Im Vorjahr verlor Jabeur das Endspiel auf dem grünen Rasen von London gegen Jelena Rybakina. Die kasachische Titelverteidigerin aber bugsierte sie vor wenigen Tagen im Viertelfinale aus dem Turnier, im Halbfinale folgte die Weltranglistenzweite Aryna Sabalenka (BLR). Dass mit der Kanadierin Bianca Andreescu und Petra Kvitova (CZE) zwei weitere Topspielerinnen auf der Abschussliste der auf dem Platz stets hoch emotionalen Spielerin stehen, unterstreicht Jabeurs aktuell bestechende Form.
„Ich denke, das gibt mir Selbstvertrauen, für das Finale bereit zu sein.“ Die Ons Jabeur von 2022 habe mit der von 2023 außerdem nichts mehr zu tun. „Das ist eine komplett andere Spielerin“, sagte sie selbst über ihre Verwandlung.
Verletzungen haben Jabeur „runtergebracht“
Noch vor wenigen Monaten deutete nichts auf einen derartigen Lauf hin. Doch neben ihren Erfahrungen aus inzwischen zwei Grand-Slam-Finalen seien es vor allem ihre beiden Verletzungspausen, die sie mit einem komplett anderen Gefühl in das erneute Duell um den Wimbledon-Titel gehen lassen würden, sagte Jabeur. „Ich glaube, die Verletzungen haben mich etwas runtergebracht und mich gelehrt, geduldig zu sein und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind.“
Nach ihrem Zweitrunden-Aus gegen Vondrousova bei den Australian Open in Melbourne hatte sich die Tunesierin einem kleinen Eingriff am Knie unterziehen müssen und fiel ein paar Wochen aus. Im April folgte die nächste Pause wegen einer Wadenzerrung. „Es war außerhalb meiner Kontrolle, ich konnte nichts dagegen machen, nur geduldig sein“, sagte Jabeur.
Vorbild für ganzen Kontinent
Geduld beweisen müssen auch ihre zahlreichen Fans in der Heimat. Über Jahre ist sie mit immer neuen Rekordmarken (erster WTA-Titel, erster arabischer Profi in den Top Ten) zum Vorbild der jüngeren Frauengeneration geworden. „Mein Tennis soll inspirieren“, sagte sie dieser Tage in Wimbledon einmal mehr. Noch fehlt ein Schritt zum historischen Titel, und die Karriere der zu Hause „Ministerin des Glücks“ gerufenen Jabeur wäre vollendet. „Ich hoffe, ich kann Geschichte schreiben. Nicht nur für Tunesien, sondern für Afrika.“
Vondrousova in letzten zwei Duellen siegreich
Vondrousova schaltete auf ihrem Weg ins Endspiel die drei Top-20-Spielerinnen Veronika Kudermetowa (RUS/12), Donna Vekic (HRV/20) und die Nummer vier der WTA-Weltrangliste, die US-Amerikanerin Jessica Pegula, aus. Im Halbfinale ließ die Tschechin der Ukrainierin Elina Switolina keine Chance (6:3 6:3) und sicherte sich somit den zweiten Einzug in ein Grand-Slam-Finale ihrer Karriere.
2019 stand Vondrousova im Endspiel der French Open. Dort unterlag sie der Australierin Ash Barty klar mit 1:6 3:6. „Es war damals einfach zu viel für mich“, sagte die 24-Jährige. Gegen Jabeur behielt sie zu Beginn der aktuellen Saison sowohl bei den Australien Open als auch beim ATP-1000-Turnier in Indian Wells die Oberhand.
Erste ungesetzte Finalistin seit 60 Jahren
Vondrousova ist die erste ungesetzte Finalistin in Wimbledon seit Billie Jean King, der das vor 60 Jahren gelang. Auf Rasen konnte sie bisher keine großen Erfolgserlebnisse verbuchen. Bevor sie in diesem Jahr eine Serie von sechs Siegen in Serie startete, war in Wimbledon der Einzug in die zweite Runde 2021 das höchste der Gefühle. „Gras war für mich nicht bespielbar“, meinte sie.
Im vergangenen Jahr fiel die Tschechin aufgrund einer Verletzung am Handgelenk, aufgrund der sie sich auch zwei Operationen unterziehen musste, fast sechs Monate aus. Deshalb sei der Finaleinzug „umso verrückter“.