Spanien-Trainer Jorge Vilda spricht mit den Spielerinnen Alba Redondo und Ona Batlle
IMAGO/Action Plus/Kerry Marshall
Fußball-WM

Revolte hielt Spanien nicht von Aufstieg ab

Vor acht Jahren hat Spanien erstmals an einer Fußballweltmeisterschaft der Frauen teilgenommen, nun steht „La Furia Roja“ bereits im Endspiel. Der Aufstieg in den vergangenen Jahren war nicht nur im Clubfußball unübersehbar steil und ließ sich auf Nationalteamebene auch nicht von einer Revolte aufhalten. Am Sonntag (12.00 Uhr, live in ORF1) stehen die Spanierinnen erstmals im WM-Endspiel und treffen auf die Europameisterinnen aus England.

Bis 2015 war die Fußballgroßmacht Spanien, deren Herren-Abteilung bei drei EM- und einem WM-Titel hält, bei einer Frauen-WM überhaupt noch nie vertreten gewesen, bei der dritten Teilnahme könnte nun unter Teamchef Jorge Vilda der große Wurf gelingen. Ausgerechnet also unter jenem Trainer, der im September nach der EM in England für den Rücktritt von 15 Nationalspielerinnen verantwortlich war.

Sie hatten in einer Mail ihren vorläufigen Rücktritt aus der spanischen Auswahl erklärt und erläutert, dass sie die derzeitige Situation unter Vilda und seinem Trainerteam „erheblich“ in ihrem „emotionalen Zustand“ und ihrer „Gesundheit“ beeinträchtige. Der Führungsstil des 42-Jährigen, der vor acht Jahren das Szepter bei den Spanierinnen übernahm und zuvor die Juniorinnen trainiert hatte, stand in der Kritik.

Spanien bereit für Finale

Die WM neigt sich dem Ende zu. Am Sonntag findet das große Finale zwischen England und Spanien statt – ein rein europäisches Duell zwischen zwei Teams, die noch nie in einem WM-Finale gestanden sind.

Der Verband stellte sich aber vor seinen langjährigen Mitarbeiter (Vilda: „Die Unterstützung wird mir immer in Erinnerung bleiben“), während nur drei Spielerinnen danach ins Nationalteam zurückgekehrt sind. Eine davon war Aitana Bonmati, die bei dieser Endrunde bereits drei Tore und zwei Assists zu Buche stehen hat. Die Barcelona-Spielerin sieht keinen Zwist mehr: „Wir sind mental ein starkes Team, wir geben nie auf und wir glauben an uns.“ Auch für Coach Vilda ist das Thema aktuell abgehakt. „Wir können das zu den Akten legen und an die Zukunft denken. Wir können denken, dass wir verdient hier sind.“

Barcelonas Erfolge treiben an

Spanien spielte im Frauen-Fußball länger eine eher untergeordnete Rolle, in den vergangenen Jahren ging es dafür steil bergauf. Der FC Barcelona gab sich als Antreiber, etablierte sich als Talentepool und gewann zuletzt in drei Jahren zweimal die UEFA Women’s Champions League. Mit Alexia Putellas kommt die regierende Weltfußballerin aus den Reihen der Katalaninnen, und auch der Zuschauerrekord für ein Frauen-Fußballspiel wurde in Barcelona aufgestellt: 91.553 Menschen wohnten im April 2022 dem Duell gegen Real Madrid im Camp Nou bei.

Viertelfinale von FC Barcelona gegen Real Madrid in Camp Nou (Barcelona) im März 2022
Reuters/Albert Gea
In Barcelona wird auch Frauen-Fußball gelebt, im April 2022 wurde ein weltweiter Zuschauerrekord aufgestellt (91.553)

Ähnlich wie bei Finalgegner England, bei dem sich schon vergangenes Jahr mit dem Triumph bei der Heimeuropameisterschaft verspätete Investitionen in den Frauen-Fußball bezahlt gemacht haben, hat auch Spanien mittlerweile eine erfolgreiche Aufholjagd hingelegt. Dabei gibt fußballerisch Barca den Takt vor, wie auch ORF-Expertin Viktoria Schnaderbeck erklärt: „Man muss Barcelona herausnehmen, diese Generation um Alexia Putellas ist aufgebaut worden. Sie haben sich individuell aber auch als Team einspielen können, und das sieht man heute auch. Die Barcelona-DNA ist auch im Nationalteam zu erkennen.“

Fans in eigenen Reihen und außerhalb

Spanien steht für Ballbesitz und Offensive, 17 WM-Tore stehen zu Buche, und selbst unterlegene Teamchefs wie Schwedens Peter Gerhardsson hoffen auf einen Triumph des Vilda-Teams: „Ich hoffe, Spanien gewinnt, ich mag ihre Art von Fußball.“ Das sieht man auch in der Heimat so, wo die Fans den Finaleinzug frenetisch gefeiert haben. „Das ist sehr emotional für mich, ein Höhepunkt für meinen Beruf. Es ist fabelhaft, so viele Menschen damit glücklich zu machen“, so Vilda.

Die erstmalige Teilnahme an einem WM-Finale ist ein großer nächster Schritt. „Es ist etwas Tolles für den spanischen Fußball, für alle, die in den vergangenen Jahren so viel gearbeitet haben“, betonte der umstrittene Teamchef, der am Sonntag mit der WM-Krone auf dem Kopf binnen eines Jahres vom Buhmann zum Helden avancieren könnte.

Alle Fußballweltmeisterinnen:
1991 USA China
1995 Norwegen Schweden
1999 USA USA
2003 Deutschland USA
2007 Deutschland China
2011 Japan Deutschland
2015 USA Kanada
2019 USA Frankreich
2023 Spanien Australien/Neuseeland