Fans der Matildas
IMAGO/Eibner
Fußball

Die Tops und Flops der Weltmeisterschaft

Mit Spanien haben sich am Sonntag Spielerinnen zu Weltmeisterinnen gekürt, die nicht alle vor Beginn der neunten Endrunde ganz oben auf der Rechnung hatten. Das spricht auch für das Turnier in Australien und Neuseeland, das viele Überraschungen bot und die Spitze zusammenrücken ließ – und das vor einem speziell in Australien euphorisierten Publikum.

Der Präsident des Internationalen Fußballverbands (FIFA), Gianni Infantino, hatte die Endrunde in Australien und Neuseeland bereits vor dem Finale als beste „aller Zeiten bezeichnet“.

Die neunte Auflage einer Frauen-Endrunde brachte den Fußballerinnen eine neuerliche enorme und weltweite Aufmerksamkeit – zu sehen waren auch große sportliche Fortschritte bei den erstmals 32 teilnehmenden Nationen.

Tops:

Spaniens Königinnen: Die Kickerinnen von der iberischen Halbinsel schrieben mit ihrem Triumph Sportgeschichte und reihten sich mit dem Titel in die Riege der bisherigen Weltmeisterinnen aus den USA, Deutschland, Japan und Norwegen ein. Die Spanierinnen krönten auch einen rasanten Aufstieg, waren sie doch erst zum dritten Mal bei einer WM dabei. Auf das Aus in der Vorrunde 2015 und den Achtelfinal-Einzug 2019 folgte heuer gleich der Titel – und das, nachdem Aitana Bonmati und Co. im letzten Spiel der Gruppenphase von Japan noch 0:4 abgewatscht worden waren.

Spanierinnen feiern WM-Titel

Spanien hat sich bei der neunten Ausgabe einer Frauen-WM erstmals den Titel geholt. „La Roja“ gewann das Finale in Sydney gegen England mit 1:0.

„Matildas“: Der Traumreise der Australierinnen um Superstar Sam Kerr endete erst im Halbfinale gegen England. Die Kogastgeberinnen begeisterten aber das Land der vielen Rugby- und Kricketfans und sorgten für Rekordeinschaltquoten. Medaillen blieb ihnen aber nach dem 0:2 im Spiel um Platz drei gegen Schweden verwehrt.

Sportliche Qualität: Der größte Gewinner war der Frauen-Fußball an sich. Mehr Tempo, mehr Athletik, mehr Wucht, ganz viel Leidenschaft, neue spielerische Klasse – die Entwicklung schreitet weiter rasant voran. In den meisten Ländern allerdings nicht, was die Strukturen angeht. Das „Equal Play“ – die gleichen Voraussetzungen wie bei den Männern – wird ein Dauerthema bleiben.

Außenseiterinnen: Die Debatte, ob 32 Teams nicht zu viel sind, verstummte rasch: Haiti verlor in der Vorrunde nur mit 0:1 gegen England, Nigeria erspielte sich nicht nur ein 0:0 gegen Olympiasieger Kanada, sondern schlug auch die australischen Gastgeberinnen 3:2. Die Nigerianerinnen standen wie Südafrika, Jamaika und auch die Nummer 72 der Welt, Marokko, im Achtelfinale. Kolumbien erreichte gar das Viertelfinale.

jubelnde Marokkanerinnen
Reuters/Hannah McKay
Eine von mehreren Sensationen: Marokko schaffte es bei der ersten WM-Teilnahme ins Achtelfinale

Weltweite Resonanz: Die Endrunde 2023 war keine Randveranstaltung. Das schrieb auch der FIFA-Boss den Kritikern ins Stammbuch. „Fast zwei Millionen Zuschauer kamen während des Turniers in die Stadien und sorgten überall für volle Ränge. Dazu kommen zwei Milliarden Zuschauer weltweit, die nicht nur ihr eigenes Team, sondern die ganze WM verfolgt haben“, sagte Infantino. Der Weltverband nahm über eine halbe Milliarde Euro ein.

Flops:

Favoriten: Erst Brasilien, dann Deutschland und auch die USA hat es vorzeitig erwischt. Bei der letzten WM von Superstar Marta verpassten die Südamerikanerinnen das Achtelfinale – wie die zweimaligen Weltmeisterinnen aus Deutschland nach dem 1:1 gegen Südkorea. Und in der ersten K.-o.-Runde gegen Schweden verabschiedeten sich die amerikanischen Rekordweltmeisterinnen um Kultfigur Megan Rapinoe. Auch Olympiasieger Kanada hatte es schon in der Vorrunde erwischt.

enttäuschte Deutsche
Reuters/Dan Peled
Eine von mehreren Enttäuschungen: Deutschland reiste schon nach der Gruppenphase heim

Nachhaltigkeit: Die langen Anreisen nach Australien und Neuseeland und die Distanzen zwischen den Spielorten erforderten viele Flüge für mehr als eine Million Fans und die Delegationen. Zwar warb die FIFA mit „grünen Stadien“, doch Experten waren sich einig: Nachhaltig war das Turnier am anderen Ende der Welt nicht.

Wetter: Zwar spielten die Teams im australischen Winter meist bei angenehmen Temperaturen, doch in Neuseeland war es teilweise richtig kalt, und die Daunenjacke gehörte für Fans, Betreuer und Betreuerinnen und Ersatzspielerinnen zur Ausrüstung. Zudem mussten sich viele Fußballerinnen an für den Sommer ungewohnte Umstände anpassen: Schon gegen 17.00 Uhr wurde es dunkel.

Spaniens Verbandschef: Luis Rubiales erwies den spanischen Spielerinnen in seiner Euphorie bei der Siegerehrung keinen guten Dienst. Der Verbandschef busselte nicht nur einige Weltmeisterinnen ab, sondern sorgte mit einem Kuss auf den Mund von Jennifer Hermoso für einen Skandal. Hermoso tat zwar wenig später ihren Unmut über die Aktion kund („Hat mir nicht gefallen“), wies aber die harsche Kritik an Rubiales dann zurück. Man solle „dieser Geste der Freundschaft und der Dankbarkeit nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken“. Eine Umarmung des Präsidenten hätte es aber trotzdem auch getan.

Ohne Österreich: Vor einem Jahr begeisterte das ÖFB-Team bei seiner zweiten Teilnahme an einer Europameisterschaft mit dem neuerlichen Überstehen der Gruppenphase. Die WM wurde danach als großes Ziel ausgegeben, die Ernüchterung erfolgte im Play-off-Halbfinale in Schottland (0:1 n. V.). In ein Turnier, das viele positive Überraschungen bot, hätte das österreichische Team gut gepasst. Die nächste Chance bietet sich 2027, wo, ist noch offen. Die EM 2025 steigt in der Schweiz.