US-Tennisspielerin Billie Jean King
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Chronik

Kings Triumph über die Machowelt

Am Mittwoch ist es 50 Jahre her, dass eine 29-jährige US-Amerikanerin die Machos im Sport zum Schweigen brachte. Mit ihrem Sieg in der legendären „Battle of the Sexes“ über den Engländer Bobby Riggs schrieb Billie Jean King nicht nur ein Stück Tennisgeschichte, sondern erreichte auch einen wichtigen Meilenstein in Sachen Akzeptanz von Frauen im Sport.

Im Astrodome von Houston – seines Zeichens das erste komplett überdachte Sportstadion der Welt – ging am 20. September 1973 der „Kampf der Geschlechter“ im Tennis über die Bühne, der einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung im Tennis und im Sport allgemein darstellte. King, damals neben der Australierin Margaret Court die beste Tennisspielerin der Welt, besiegte vor über 30.000 Zuschauerinnen und Zuschauern in Houston und mehr als 90 Millionen vor den TV-Geräten weltweit den selbst ernannten „männlichen Chauvinisten“ Riggs mit 6:4 6:3 6:3.

Vor allem war Kings Sieg, der 2017 mit Emma Stone und Steve Carrell in den Hauptrollen auch verfilmt wurde, mehr als nur ein sportlicher Erfolg. „Der Battle of the Sexes bedeutet mir sehr viel, weil ich wusste, welche Bedeutung er hatte und dass es um sozialen Wandel geht. Es ging nicht um Tennis“, erinnerte sich King erst vor Kurzem im Rahmen der US Open in New York an ihren wohl berühmtesten Sieg – und das trotz einer Erfolgsbilanz von zwölf Einzel- und 16 Doppel-Titeln bei Major-Turnieren.

Die Tennisspielerin Billie Jean King gegen den Tennisspieler Bobby Riggs in der „Battle of the Sexes“ 1973
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Über 30.000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren im Astrodome Zeugen eines legendären Schaukampfes

Kings Triumph gegen Riggs, nach dessen Meinung Frauen „ins Schlafzimmer und in die Küche – in dieser Reihenfolge“ gehörten, sorgte auch dafür, dass die US Open als erstes Major-Turnier die Preisgelder der Frauen an jene der Männer anglichen. 1972 hatte die US-Amerikanerin für ihren Titel weniger als die Hälfte des Preisgeldes des Siegers bei den Männern Ilie Nastase erhalten und in der Folge mit Boykott gedroht. Erst 1972 war in den USA auch das Gesetz „Title IX“ verabschiedet worden, laut dem niemand aufgrund seines Geschlechts von der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen ausgeschlossen werden darf, die vom Bund finanziell gefördert werden.

„Muttertagsmassaker“ als Ansporn

Die Forderung Kings und ihrer Kolleginnen nach gleichen Preisgeldern bei Turnieren war auch der Auslöser für den mittlerweile 55-jährigen Riggs, die besten Tennisspielerinnen zu einem Vergleich herauszufordern, um sie endgültig in die Schranken zu weisen. Aus Sicht des dreifachen Wimbledon-Siegers und ehemaligen Weltranglistenersten waren Männer Frauen überlegen und damit die Forderung nach gleicher Bezahlung ungerechtfertigt. Dabei hatte es schon davor immer wieder Duelle zwischen den besten Frauen und Männern mit unterschiedlichem Ausgang gegeben.

King lehnte zunächst ein sportliches Aufeinandertreffen mit dem Briten ab. Die Australierin Margaret Court, damals beste Spielerin der Welt, willigte hingegen ein und kassierte vor rund 5.000 Interessierten im kalifornischen Ramona mit 2:6 1:6 eine schwere Schlappe, die als „Muttertagsmassaker“ in die Geschichte einging. Riggs überrumpelte die erst kurz davor aus der Babypause zurückgekehrte 24-fache Grand-Slam-Siegerin zuerst mit einem Strauß Rosen und brachte sie schließlich mit einer Serie von Stopps und Lobs aus dem Konzept.

Courts Niederlage zwang King schließlich zum Handeln. „Nun musste ich gegen ihn spielen. Ich hatte keine Wahl“, schreibt King im Buch „Trailblazers“ zur Geschichte des Damen-Tennis. Für die 29-Jährige stand die Zukunft aller Frauen im Sport auf dem Spiel. Und dazu war nun unbedingt ein Sieg erforderlich: „Ich dachte, dass uns das 50 Jahre zurückwerfen wird, wenn ich das Match nicht gewinne“, sagte King. „Es würde die Damen-Tour ruinieren und das Selbstwertgefühl aller Frauen beeinflussen.“

Klischeehafte Show mit klarem Ausgang

Dem damaligen Zeitgeist und Rollenbild entsprechend war das Duell Frau gegen Mann auch nach allen Regeln des Kitsches inszeniert. Vier Männer mit nacktem Oberkörper trugen eine als Kleopatra verkleidete King in einer Sänfte in den Astrodome von Houston, Riggs kam in einer von Models gezogenen Rikscha und präsentierte zu Beginn eine kanariengelbe Jacke mit der Aufschrift „Sugar Daddy“. Der Engländer überreichte seiner Gegnerin auch einen übergroßen „Sugar Daddy“-Lutscher, King revanchierte sich passend zu Riggs’ Aussagen mit einem lebenden Ferkel.

Die US-Tennisspieler Billie Jean Kind und Bobby Riggs
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King versteckte ihre wahre Meinung zu Riggs’ Aussagen bei den offiziellen Presseterminen noch hinter einem Lächeln

Im Spiel selbst zog nur die vermeintlich unterlegene Spielerin eine Show ab. King, die gleichzeitig in Houston ein Turnier spielte, hatte sich Courts Niederlage genau angesehen und ließ sich auf Riggs’ Spielchen gar nicht ein. Die 29-Jährige kassierte zwar das Break zum 2:3 aus ihrer Sicht, erfing sich jedoch schnell davon und jagte ihren 55-jährigen Konkurrenten anschließend derart über den Platz, dass dieser sichtlich nach Luft schnappte. Am Ende schlug King den Briten dann mit präzisen Stopps mit seinen eigenen Waffen.

„Harte“ Niederlage für Männer-Egos

Kings Triumph trug zwar ihres dazu bei, dass etwa die US Open in der Folge das Preisgeld der Frauen an jenes der Männer anglichen, ließ die Kritiker und Machos jedoch nur kurz verstummen. Nach Riggs’ Niederlage wurden sogar Gerüchte laut, er habe gegen sich gesetzt und absichtlich verloren, um seine Wettschulden bei der Mafia zu begleichen. Ein Gerücht, dem Riggs noch kurz vor seinem Tod 1995 entgegentrat. Er habe King schlicht und einfach unterschätzt, meinte der Engländer, der bei einem Sieg nicht nur 100.000 Dollar verdient hätte, sondern das Angebot zu einem weiteren Duell mit Chris Evert um eine Mio. Dollar Startgeld in Aussicht hatte.

King selbst hatte und hat für derartige Spekulationen nur Spott übrig. „Viele Menschen, besonders Männer, mögen es nicht, wenn Frauen gewinnen. Sie erfinden Geschichten“, sagte die heute 79-jährige Tennisikone. „Es ist hart für ihre Egos.“ Wie wichtig ihr Sieg über Riggs aber auch für die Spielerinnen von heute ist, zeigte zuletzt Coco Gauff. Die 19-Jährige bedankte sich nach ihrem Triumph in Flushing Meadows für ihren Siegerscheck über drei Mio. Dollar bei ihrer prominenten Landsfrau: „Danke, Billie, dass du dafür gekämpft hast.“