Dominic Thiem
IMAGO/Hasenkopf/Juergen
Wimbledon

ÖTV-Männer-Trio vor schwierigem Auftakt

Auf Österreichs Herren warten beim dritten Grand-Slam-Turnier des Jahres am Dienstag schwierige Aufgaben. Der aktuell noch leicht verkühlte Dominic Thiem, der erstmals seit vier Jahren wieder beim Rasenklassiker in Wimbledon antritt, misst sich im Erstrundenhit mit dem an Nummer fünf gesetzten Griechen Stefanos Tsitsipas, Qualifikant Dennis Novak trifft auf die ehemalige Nummer drei Milos Raonic aus Kanada und Sebastian Ofner ist gegen den Tschechen Jiri Lehecka auf dem Papier Außenseiter.

Thiem hatte zuletzt seine Teilnahme am Schauturnier im Hurlingham Club von London abgesagt, sieht sich aber auf gutem Weg. „Ich bin am Freitag mit einer Verkühlung aufgewacht. Aber wir haben es ganz gut hinbekommen. Ich bin es gestern vorsichtig angegangen. Gut, dass ich erst Dienstag spiele. Ich sollte dann fit sein“, sagte Thiem, der zum Auftakt im ersten Match um 12.00 Uhr MESZ auf Court 2 spielt.

Die Auslosung Tsitsipas, der im French-Open-Achtelfinale den Lauf von Ofner beendet hatte, ist auf den zweiten Blick nicht ganz so schlecht. Denn der Weltranglistenfünfte aus Griechenland hat auch schon bessere Zeiten gesehen – und bei den Rasenturnieren in Stuttgart (Auftakt-Aus) und Halle (Achtelfinal-Aus) zuletzt alles andere als überzeugt.

Dominic Thiem und Stefanos Tsisipas
Reuters/Charly López
Tsitsipas (links) und Thiem trafen zuletzt im April beim Masters in Madrid aufeinander, der Grieche gewann in drei Sätzen

Thiem erwartet starken Tsitsipas

„Sicher spielt das eine kleine Rolle, aber andererseits kann es sein, dass er plötzlich aufläuft und richtig gut spielt. Grand Slam ist immer anders. Ich rechne mit allem“, meinte Thiem. Er selbst gehe mit der Erwartung auf den Platz, dass ihm die beste Version von Tsitsipas gegenüberstehen wird. „Ich freue mich extrem. Es ist mein erstes Wimbledon seit vier Jahren, und das wird gleich ein Match auf einem großen Platz“, sagte der Ex-US-Open-Sieger. „Ich habe es schon vermisst, dass ich nicht da war“, gestand der 29-Jährige. Selbst 2018 und 2019 habe er nicht auf den zwei größten Plätzen gespielt.

Man muss kein Wimbledon-Champion sein, um das ganz besondere Flair des Turniers an der Church Road zu lieben. „Erstens ist es ein unfassbar schönes Event. Wie die ganze Anlage gepflegt ist, ist ein Wahnsinn. Plus hat diese fast schon übertriebene Tradition auch schon ihren Reiz“, meint der Niederösterreicher. Zudem ist Thiem das Prestige Wimbledons ein Begriff, das weit über den Sport hinausgeht. „Auch Leuten, die keine Tennisfans sind, ist Wimbledon ein Begriff. Es ist der einzige Tennisbegriff, den Leute trotzdem noch kennen.“ Generell sind die Grand Slams für Thiem etwas Besonderes, „aber dieses ist noch ein kleines Level drüber“.

Spiele der Österreicher

  • 12.00 Uhr: Thiem – Tsitsipas
  • nicht vor 13.30 Uhr: Grabher – Collins (Fortsetzung)
  • drittes Match nach 12.00 Uhr: Ofner – Lehecka
  • drittes Match nach 12.00 Uhr: Novak – Raonic

Seine erfolgreichste Zeit auf Rasen hatte er 2016, als er den Titel in Stuttgart holte und in Halle erst im Halbfinale scheiterte. Ein Jahr später folgte mit dem Achtelfinale sein bestes Resultat in Wimbledon. „Ja, das waren meine zwei besten Rasenjahre. Die beste Erinnerung hier ist die vierte Runde 2017. Damals gab es vor dem Achtelfinale noch den freien Sonntag in der Mitte des Turniers. Da war am Sonntag die ganze Anlage leer, und ich war noch Teil der zweiten Woche“, erinnerte sich Thiem und fügte hinzu: „Auch wenn ich das Match lieber gewonnen hätte.“ Damals hatte er in fünf Sätzen gegen den Tschechen Tomas Berdych verloren.

„Es ist wirklich Zeit“

Thiems Erwartungshaltung ist nicht nur wegen des prominenten Erstrundengegners anders als noch in Paris. „Auch weil es das erste Wimbledon seit vier Jahren ist und weil auf Rasen immer alles passieren kann. Bei den French Open hätte ich gern zumindest einmal die erste Runde gewonnen. Daran bin ich irgendwie gescheitert.“

Was Thiem richtig wurmt, ist, dass er seit seiner Verletzung vor knapp über zwei Jahren keinen Grand-Slam-Einzelsieg mehr gefeiert hat. „Ein Horror, dass ich noch keine Partie gewonnen habe seit der Verletzung, das ist echt eine Katastrophe für mich. Es wird wirklich Zeit. In Wimbledon weiß man nie so richtig, was passiert. Wenn es gut läuft, nehme ich das.“ Auf eine mögliche zweite Runde schaue er aber nicht. „Das wäre vermessen.“

Ofner will erneut überraschen

Auch Ofner, Österreichs Nummer eins, ist am Dienstag (drittes Match nach 12.00 Uhr MESZ) im Einsatz. Der 27-jährige Steirer, der im Jahr 2023 schon fünf Endspiele auf der Challenger-Tour erreicht und zuletzt überraschend den Einzug ins Achtelfinale der French Open geschafft hat, konnte dank der Wildcard durch den Finaleinzug in Ilkley die Qualifikation auslassen. „Ich fühle mich sehr gut. Ich habe auch das erste Turnier auf Rasen ganz gute Matches gespielt, und auch jetzt ist die Trainingswoche super verlaufen“, meinte Ofner.

Sebastian Ofner
GEPA/Francois Asal
Ofner will in Wimbledon an seine gute Leistung von den French Open anknüpfen

Gegen den erst 21-jährigen Tschechen Lehecka, die Nummer 36 im ATP-Ranking, ist er vom Ranking her Außenseiter, doch Ofner hat zuletzt in Ilkley bewiesen, dass er auch auf Rasen wieder Topform zeigen kann. „Ich kenne ihn. Es wird sicher schwierig, weil sein Spiel auf Rasen sehr unangenehm ist. Aber es ist alles möglich“, sagte Ofner, der vor sechs Jahren nach gelungener Qualifikation damals sensationell in die dritte Runde von Wimbledon eingezogen war. Diese Erfahrung helfe ihm freilich nicht. „Aber ich fühle mich generell wohl auf Rasen.“

Ofner zeigt sich selbstbewusst

Die Saison sei bisher unglaublich verlaufen, meinte der Schützling von Hauptcoach Wolfgang Thiem und Touring-Trainer Stefan Rettl. „Ich weiß von mir, dass ich auf jedem Belag gut spielen kann. Jetzt im Moment habe ich das Gefühl, ich kann jeden Tag, jedes Match meine Leistung abrufen. Das Grundlevel ist um einiges höher. Ich weiß, dass der andere genauso gut spielen muss, dass er mich schlägt. Dieser Gedanke hilft mir schon viel.“

Nach der langen Verletzungszeit samt Pause, aber auch Schmerzmitteleinnahme im Spielbetrieb sei er immer drangeblieben. „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein Arbeitstier bin. Es ist für mich selber eine kleine Belohnung. Und jetzt ist es eine umso größere Erleichterung, erstens, dass ich in die Top 100 gekommen bin und ich dort auch bleiben werde, wenn ich so weiter spiele. Hoffentlich gibt mir das noch einmal einen kleinen Schub.“

Überheblich haben Ofner die Erfolge dieses Jahres aber nicht werden lassen. „Die zweite Runde wäre ein Erfolg. Ich habe mich hier bis jetzt einmal qualifiziert und dann dritte Runde gespielt und seitdem immer verloren.“ Darum wäre ein Sieg für ihn schon ein Erfolg. Die Vorfreude bei Ofner ist jedenfalls sehr groß. „Ich freue mich mega, dass ich in Wimbledon im Hauptfeld aufschlagen kann.“

Novak hat Rechnung mit Raonic offen

Für Novak, den dritten ÖTV-Mann, ist es das fünfte Antreten im Hauptfeld von Wimbledon in Folge. Der 29-jährige Niederösterreicher hatte sich auch 2018, 2019 und im Vorjahr jeweils über drei Qualifikationsrunden durchgesetzt. Im Vorjahr schied er erst in Runde zwei aus, 2018 war sein Lauf erst in der dritten Runde zu Ende. Ausgerechnet gegen Raonic übrigens, der nun aber unter ganz anderen Umständen am Dienstag (drittes Match nach 12.00 Uhr MESZ) sein Erstrundengegner ist. „Ja, lustigerweise spiele ich gegen ihn, also habe ich noch eine Rechnung mit ihm offen“, sagte Novak am Sonntag.

Dennis Novak
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Novak kämpfte sich in Wimbledon durch die Qualifikation ins Hauptfeld

Raonic hat zuletzt Mitte Juni in ’s-Hertogenbosch seine ersten Matches seit Ende Juli 2021 gespielt. Der kanadische Ex-Weltranglistendritte war von Verletzungen geplagt und sollte eine gar nicht so unangenehme Aufgabe sein wie vor fünf Jahren. „Ich habe damals auch meine Chancen gehabt. Auch wenn er lange verletzt war, aber speziell auf Rasen ist sein Spiel sehr gefährlich. Ich muss mich auf mich konzentrieren“, sagte Novak. Erste Aufgabe werde es sein, den Aufschlag des 1,96-m-Mannes zu entschärfen. „Wenn ich in die Ballwechsel komme, sehe ich mich auf jeden Fall besser.“

Nach seinem am 10. Februar erlittenen doppelten Bänderriss im linken Knöchel sei die Rückkehr schwierig gewesen. „Ich habe mir zu viel erwartet, auch wenn ich ganz gute Matches gespielt habe. Das Wichtigste ist, dass mein Knöchel hält, der ist jetzt wieder perfekt.“ Körperlich geht es dem zweifachen Papa gut, spielerisch werde es von Woche zu Woche besser. „Wimbledon gibt mir wieder Selbstvertrauen, und ich merke, dass es in die richtige Richtung geht.“