relativ marode Jaguar-Team übernommen wurde“, sagte der 80-Jährige im Interview in „Sport am Sonntag“. „Die Worte von Dietrich Mateschitz waren: Probieren wir es einmal, wenn wir zumindest einen Grand Prix gewinnen, wäre das schon gut.“

Gekommen ist es dann aber ganz anders. Zwar musste man zu Beginn auch viel Lehrgeld bezahlen und unter anderem dem Schwesterteam Toro Rosso den Vortritt lassen, die Geduld machte sich aber bezahlt. 2010 durfte sich Red Bull über den Gewinn der Konstrukteurswertung und dank Sebastian Vettel auch über den ersten Fahrertitel freuen. Der Deutsche kürte sich damals mit 23 Jahren und 134 Tagen nicht nur zum bisher jüngsten F1-Weltmeister der Geschichte, sondern legte in den folgenden drei Jahren noch drei weitere Titel nach. 2021 und 2022 gewann das Team mit Verstappen zwei weitere Titel und 2022 eine weitere Konstrukteurs-WM.

Grafik zu Red-Bull-Siegen
Grafik: APA/ORF; Quelle: formula1.com; Fotos: AFP

Trotz der Rückschläge zu Beginn gab es nie einen Gedanken, vorzeitig das Handtuch zu werfen. „Es war immer dieser Wille im Team vorhanden, und wir haben immer die Rückendeckung von Mateschitz gehabt“, sagte Marko. „Er hat uns vertraut, aber es hat natürlich Zeit gebraucht. Es musste alles umgekrempelt, technisch irrsinnig aufgerüstet werden. Es gab keinen Simulator, der Windkanal war völlig veraltet.“ Einzig nach dem Vettel-Sieg im Toro Rosso 2008 in Monza mit dem stärkeren Ferrari-Motor, aber dem Red-Bull-Chassis, kamen kurz Zweifel auf. Letztlich habe sich die Sache mit dem ersten Sieg von Red Bull in China 2009 von selbst erledigt.

Perfekte Saison nicht ausgeschlossen

Dass Red Bull in dieser Saison als erstem Rennstall der Geschichte eine perfekte Saison mit Siegen in allen Rennen gelingen könnte, bezweifelt Marko. „Theoretisch ist es möglich, in der Praxis ist es aber unwahrscheinlich“, sagte der Grazer. „Nach dem 100. Sieg, nach acht Siegen in Serie, wollen wir es aber auch nicht ausschließen.“ Der 100er gebe dem Team jedenfalls sehr viel Stolz und sehr viel Selbstvertrauen. „Jetzt schauen wir einmal, wie es weitergeht, wie lange wir diese Erfolgswelle aufrecht halten können“, sagte Marko.

Der F1-Grand-Prix in Österreich live im ORF

Dafür bedürfe es jedoch auch eines perfekt eingespielten Fahrerteams, Perez mache nach einem starken Saisonstart aber zurzeit zu viele Fehler und schaffte es seit Monaco nicht mehr auf das Podest. Ein Fahrerwechsel innerhalb der Saison sei nicht mehr ausgeschlossen, kurz vor Spielberg bekommt der 33-jährige Mexikaner internen Druck von dem australischen Testfahrer Daniel Ricciardo.

„Wir werden Ricciardo nach Silverstone beim Reifentest drei Tage im Auto haben, und dann kann man evaluieren, wo Ricciardo wirklich steht“, erklärte Marko gegenüber dem ORF. Der Grazer fügte hinzu: „Sein Anfangsziel war zwei, drei Jahre, das wäre dann eh schon mehr, als er geplant hat, und man muss einfach Optionen für die Nachfolge offen halten.“