Den Tagessieg holte sich Jai Hindley (Bora) im Alleingang. Der Australier übernahm damit auch das Gelbe Trikot des Gesamtführenden und löste den britischen Auftaktsieger Adam Yates als Führenden ab. „Der Etappensieg und das Gelbe Trikot noch obendrauf, das ist unglaublich. Das ist unglaublich. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich war schon beim Giro d’Italia erfolgreich, aber das ist noch einmal etwas anderes“, sagte der Giro-Sieger von 2022 nach seinem Etappenerfolg. Den zweiten Platz vor Gall sicherte sich der Italiener Giulio Ciccone im Zielsprint.
Von den Tour-Favoriten überzeugte Vorjahressieger Jonas Vingegaard als Fünfter, der zeitgleich mit Ciccone, Gall und dem viertplatzierten Emanuel Buchmann 32 Sekunden hinter dem Sieger ins Ziel kam. Einen schweren Dämpfer kassierte unterdessen der zweimalige Tour-Champion Tadej Pogacar, der von Vingegaard am letzten Anstieg düpiert wurde und gut eine Minute auf den Dänen verlor. Hindley führt die Tour de France nun mit 47 Sekunden Vorsprung vor Vingegaard und 1:03 Minuten vor Ciccone an. Gall ist als bester Österreicher mit knapp über sechs Minuten Rückstand auf Platz 29 zu finden.
„Nachdem ich mich die ersten paar Tage nicht so gut gefühlt habe, habe ich heute endlich wieder meine Leistung abrufen können, die ich die letzten Wochen und Monate schon abrufen konnte. Darüber bin ich sehr glücklich“, sagte ein zufriedener Gall nach der Etappe und fügte hinzu: „Ich habe mir dann auch gedacht, ich geh gleich auf die Bergwertung, ich habe nicht erwartet, dass wir so einen großen Vorsprung bekommen. Ich bin sehr zufrieden. Jetzt geht es aber erst so richtig los.“
Gall attackiert am ersten Gipfel
Gall hatte schon bei der der Tour de Suisse überzeugt, am Mittwoch zeigte er auf der ganz großen Bühne seine Form. Die Etappe nahm schnell an Fahrt auf, die Hauptleidtragenden des Höllentempos waren die Sprinter, die schnell abreißen lassen mussten. Gall konnte das Tempo mitgehen und bestimmte auf dem Anstieg zum ersten Gipfel das Geschehen.
Der ehemalige Junioren-Weltmeister gewann am Col de Soudet eine Bergwertung der höchsten Kategorie (Hors Categorie). Das war vor ihm aus rot-weiß-roter Sicht nur Georg Totschnig im Jahr 2005 am Col de Pailheres gelungen. Gall attackierte am Anstieg und setzte sich im dichten Nebel mit 15 Sekunden Vorsprung auf die ersten Verfolger durch. Einige Sekunden dahinter erklomm auch Gregor Mühlberger den Gipfel.
Vingegaard schließt zu Gall auf
Eine vier Minuten vor dem Hauptfeld fahrende, 17-köpfige Gruppe schloss sich nach der Abfahrt zusammen, ehe erneut Attacken lanciert wurden. Vor der dritten Bergwertung des Tages am Col de Marie Blanque war Gall wieder ganz vorn, zunächst gemeinsam mit Hindley, ehe ihn der Australier abhängen konnte. Hinter Gall attackierte am Anstieg Vingegaard, der Pogacar stehen ließ. Der Titelverteidiger aus dem Jumbo-Visma-Team schloss in der Abfahrt dann zu Gall auf, während Hindley ganz vorn dem Sieg entgegenradelte.
Am Donnerstag geht für die Sprinter das Leiden in den Pyrenäen weiter, wenn die erste Bergankunft auf dem Programm steht. Am Ende der sechsten Etappe über 144,9 Kilometer wartet der Anstieg nach Cauterets-Cambasque, einem Berg der ersten Kategorie. Davor geht es zudem über den Col d’Aspin und den legendären Col du Tourmalet in 2.115 Meter Höhe. „Morgen gibt es wieder viele Punkte, und ich weiß nicht, ob ich wieder rausgehe oder ob wir uns auf die Etappe konzentrieren“, erklärte Gall.