Fußball-WM

England stoppt Australiens Märchen

Der Traum vom Weltmeisterschaftstitel im eigenen Land ist für Australien geplatzt. Die „Matildas“ mussten sich im zweiten Halbfinale am Mittwoch vor 75.724 Zuschauerinnen und Zuschauern in Sydney den Europameisterinnen aus England mit 1:3 (0:1) geschlagen geben. Die „Lionesses“ erreichten über 90 Minuten gesehen verdient erstmals ein WM-Endspiel und treffen nun am Sonntag (12.00 Uhr, live in ORF1) wiederum in Sydney auf Spanien.

Ella Toone brachte England vor der Pause mit einem sehenswerten Schuss ins lange Eck in Führung (36.), noch schöner war aber der Ausgleich von Australiens Superstar Sam Kerr nach schönem Solo (63.). Lauren Hemp nach einem Fehler in der australischen Abwehr (71.) und Alessia Russo (86.) stoppten dann den Traum der Gastgeberinnen. Vor dem 1:3 vergab Kerr zwar noch eine Großchance zum 2:2, in Summe waren aber die Engländerinnen in diesem Spiel reifer und effizienter.

Damit wird es am Sonntag nicht nur einen Premierenweltmeister geben, sondern dieser auch erstmals seit Deutschland 2007 wieder aus Europa kommen. Auch für Spanien ist die Teilnahme am Endspiel ein erstes Mal. Für Australien geht es am Samstag (10.00 Uhr, live in ORF1) in Brisbane gegen Schweden um die WM-Bronzemedaille.

Best of Australien – England

England steht nach einem 3:1 im Finale.

Englands Teamchefin Sarina Wiegman steht damit zum vierten Mal in Folge in einem Endspiel eines Großturniers, 2017 und 2022 wurde sie mit den Niederlanden bzw. England Europameisterin, 2019 verpasste sie mit ihrem Heimatland den WM-Titel gegen die USA (0:2). Nun kann sie am Sonntag den ganz großen Coup landen. „Ich weiß nicht, wie ich das mache, ich nehme einfach nichts für gegeben. Ich glaube, ich bin in einem kleinen Märchen“, sagte Wiegman im Interview nach dem Spiel.

die englische Trainerin Sarina Wiegman und Spielerin Millie Bright
Reuters/Carl Recine
Sie hat es schon wieder getan: Sarina Wiegman steht zum vierten Mal in Folge in einem großen Finale

Die 53-jährige Niederländerin setzte auf jene Startformation wie im Viertelfinale gegen Kolumbien. Bei den Australierinnen stand im Vergleich zum gewonnenen Elfmeterkrimi gegen Frankreich Kerr erstmals im Turnierverlauf in der Startformation.

Die Starstürmerin, die bei Chelsea unter Vertrag steht, konnte sich in der ersten Hälfte aber noch nicht entscheidend in Szene setzen. Die „Lionesses“ waren spielbestimmend und fanden durch Georgia Stanway auch die erste Möglichkeit vor, die Torfrau Mackenzie Arnold mit einer Parade aber zunichtemachte (9.).

Toone bringt England in Führung

Sonst standen die Gastgeberinnen vorerst sicher und deuteten bei einem geblockten Raso-Schuss auch ihre Gefährlichkeit an (30.). Sechs Minuten später fiel auf der anderen Seite der erste Treffer. Russo spielte ideal in den Rückraum, und Toone hämmerte den Ball ins Kreuzeck. Ausgerechnet jene Akteurin, die neuerlich aufgrund der Sperre von Lauren James in der Startelf stand, war somit erfolgreich.

1:0 für England (36. Min)

Ella Toone bringt England in Führung.

Nach Wiederbeginn änderte sich wenig am Spielgeschehen, Hemp (57.) und Kapitänin Millie Bright (58.) ließen die Chance auf die Vorentscheidung aus. Dadurch blieben die Australierinnen im Spiel und kamen durch einen Genieblitz von Kerr auch zurück. Die Chelsea-Akteurin lief nach einem Bilderbuchkonter auf Englands Abwehr zu, wurde von Bright nicht richtig attackiert und überwand Mary Earps mit einem wuchtigen Schuss aus rund 20 Metern. Beinahe wäre ihr ein Doppelpack geglückt, ihr Kopfball ging aber zentral auf Earps (67.).

Kerrs Ausgleichstor zu wenig

Der Favorit kam schnell wieder in die Gänge, und nach vergebenen Möglichkeiten von Lucy Bronze (69.) und Russo (70.) war es Hemp, die das 2:1 erzielte. Die Manchester-City-Spielerin profitierte nach einem weiten Bright-Abschlag von einem Carpenter-Fehler und schoss ein. Cortnee Vine (83.) und Kerr (85.) ließen Topchancen auf den Ausgleich aus. Quasi im Gegenzug bediente die überragende Hemp Stürmerin Russo, die ins linke Eck traf.

Traumtor von Kerr (63. Min)

Sam Kerr zeigt ihre Klasse und schließt sehenswert ab.

Damit behielt England diesmal mit zwei Toren Differenz die Oberhand, nachdem es in einem Test im April noch einen 2:0-Sieg für Australien im direkten Duell gegeben hatte. Das war auch die einzige Niederlage Englands in den bisher 38 Länderspielen unter Wiegman. Die Niederländerin ist zum vierten Mal in einem großen Finale dabei. 2017 gewann sie mit den Niederlanden die Heim-EM, 2019 unterlag sie mit den Oranje-Frauen erst im WM-Endspiel den USA. 2022 – ein Jahr nach ihrem Wechsel auf die Insel – feierte England unter ihrer Regie den Triumph im EM-Finale von Wembley gegen Deutschland.

3:1 für England (86. Min)

Alessia Russo mit der Entscheidung

Stimmen zum Spiel:

Sarina Wiegman (England-Teamchefin): „Wir haben das Finale erreicht, es fühlt sich unglaublich an. Das Stadion, die Art wie wir gespielt haben, es war ein richtiger Fight. Wir haben wieder einen Weg gefunden, um zu gewinnen. Wir haben zwei Tore mehr erzielt, sind unserem Plan treu geblieben. Australien hat einen unglaublich guten Job gemacht, sie sind reingewachsen in dieses Turnier.“

Alessia Russo (England-Torschützin): „Ich bin unheimlich glücklich, immer wieder ist England vorzeitig hängen geblieben, jetzt mit dieser Truppe sind wir endlich ins Finale eingezogen. Nach dem 1:1 haben die Australierinnen das Momentum gehabt, das Tor von Hemp hat dieses noch einmal gedreht, mein Tor war dann wichtig, um die Partie zu entscheiden. Gegen Spanien wird es noch schwerer.“

Tony Gustavsson (Australien-Teamchef): „Ich hasse es zu verlieren. Wir sind sehr enttäuscht über die Niederlage. Aber wir haben auch etwas gewonnen: Wir haben das Herz und die Leidenschaft für dieses Spiel in diesem Land gewonnen.“

Sam Kerr (Australien-Torschützin): „Es ist einfach nur Enttäuschung, ich finde keine Worte. Der Unterschied war vielleicht die Qualität im letzten Drittel. Unsere Fans waren unglaublich, wir haben sie überall im Land gespürt. Es wird hart jetzt über das Spiel um Platz drei nachzudenken, aber wir müssen uns schnell aufrichten.“

Fußball-WM, Halbfinale

Mittwoch:

Australien – England 1:3 (0:1)

Sydney, Stadium Australia, 75.724; SR Tori Penso (USA)

Torfolge:
0:1 Toone (36.)
1:1 Kerr (63.)
1:2 Hemp (71.)
1:3 Russo (86.)

Australien: Arnold – Carpenter, Hunt, Polkinghorne (81./van Egmond), Catley – Raso (72./Vine), Gorry (8./Chidiac), Cooney-Cross, Foord – Kerr, Fowler

England: Earps – Carter, Bright, Greenwood – Bronze, Stanway, Walsh, Toone (90./Charles), Daly – Russo (87./Kelly), Hemp

Gelbe Karten: keine bzw. Greenwood, Kelly

England im WM-Finale am Sonntag (12.00 Uhr, live in ORF1) in Sydney gegen Spanien, Australien im Spiel um Platz drei am Samstag (10.00 Uhr, live in ORF1) in Brisbane gegen Schweden