Sepp Kuss
Reuters/Susana Vera
Vuelta

Kuss vollendet historischen Triumph

Radprofi Sepp Kuss hat die Spanien-Rundfahrt gewonnen und mit seinem Team Jumbo-Visma für einen historischen Erfolg gesorgt. Der US-Amerikaner beendete die 21. und letzte Etappe am Sonntag in Madrid im Hauptfeld. Im Endklassement liegt der 29-Jährige 17 Sekunden vor Teamkollege Jonas Vingegaard und 1:08 Minuten vor dem auch für Jumbo fahrenden Primoz Roglic. Damit hat ein Team erstmals alle drei großen Rundfahrten in einem Jahr gewonnen.

Roglic hatte im Mai beim Giro d’Italia triumphiert, Vingegaard im Juli bei der Tour de France. „Es ist schwer, das in Worte zu fassen“, sagte Vuelta-Sieger Kuss. „Ich bin sehr glücklich und es war großartig, wie wir das zu Ende gebracht haben. Ich bin oft in siegreichen Teams, aber das Führungstrikot zu tragen, ist unglaublich. Ich lebe meinen Traum.“ Im Ziel stemmte der US-Amerikaner sein eigens in der Trikotfarbe rot lackiertes Rad jubelnd in die Höhe. Drei Fahrer eines Teams auf dem Podium der Vuelta hatte es nur 1966 durch das Kas-Team gegeben.

Der australische Topsprinter Kaden Groves bescherte zuvor dem Alpecin-Team von Tobias Bayer, Österreichs Solokämpfer bei der diesjährigen Spanien-Ausgabe, einen goldenen Abschluss. Groves verwies im langen Schlusssprint Remco Evenepoel auf Platz zwei und holte damit seinen dritten Etappensieg bei dieser Rundfahrt. Der Oberösterreicher Bayer sah anders als 2021 das Ziel in der spanischen Hauptstadt und beendete seine dritte Grand Tour auf Platz 141.

Jumbo nützt Schwäche der Konkurrenz aus

Ein Grund für die Stärke Jumbos ist die Schwäche der Konkurrenz. Titelverteidiger Evenepoel trat ohne herausragende Edeldomestiken und selbst nicht in der Form des Vorjahres an. Die kletterfesten Spanier wie Juan Ayuso, Enric Mas und Mikel Landa konnten die Sehnsüchte ihrer Landsleute erneut nicht erfüllen. „Wir hatten mehr Gegenwehr erwartet, aber am Ende hatten wir die drei stärksten Fahrer im Rennen“, sagte Jumbo-Sportchef Grischa Niermann. Fünf Etappen gewannen seine Fahrer in den vergangenen drei Wochen.

Sepp Kuss
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Triumph auf ganzer Linie: Jumbo gewann alle drei großen Landesrundfahrten in diesem Jahr

Für den Sport ist die Dominanz Gift, denn sie kann zu Langeweile führen. Zudem bietet sie gerade im Radsport Nährboden für allerlei Verdächtigungen. Natürlich wurden die Jumbo-Profis danach gefragt. „Wir verstehen die Skepsis“, sagt Vingegaard. „Die Leute sollten jedoch wissen, dass wir sehr viel opfern und sehr detailliert arbeiten. Wir machen in diesem Team alles perfekt, und das macht einen großen Unterschied.“ Er sei sich „100 Prozent sicher, meine zwei Kollegen nehmen nichts, und für mich gilt das auch“.

Positive Dopingprobe trübt Erfolgsjahr

Was Jumbo allerdings nicht wegdiskutieren kann, ist die positive Dopingprobe von Michel Heßmann. Der Deutsche wurde bei einer Trainingskontrolle am 14. Juni positiv auf ein Diuretikum getestet. Die Mittel regen die Harnproduktion an und sorgen für die Entwässerung des Körpers. Von seinem Team wurde er nach Bekanntwerden bis auf Weiteres suspendiert. Die Staatsanwaltschaft durchsuchte seine Wohnung, wo keine Dopingmittel gefunden wurden. Die Ermittlungen laufen. Heßmann war in diesem Jahr beim Giro Helfer von Roglic.

Die Vuelta brachte ein weiteres Betrugsthema auf den Tisch. Nachdem Kuss auf dem Tourmalet mit atemberaubender Geschwindigkeit attackiert hatte, von einem Zuschauer ausgebremst wurde und den Angriff ohne zu zögern wiederholte, sprach Ex-Profi Jerome Pineau von Motordoping. „Sepp Kuss fuhr auf dem Tourmalet zehn Kilometer pro Stunde schneller als die Gruppe davor“, sagte der Franzose.

Allerdings werden nach jeder Etappe die Räder der Topfahrer sowie eine zufällige Stichprobe geröntgt, um mechanischen Betrug auszuschließen. Für Pineau ist das kein Argument. „Es gibt keine Beweise, aber bei Armstrong hatten wir sie auch nicht, und jeder wusste es“, sagte der Ex-Profi. Die Dominanz des Teams bereite ihm Sorgen. Jumbo-Visma bestritt den von Pineau unterstellten Betrug.