Fußball

„Spezielle Reise“ führt Freund nach München

Am Donnerstag endet mit dem letzten Arbeitstag von Christoph Freund bei Serienmeister Red Bull Salzburg eine Ära. Der Sportdirektor, der bei Bayern München in den Fußballolymp aufsteigt, blickt auf „eine ganz spezielle Reise“ zurück: einen 17-jährigen Trip, der ihn vom Teammanager zum Gestalter machte und dem Verein nicht nur beachtliche Erfolge, sondern auch bedeutende Transfereinnahmen bescherte.

Trainer sind in Salzburg im Schnitt nach zwei Jahren Geschichte. Bei Sportdirektoren verhält es sich etwas anders. Im Fall von Freund, verwurzelt im Land und seit 2006 beim Club, ist es ohnehin eine ganz spezielle Liaison. Anlässlich seiner emotionalen Verabschiedung beim Heimspiel gegen die Wiener Austria flossen am 14. August Tränen.

Die Fans spendeten ihm warme Worte („Vor 17 Jahren einen Freund gefunden und für die Ewigkeit mit ihm verbunden“), er revanchierte sich Anfang vergangener Woche gewissermaßen mit einem Abschiedsgeschenk: der Vertragsverlängerung von Goalgetter Karim Konate, der die schwindelerregenden Transferdimensionen der jüngeren Vergangenheit ein weiteres Mal sprengen könnte.

Spieler zu Stars gemacht

Erling Haaland, Dominik Szoboszlai, Brenden Aaronson, Karim Adeyemi und Benjamin Sesko – sie alle wurden von Freund geholt und höchst gewinnbringend verkauft. In seiner Amtszeit spielte man ein kolportiertes Transferplus von rund 400 Mio. Euro ein und schraubte damit auch die Abhängigkeit von Sponsor Red Bull zurück, der nach seinem Einstieg 2005 lange Jahre zugleich als Eigentümer fungierte.

Christoph Freund in Red-Bull-Weste, 2008
GEPA/Rene Stocker
Freund (hier auf einem Bild von 2008) war 17 Jahre in verschiedenen Funktionen bei Salzburg tätig

Auch damals war Freund schon mit von der Partie. Ein Jahr nach dem Einstieg des Getränkekonzerns heuerte der 57-fache Zweitligakicker (Untersiebenbrunn, Wattens) aus Leogang als Teammanager an – nur wenige Jahre nachdem er die elterliche Tischlerei infolge des plötzlichen Todes seines Vaters neu hatte aufstellen müssen.

„Ich habe mir gedacht, dass es eine coole Geschichte ist, bei einem Verein in der Findungsphase mitzuarbeiten“, erinnerte sich Freund, der seinerzeit unter anderem die Hotels bei Europacup-Reisen organisierte. Wohin das noch führen würde, war für den Quereinsteiger damals alles andere als eindeutig. „Ich hatte keinen klaren Karriereplan.“

„Habe alles von der Pike auf gelernt“

Der Vorteil: „Ich habe alles von der Pike auf gelernt. Und ich durfte plötzlich mit vielen Leuten zusammenarbeiten, die ich damals nur aus dem TV gekannt habe, wie etwa Giovanni Trapattoni, Lothar Matthäus oder Alex Zickler.“ Dass er einst jener Mann sein würde, der mit Salzburg den „Champions-League-Fluch“ bricht, hätten zu diesem Zeitpunkt nur wenige prophezeit.

Selbst 2015, als er den heutigen ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick („Man kann ihn schon als meinen Lehrmeister bezeichnen. Ich habe Fußball durch Ralf neu denken gelernt und bin ihm sehr dankbar.“) nach dessen wegweisenden Weichenstellungen als Sportdirektor beerbte, schien die Öffentlichkeit nicht überzeugt. In der Europa-League-Qualifikation scheiterte man an Dinamo Minsk und trennte sich später von Trainer Peter Zeidler. „Da haben viele schon gesagt, dass die Fußstapfen für mich zu groß sind. Das war eine harte, prägende Zeit. Ich habe aber nie an mir gezweifelt.“

Christoph Freund und Ralf Rangnick während Pressekonferenz, 2015
GEPA/Felix Roittner
2015 übernahm Freund (r.) von Rangnick (l.) den Posten als Salzburg-Sportdirektor

International begehrter Mann

Sieben Jahre später ist Freund ein international begehrter Mann. 2022 noch widerstand er dem Lockruf von Chelsea, bei den Bayern wurde er nun aber schwach. Auch die Nähe zu Salzburg und zur Familie, die in der Heimat bleibt, spielte dabei eine Rolle. „Es wird ganz, ganz spannend. Es ist eine andere Herangehensweise, eine andere Ausrichtung“, meinte Freund, der allein mit der Verpflichtung von Rohdiamanten in München nicht reüssieren wird können.

Unter ungleich größerem Druck wie in Salzburg stehend wird der Nachfolger von Hasan Salihamidzic möglicherweise auf den Erfahrungsschatz von 2015 zurückgreifen müssen. „Es wird vielleicht ähnlich sein, in Deutschland kennen sie den Christoph Freund auch noch nicht so gut“, meinte er kurz vor dem Amtsantritt an der Säbener Straße, wo er mit Konrad Laimer einen alten Bekannten trifft. Stilistisch will sich Freund einmal mehr nicht verbiegen – auch bei der Aussprache nicht. „Ich will so authentisch wie möglich bleiben“, sagte er. „In Bayern gibt’s ja eh einen Dialekt.“

München für Freund „absoluter Traum“

In München kann Freund aber auch auf einen vertrauten Mitarbeiter setzen. Laut „Salzburger Nachrichten“ folgt Richard Kitzbichler seinem Landsmann zum deutschen Meister und soll dort als Verbindung zur Akademie Bayern-Campus dienen. Am Mittwoch wurde Freund offiziell als Sportdirektor präsentiert. Der 46-Jährige blickte seiner neuen beruflichen Herausforderung mit viel Vorfreude und großen Ambitionen entgegen. Sein Engagement in München, für das er vorerst einen Vierjahresvertrag unterschrieb, bezeichnete er als „absoluten Traum“. Zu einem möglichen Aufstieg in den Vorstand äußerte er sich zurückhaltend. „Dinge ergeben sich“, sagte er. Auch in Salzburg habe er keinen Karriereplan gehabt.

Bayern-München CEO Jan-Christian Dreesen und Christoph Freund
APA/AFP/Christof Stache
Bayern-Chef Jan-Christian Dreesen (r.) hieß Freund (l.) in München willkommen

Bayern-Chef Jan-Christian Dreesen antwortete ebenfalls ausweichend auf die Frage, ob der Rekordmeister noch einen Sportvorstand suche oder Freund ein Anwärter sei. „Wir sollten Christoph Freund erstmal anfangen lassen zu arbeiten. Wir wollen eine Topsaison mit ihm gemeinsam haben“, sagte Dreesen. Man erwarte sich von dem Talenteentdecker und Nachwuchsförderer ähnliche Erfolge und Leistungen wie zuvor in Salzburg.

„Wir erhoffen uns weiterhin das Auge, das er in den letzten Jahren hatte“, sagte Dreesen. „Auf Sicht gesehen ist es wichtig, Talente zu entdecken und nicht nur teure Stars zu holen“, meinte Freund. Er freue sich auch sehr auf einen engen Austausch und eine enge Zusammenarbeit mit Trainer Thomas Tuchel. Noch nicht entschieden sei dabei, ob er bei den Bayern-Spielen auf der Bank oder auf der Tribüne sitzen werde.