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GEPA/Johannes Friedl
Olympia

ÖOC-Showdown mit vielen Fragezeichen

Die European Games in Polen waren für das Österreichische Olympische Comite (ÖOC) zwar ein Erfolg, trotzdem stehen die Zeichen vor der außerordentlichen Hauptversammlung des ÖOC am Montag weiter auf Sturm. Die Wahl des neuen Vorstandes steht nach wie vor auf der Tagesordnung. Ob dieser eine Mehrheit erhält und wie viele Stimmberechtigte überhaupt in Wien erscheinen, ist fraglich. Zudem droht ein Rechtsstreit.

In den Tagen vor der außerordentlichen Hauptversammlung bekam die Farce um die neue ÖOC-Führungsriege eine weitere Auffrischung. Denn jene fünf Fachverbände – Schwimmen, Golf, Turnen, Basketball, Ringen –, die die außerordentliche Hauptversammlung einberufen hatten, zogen diesen Antrag am Freitag zurück. Ebenso jenen auf Wahlen. Zuerst wollten sie rechtliche Fragen geklärt haben, hieß es in einem Brief.

Aus Sicht der Gruppierung und gemäß einem Gutachten könne nun keine außerordentliche Hauptversammlung am 3. Juli rechtswirksam stattfinden, und sämtliche weitere Schritte des gesamten Vorstandes seien nichtig, wurde angemerkt. Das ÖOC sieht das anders und hält an dem Datum fest – und auch an der Wahl.

Grafik zu den ÖOC-Vorständen
Grafik: APA/ORF

Im Vorfeld und vor den jüngsten Ereignissen waren sich beide Seiten – der aktuelle Vorstand und die Wahlkommission – eigentlich sicher, die Mehrheit bei der Abstimmung auf ihrer Seite zu haben. 47 Stimmen sind zu vergeben, zwei davon – je eine für Sommer und Winter – hat auch die Athletenkommission, die das aktuelle Wirrwarr entbehrlich findet und Konzentration auf den Sport einfordert. Deren Vorsitzender Matthias Guggenberger ist bis 2026 gewählt, er hat als 13. Person einen Platz im Vorstand.

Drei mögliche Szenarien

Aufgrund der Ausgangslage sind drei Szenarien möglich:

  • Der Wahlvorschlag wird abgesegnet, und der aktuelle Präsident Karl Stoss erklärt sich für eine weitere Amtszeit bereit.
  • Der Wahlvorschlag findet Zustimmung, Stoss steht als Präsident aber nicht zur Verfügung.
  • Der Wahlvorschlag wird abgelehnt, dann muss das Wahlprozedere neu begonnen werden.

Im dritten Fall würde dann frühestens im Herbst gewählt werden. Wer im Wahlausschuss sitzen würde, ist offen, denn Österreichs drei Sportdachverbände ASKÖ, ASVÖ und Sportunion hatten bereits mitgeteilt, eine Teilnahme – wie es in den Statuten vorgesehen ist – abzulehnen. Auf dieses Szenario Nummer drei dürfte es unter Berücksichtigung der jüngsten Ereignisse aber hinauslaufen. Viele Verbände dürften das Hin und Her satthaben und wollen statt Eigeninteresse nun endlich wieder Interesse am Sport erkennen. Mit einem neuen Wahlausschuss wäre der erste Schritt gesetzt.

Aufgabe des Wahlausschusses Zankapfel

Einig sind sich alle, dass der neue Vorstand jünger und weiblicher werden soll. Was sich aber auch teilweise von selbst ergibt, weil einige wie Peter Schröcksnadel (Skiverband) und Otto Flum (Radsportverband) bereits aus ihren Fachverbänden ausgeschieden sind. Uneinig war man sich darüber, ob es beispielsweise Aufgabe eines Wahlausschusses ist, bereits die Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten festzulegen. Woran sich auch die Athletenkommission stieß.

Das Team um den Wahlausschussvorsitzenden Peter McDonald (Sportunion) hatte bekräftigt, einen neuen Weg einschlagen zu wollen, Stoss sah das eher in der Kategorie „Friss oder stirb“ (Zitat) angesiedelt. Weshalb er ursprünglich das Fix-und-fertig-Paket abgelehnt, am 14. Juni den Vorschlag aber nach einstimmigem Vorstandsbeschluss doch zugelassen hatte. Was die „Rebellen“ als Sieg verbuchen hätten können – diesen jetzt aber nicht mehr wollen.

Kritik an „gewissen Egos“

Neben Stoss figurieren aus dem aktuellen Vorstand in persona auch Sonja Spendelhofer (Leichtathletik), nun als Vizepräsidentin, Markus Prock (Rodeln) und Horst Nussbaumer (Rudern) im vorgeschlagenen neuen Führungsgremium. Auch die Fachverbände Volleyball und Skiverband wären im neuen Vorstand wieder berücksichtigt.

ÖOC-Präsident Karl Stoss
GEPA/Michael Meindl
Ob Karl Stoss eine weitere Amtszeit als ÖOC-Präsident dienen kann, ist nach wie vor offen

Nicht mehr vertreten wären die Sportarten Reiten, Rad, Eishockey, Hockey, Fußball und Segeln, neu hinzukommen würden Ringen, Judo, Tennis, Turnen, Basketball und Schwimmen. Bemerkenswert ist jedoch, dass auch vier der fünf Verbände, die offen ihren Streit mit dem ÖOC austragen, im neuen Vorstand Berücksichtigung finden: Ringen, Turnen, Basketball und Schwimmen. Neben Spendelhofer sieht der Vorschlag weiters Roswitha Stadlober (Ski) und Thomas Reichenauer (Ringen) für die Vizepräsidentschaft vor.

Prock, der auch als Vizepräsident zur Verfügung stehen würde, fand in der ein verheerendes Bild für den heimischen Sport abgebenden Causa im APA-Gespräch kritische Worte. Für die Fachverbände werde bei Olympischen Spielen immer alles zur größten Zufriedenheit geregelt, es laufe alles mehr als gut, es gäbe im ÖOC keine finanziellen Sorgen. Er verstehe daher nicht, warum da jetzt fünf, sechs Verbände den Sport so anpatzen. „Es gibt einfach ein paar, die ein gewisses Ego haben.“

Juristisches Nachspiel

Juristisch könnte im Jahr vor den Sommerspielen in Paris aber einiges auf das ÖOC zukommen, denn ganz eindeutig sind die Statuten nicht, sondern manchmal eher Auslegungssache. Ob es rechtmäßig ist, die außerordentliche Hauptversammlung trotz Rückziehung abzuhalten, wird wohl erst nach dieser und von Gerichten geklärt werden. Ganz allgemein meinte Prock zu Statuten und Sport. „Den Sport muss man leben, machen und tun und nicht statutenmäßig bestreiten. Natürlich gibt es Regeln.“

Stoss wurde am 22. Oktober 2009 erstmals zum ÖOC-Präsidenten gewählt, der Vorarlberger übernahm das Amt von Leo Wallner, der nach folgenreichen Ungereimtheiten um den langjährigen Generalsekretär Heinz Jungwirth in der Organisation zurückgetreten war. Stoss gelang es, das Vertrauen in das durch finanzielle Skandale erschütterte ÖOC zurückzugewinnen, er wurde im November 2012 einstimmig wiedergewählt und im August 2016 als Mitglied in das Internationale Olympische Komitee aufgenommen. Im März 2017 folgte die Wahl in die dritte ÖOC-Amtszeit, die sich aufgrund der Verschiebung der Sommerspiele in Tokio auf 2021 bis 2023 verlängerte.