Viele Athletinnen geben an, dass sie ihr Training ihrem Zyklus anpassen, was als zyklusbasiertes Training bezeichnet wird. Dabei geht es um Belastungs- und Trainingssteuerung, Verletzungsvorsorge und das maximale Energielevel. Das Training berücksichtigt dabei die hormonellen Veränderungen der jeweiligen Zyklusphase. Dafür tragen die Athletinnen in einer App ein, wann sie ihre Regel haben. Dadurch kann auf die individuellen Bedürfnisse der Sportlerinnen eingegangen werden, um ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern.
Beim Zyklus, der je nach Frau 24 bis 38 Tage dauert, wird grob zwischen erster und zweiter Zyklushälfte unterschieden. In der ersten Zyklusphase haben einige Frauen beispielsweise ein höheres Energielevel. Zudem begünstigt das Östrogen in dieser Phase den Muskelaufbau. In der zweiten Zyklushälfte sind die Frauen tendenziell für Unterzuckerung und Schlafmangel anfälliger. Bereits in den Tagen vor der Menstruation kann es zu fehlender Motivation kommen.
Starke Menstruationsschmerzen möglich
Kurz vor und während der Regel sind Menstruationsschmerzen möglich, die sich bei jeder Frau anders auswirken können und sehr individuell sind. Bauchkrämpfe, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und allgemeine Schlappheit sind einige Beispiele, wie sich Frauen während ihrer Menstruation fühlen können. Da die Beschwerden sehr individuell sind, müssen sich die Sportlerinnen in dieser Zeit unterschiedlich einschränken.
Tennisspielerin Danielle Collins ist beispielsweise während ihrer Menstruation stark beeinträchtigt. Die US-Amerikanerin leidet an Endometriose, einer schmerzhaften Erkrankung, bei der ein der Gebärmutterschleimhaut ähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle wächst. Bei den Australian Open 2022 hatte Collins solche Schmerzen im Unterleib, dass sie sich während des Spiels auf dem Boden krümmte und nur unter Tränen weiterspielen konnte. Anschließend sprach sie öffentlich über die Themen Menstruation und Endometriose.
Gefahr für Verletzungen steigt
Zahlreiche Studien kommen zu dem Schluss, dass Frauen zu gewissen Zeitpunkten während des Menstruationszyklus zudem verletzungsanfälliger sind. Denn in der Ovulationsphase, in der Phase um den Eisprung herum (ca. zur Hälfte des Zyklus), sind Gelenke, Bänder und Sehnen elastischer bzw. lockerer als sonst, sodass das Verletzungsrisiko steigt.
In dieser Phase ist beispielsweise auch die Gefahr für Kreuzbandrisse höher. „Durch das in dieser Phase stärker ausgeschüttete Geschlechtshormon Progesteron wird mehr Wasser in den Körper eingelagert, also auch in die Gelenke. Das heißt, die Gelenke sind dann etwas lockerer und könnten anfälliger für Verletzungen sein", erklärte Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe am Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum und Klinikum Neukölln in Berlin in einem dpa-Interview.
Allerdings geht die Forschung dem Zusammenhang zwischen dem Zyklus und Sportverletzungen noch nicht allzu lange nach, sodass weitere Studien notwendig sind, um genaue Aussagen über den Zusammenhang treffen zu können.
Sportlerinnen zeigen Offenheit
Dass offener über die Menstruation gesprochen werden muss, ist auch Thema bei der derzeit stattfindenden Fußball-WM in Australien und Neuseeland (live in ORF1). Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wirbt beispielsweise mit dem Slogan „Let’s talk Periods“ (lasst uns über die Periode sprechen). „Ich merke bei mir persönlich: Am ersten Tag (der Periode, Anm.) geht’s mir einfach nicht gut. Da würde ich am liebsten in Embryostellung den ganzen Tag zu Hause liegen“, sagte beispielsweise DFB-Innenverteidigerin Sara Doorsoun.
Doch nicht nur im Fußball und im Tennis wird der Zyklus der Frau vermehrt thematisiert. Ein weiteres prominentes Beispiel neben Collins ist Skistar Mikaela Shiffrin. Die US-Amerikanerin erklärte im Jänner nach einem Rennen in einem ORF-Interview, dass sie sich schlapp fühle, da sie derzeit ihre Regel habe. Und auch Langläuferin Lisa Unterweger meinte nach dem WM-Sprintrennen im März, dass sie sich nicht fit gefühlt habe. „Es gibt so Tage bei Frauen, wo es im Monat nicht zusammenpasst“, sagte Unterweger und erklärte, ihr Körper habe „einfach nichts hergegeben“.
Triathletin sorgt mit Foto für Aufmerksamkeit
Für Aufmerksamkeit sorgte zuletzt auch Emma Pallant-Browne. Die Britin absolvierte im Juni in Ibiza einen 100-km-Triathlon (2 km Schwimmen, 80 km Radfahren, 18 km Laufen). Dass sie in dem Rennen den vierten Platz belegte, war letztlich nur eine Nebensache. Denn auf einem Bild, welches die Professional Triathlete Organization veröffentlichte, war zu sehen, wie sich bei ihrem hellen rosa-blauen Badeanzug zwischen ihren Beinen ein Blutfleck abzeichnete. Ein User kommentierte daraufhin das Bild und schrieb, dass das „nicht besonders schmeichelhaft“ sei und man es bestimmt besser schneiden hätte können.
Pallant-Browne reagierte darauf und postete das Bild nochmals selbst auf ihrem Instagram-Account und schrieb dazu, dass so „nun mal echter Frauen-Sport – und die unglamouröse Realität des Rennens während der Periode“ sei. „Je mehr Barrieren wir durchbrechen können, desto besser“, so die Triathletin. Für ihren Mut und ihre Offenheit wurde sie in den sozialen Netzwerken gefeiert.
Engländerinnen tragen künftig blaue Hosen
Doch dass sich die Sportlerinnen grundsätzlich mit erkennbaren Blutflecken in der Kleidung nicht wohlfühlen, ist auch verständlich. Die englische Nationalmannschaft bat deshalb bei der EM im vergangenen Jahr in England ihren Ausstatter Nike darum, ihnen andere Hosen zur Verfügung zu stellen, um unangenehme Situationen während der Periode zu vermeiden.
Weiße Shorts seien „in einer bestimmten Zeit des Monats unpraktisch“, sagte Starspielerin Beth Mead. Bei den diesjährigen Titelkämpfen spielen die Engländerinnen in blauen und nicht mehr in weißen Hosen.
Kleidungspremiere in Wimbledon
Eine Premiere gab es auch beim diesjährigen prestigeträchtigen Grand-Slam-Turnier von Wimbledon, bei welchem die Spieler und Spielerinnen ursprünglich ausschließlich weiße Kleidung tragen durften. Dieses Jahr wurde erstmals der traditionelle Dresscode gelockert, so waren auch farbige und dunkle Unterwäsche zulässig.
Auslöser dafür war die britische Tennisspielerin Alicia Barnett. Die damals 28-Jährige sprach 2022 beim Grand-Slam-Turnier von Wimbledon öffentlich über die Belastung von Spielerinnen während ihrer Periode. Letzten November gab der All England Club schließlich bekannt, dass die strikte Kleiderordnung in Wimbledon gelockert wird.
Aufklärungsbedarf vorhanden
Die Menstruation wurde lange Zeit als Tabuthema gesehen. In den vergangenen Jahren hat sich zwar schon einiges geändert, trotzdem ist noch viel Aufklärungsbedarf vorhanden. Dafür ist auch weitere Forschung notwendig. Zudem braucht der Sport zusätzlich Athletinnen, die den Mut haben, über das Thema offen zu sprechen und somit Aufmerksamkeit zu generieren.