An der Spitze hat sich Pogacar mit seinem zehnten Etappensieg bei der großen Tour nach Schwächen am Vortag eindrucksvoll zurückgemeldet. Gesamt liegt der Däne Vingegaard 25 Sekunden vor seinem slowenischen Widersacher und ist neuer Träger des Gelben Trikots. Der Australier Jai Hindley, der am Mittwoch in Gelb schlüpfte, wurde Sechster und ist mit 1:34 Minuten Rückstand Gesamtdritter.
„Gestern war ich ein wenig traurig, daher ist heute die Erleichterung umso größer“, freute sich Pogacar, der bei der fünften Etappe Vingegaards Attacke nicht hatte standhalten können. Der Däne, der vor einem Jahr die Tour gewann, freut sich indes über die Rückkehr in Gelb. „Ich bin wirklich froh, wieder das Trikot zu haben, ich liebe die Farbe, es ist das schönste Symbol unseres Sports“, sagte der 26-Jährige.
Gall muss Bergtrikot wieder abgeben
Gall, der bei seiner ersten Tour am Vortag Etappendritter wurde und zugleich das gepunktete Bergtrikot übernehmen durfte, kam als 15. mit 3:22 Minuten Rückstand ins Ziel. Gesamt ist der 25-Jährige nun 20., das Bergtrikot sicherte sich vorerst der US-Amerikaner Neilson Powless. Gall ist mit 28 Punkten Zweiter, ihm fehlen acht Zähler auf Rang eins.
„Ich habe mich heute wieder sehr gut gefühlt. Es war schade, dass ich nicht in der Fluchtgruppe war, weil die nächsten zwei Tage werden Sprints. Von dem her wäre es optimal gewesen, dann hätte ich mich erholen können. Es war aber supercool, im Punktetrikot zu fahren, vielleicht kann ich es mir ja wieder holen“, sagte Gall nach dem Rennen.
Sein Fokus gilt aber einem Tagessieg, betonte er. „Die Priorität liegt auf einer Etappe. Die Etappen, die mir liegen, da gibt es viele Bergwertungen, und wenn ich dann in einer Fluchtgruppe bin, werde ich schon ein Auge auf die Bergwertungen werfen und versuchen, die eine oder andere Bergwertung mitzunehmen. In gewisser Weise lassen sich die beiden Ziele ja verbinden“, erklärte der 25-Jährige.
Vingegaard attackiert, Pogacar kann folgen
Der zweifache Tour-Sieger Pogacar hatte am Vortag auf der ersten Bergetappe ungewohnte Schwächen gezeigt und über eine Minute auf Vingegaard verloren. Der 24-Jährige hatte sich Ende April das Kahnbein gebrochen und war mit Trainingsrückstand und ohne große Rennpraxis zur Tour gekommen. Sein Kahnbein ist noch immer bandagiert. Bereits auf dem legendären Tourmalet, dem vorletzten Anstieg des Tages, ging es zur Sache. Vingegaard attackierte, der Attacke folgte nur Pogacar, der keine Schwäche zeigte. Hindley hatte bereits auf dem Gipfel des Tourmalet zwei Minuten auf das Favoritenduo verloren.
Vingegaards nächster Vorstoß folgte dann im 16 Kilometer langen Anstieg nach Cauterets-Cambasque, der trotz seiner Länge nicht zu den größten Schwierigkeiten im Hochgebirge zählt. Erst auf den letzten fünf Kilometern wuchs die Steigung auf zweistellige Prozentzahlen, was Vingegaard zu einer Attacke nutzte. Doch er wurde Pogacar nicht los, wurde von dessen Konter offenbar komplett überrascht und verlor letztlich wertvolle Zeit.
„Es wird eine Schlacht bis zum Ende“
„Ich würde nicht sagen, dass es Revanche war. Ich fühle mich einfach erleichtert. Als Jonas am Tourmalet schon attackierte, dachte ich, ich kann meine Sachen packen und nach Hause fahren. Aber ich hatte zum Glück gute Beine“, sagte Pogacar. „Der Abstand zu Jonas ist jetzt fast perfekt. Es wird eine große Schlacht bis zum Ende.“ Nach den zwei Pyrenäen-Etappen sind am Freitag wieder die Sprinter am Zug. Von Mont-de-Marsan geht es überwiegend flach nach Bordeaux.