Als eines von 15 der 30 NFL-Stadien setzt man im MetLife Stadium vor den Toren New Yorks, das sich Jets und Giants teilen, auf einen künstlichen Spieluntergrund. Geht es nach den Kritikern des Kunstrasens war der verlegte UBU Speed Series S5-M Synthetic Turf mit-, wenn nicht hauptverantwortlich dafür, dass Rodgers’ linke Achillessehne der Belastung des Tackles von Buffalos Leonard Floyd nicht standhielt. Ein echter Rasen hätte eventuell so weit nachgegeben, dass die Sehne möglicherweise nur gedehnt gewesen wäre.
Rodgers’ langjähriger Teamkollege bei den Green Bay Packers David Bakhtiari war einer der ersten, der die Debatte über die Kunstrasenfelder anstieß – auch wenn etwa Jets-Coach Robert Saleh den Achillessehnenriss auf die Spielsituation selbst zurückführte. „Gratulation, wie viele Spieler müssen sich noch verletzen? Diese Verletzung hat mit dem Platz zu tun. Können wir diesen Mist endlich beenden?“, fragte sich der 31-Jährige, der als Left Tackle der Offense Line einer der wichtigsten „Beschützer“ der Quarterbacks ist. „Wir wissen, dass unser Sport gefährlich ist, aber dann schaut doch wenigstens darauf, dass keine zusätzlichen Gefahren entstehen.“
Verletzungen teurer als Umrüsten
Gewerkschaftschef Lloyd Howell nahm die Forderung Bakhtiaris an die NFL („Macht es besser“) am Mittwoch auf und wiederholte die langjährige Forderung, natürliches Gras in der NFL zwingend vorzuschreiben. „Es wäre die einfachste Entscheidung, die die Liga treffen kann“, meinte Howell. Eine Umrüstung der aktuell 15 betroffenen Stadien wäre natürlich teuer, aber „unnötige Verletzungen“ von Superstars würde die Teams und die Liga am Ende deutlich mehr Geld kosten.
Unterstützung erhielt der Gewerkschafter vom wertvollsten Spieler (MVP) Patrick Mahomes. „Die Zahlen sagen klar, dass Gras für die Spieler gesünder ist. Daher möchte ich auf dem Untergrund spielen, der mich gesund hält“, sagte der Quarterback von Meister Kansas City Chiefs, dem daheim im Arrowhead Stadium dieser Wunsch erfüllt wird. Natürliches Gras ist aktuell in zwölf weiteren Stadien zu finden. In Green Bay, Philadelphia und künftig Nashville setzt man auf eine Mischung aus natürlichen und künstlichen Grasfasern.
Die Liste der schweren Verletzungen auf den künstlichen Belegen ist lange – und nicht etwa nur jene von Spielern der Gästeteams. So erlitt etwa Starverteidiger Von Miller von den Buffalo Bills vergangene Saison einen Kreuzbandriss, der auf den Untergrund im eigenen Stadion zurückzuführen war. Der Teppich im MetLife Stadium wurde Giants-Receiver Sterling Shepard gleich zweimal zum Verhängins. 2021 riss sich der 30-Jährige daheim so wie Rodgers die Achillessehne, vergangene Saison gab ein Kreuzband unter den Belastungen des künstlichen Untergrunds den Geist auf.
NFL verweist auch aufs Klima
Die NFL verlässt sich bei ihrer Analyse der Spielfeldsituation allerdings auf ihre eigenen Zahlen. Und die zeigen keinen großen Unterschied zwischen echtem Rasen und Kunstgeläuf. Commissioner Roger Goodell verwies gegenüber ESPN auf die Verletzung von Baltimores J. K. Dobbins. Der Runningback erlitt im ersten Spiel ebenfalls einen Riss der Achillessehne – allerdings auf natürlichem Gras. „Wir treffen unsere Entscheidung auf Basis wissenschaftlicher Daten und nicht danach, weil mir eine Verletzung nicht gefällt“, sagte Goodell.
Der Ligachef verwies auch auf die unterschiedlichen Anforderungen in den verschiedenen Städten. „Wir müssen uns auch das Klima anschauen. Es geht nicht nur darum, dass das Feld im September, sondern auch im Dezember und Jänner in Ordnung ist“, so Goodell. Ein Beispiel ist das Heimstadion der Tennessee Titans in Nashville. Dort versuchte man 24 Jahre lang vergeblich, einen natürlichen Rasen zu erhalten. Heuer setzt man auf einen künstlichen Belag, der allerdings mit natürlichen Rasenfasern versetzt ist.
Für Fußball wird umgerüstet
Für viele Aktive verschweigt die Liga allerdings das Hauptargument, warum in vielen Stadien auf Teppich gesetzt wird. „Am Ende des Tages geht es ums Geld“, sagte etwa Packers-Veteran Bakhtiari. Dank des künstlichen Untergrunds könnten die Stadien einfacher für Konzerte und Ähnliches benutzt werden – und im Falle der Stadien bei New York und Los Angeles auch einfacher von einem Heimstadion zum anderen ummodeln.
Was den Spielern wie Bakhtiari aber in der ganzen Debatte besonders sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass für die Fußballweltmeisterschaft 2026 der Untergrund in allen betreffenden Stadien aufgrund der Vorgabe des Internationalen Fußballverbandes (FIFA) umgerüstet wird. Alle elf US-Arenen der erstmals mit 48 Teilnehmern und gemeinsam mit Kanada und Mexiko ausgetragenen Megaendrunde sind normalerweise NFL-Stadien. Ganz auf natürlichem Grün dürfte aber nicht gekickt werden, denn die aktuelle Vereinbarung sieht eine Mischvariante als Rasen vor – so wie in Green Bay, Philadelphia und bald Nashville.