enttäuschter Szymon Wlodarczyk (SK Sturm Graz)
APA/Erwin Scheriau
Europa League

Unachtsamkeiten stoßen Sturm sauer auf

Die Mission „Überwintern im Europacup“ hat für Sturm Graz am Donnerstag mit einem Fehlstart begonnen. Die Steirer zogen am ersten Spieltag der Gruppenphase der Europa League gegen Sporting Lissabon trotz 1:0-Führung am Ende mit 1:2 den Kürzeren. Vor allem das Wie sorgte bei Sturm-Trainer Christian Ilzer und seinen Spielern für Magenkrämpfe. Unachtsamkeiten wurden den Grazern zum Verhängnis.

Bis eine Viertelstunde vor Schluss durfte Sturm vor 13.517 Fans im Liebenauer Stadion mit einer neuerlichen Sensation spekulieren, nachdem William Böving in der 58. Minute beim „Rebound“ eines Stangenschusses von Otar Kiteishvili am schnellsten reagiert hatte. Doch weil der sonst groß aufspielende Goalie Kjell Scherpens mit seinem einzigen schweren Schnitzer im Spiel dem Schweden Viktor Gyökeres den Ausgleich ermöglichte (75.) und Ousmane Diomande von der Strafraumgrenze einnetzen konnte (84.) stand Sturm am Ende mit leeren Händen da.

„Das 1:2 ist wirklich sehr bitter für uns. Die Spieler waren wirklich sehr frustriert nach dem Spiel, weil sie enorm viel investiert haben. Wir haben über lange Zeit wirklich viel richtig gemacht“, sagte Trainer Ilzer, dem der Frust über den Ausgang auch tief ins Gesicht geschrieben war. Ab der 70. Minute hätte sich bei ihm ein Gefühl eingeschlichen, „es ist was drinnen“, doch dann „bekommen wir aus zwei Unachtsamkeiten diese zwei Gegentore. Jetzt stehen wir nach einem Spiel, wo wir lange auf einem sehr guten Weg waren, ohne Punkte da.“

Sturm und LASK verlieren in Europa League

Der LASK kassierte zum Auftakt der Gruppenphase in der Europa League am ersten Spieltag zu Hause eine 1:3-Niederlage gegen den FC Liverpool. Auch Sturm Graz verliert als Außenseiter zu Hause gegen Sporting Lissabon mit 1:2.

„Eine Sekunde Unkonzentriertheit“

Der Frust bei den Spielern sei auch deshalb so groß, weil alle wüssten, wie die Niederlage zustande gekommen sei, so Ilzer: „Es waren zwei Situationen, die wir besser hätten verteidigen können. Das spüren die Spieler auch. Da ist der Frust dann groß. Sie sind viel gelaufen, waren taktisch sehr diszipliniert.“ Speziell an der Leistung in der ersten Hälfte gab es aus Sicht des Trainers nichts auszusetzen, auch wenn Sporting das Spiel diktierte: „Wir haben wirklich wenig zugelassen.“

Ousmane Diomande (Sporting Lissabon) jubelt mit Teamkollegen nach dem 2:1
APA/Erwin Scheriau
Diomande (r.) sorgte dafür, dass am Ende die Gäste aus Portugal einen gelungenen Auftakt feierten

Ausgerechnet bei den Gegentreffern, die Sporting im siebenten Anlauf den ersten Sieg auf österreichischem Boden brachten, agierten die Verteidiger, die davor auch vor robusten Attacken nicht zurückgeschreckt hatten, zu zaghaft. Schüsse wie jenen von Pedro Goncalves vor dem 1:1 und jenen abgefälschten des dribblestarken Verteidigers Diomande hatten die Grazer davor unterbunden. Jeweils „eine Sekunde Unkonzentriertheit“ hätte aber gereicht, so Verteidiger Amadou Dante, um die Partie oder zumindest einen Punkt noch aus der Hand zu geben.

Scherpen trotz Fehlers „großartig“

Eines stellte Ilzer jedoch klar: Auch wenn Tormann Scherpen beim 1:1 nicht gut aussah – der Niederländer hatte einen haltbaren Schuss von Pedro Goncalves genau vor die Beine von Gyökeres abgewehrt –, sei er einer der Hauptgründe gewesen, warum Sturm überhaupt mit einem Sieg spekulieren hatte dürfen. Der 23-jährige 2,06 Meter große Hüne hatte davor nahtlos an seine Leistung beim 2:2 gegen Salzburg in der Meisterschaft angeschlossen und speziell nach dem Führungstreffer einige Topchancen der Gäste aus Lissabon entschärft.

Kjell Scherpen (Sturm)
GEPA/Wolfgang Grebien
Scherpen hielt bis zu seiner missglückten Abwehr vor dem 1:1 Sturm mit seinen Glanzparaden im Spiel

„Er hat großartig gehalten“, sagte der Sturm-Trainer und ließ gar keine Diskussionen über die Leistung seines Schlussmannes aufkommen. Scherpen habe die Chance genutzt, sich „zu zeigen“. Speziell bei hohen Bällen in den Strafraum habe der von Brighton & Hove Albion ausgeliehene Schlussmann souverän agiert: „Das ist nicht selbstverständlich.“ Scherpen selbst sah das Lob jedoch durch das Ergebnis getrübt: „Normalerweise müssen wir den Sieg über die Runden bringen oder einen Punkt mitnehmen. Am Schluss mit leeren Händen dazustehen ist bitter.“

Rasen als Antiwerbung

Apropos bitter: Das war auch das Bild, das der Rasen in der Liebenauer Arena bot. Wenige Stunden nachdem Liverpool-Startrainer Jürgen Klopp der „Wiese“ im neuen Linzer Stadion ein vernichtendes Zeugnis ausstellte, musste auch Sturm-Trainer Ilzer eingestehen, dass das Geläuf in Graz ebenfalls keine Werbung für die heimischen Verhältnisse war. Schon nach dem Aufwärmen hätte sich ein „Minenfeld an Erdhügeln“ gebildet, so Ilzer: „Das ist natürlich nicht das, was wir in Graz bieten wollen.“

Auch die Fans, die der Sporting-Trainer in Sachen Stimmungsmache mit jenen von Eintracht Frankfurt verglich (Ilzer: „Das ist schon eine Auszeichnung“), hätten sich etwas Besseres verdient, so der Sturm-Coach.

Immerhin scheint der Appell des 45-Jährigen an die Verantwortlichen, den Rasen besser früher als später zu tauschen, Gehör gefunden zu haben. Laut ORF-Informationen soll die Grasauflage Anfang Oktober getauscht werden, damit es spätestens nach dem nächsten Heimspiel in der Europa League am 26. Oktober gegen Atalanta Bergamo keinen „dringlichen Hinweis“ des Europäischen Fußballverbands (UEFA) gibt.

Davor müssen die Grazer auf der europäischen Bühne am 5. Oktober (18.45 Uhr, live in ORF1) bei Rakow Czestochowa bestehen. Und bevor man sich mit den Polen beschäftigt, steht am Sonntag (17.00 Uhr) in der heimischen Meisterschaft das laut Sturm-Trainer „immer emotionale Duell“ mit Rapid in Wien auf dem Programm. Spätestens dann soll der Frust über die verpasste Chance gegen Sporting vergessen sein. Oder um Sturm-Verteidiger Dante zu zitieren: „Das nächste Spiel ist immer das wichtigste.“

UEFA Europa League, Gruppe D, erster Spieltag

Donnerstag:

Sturm – Sporting Lissabon 1:2 (0:0)

Graz, Stadion Graz Liebenau, 13.517, SR Dabanovic (MNE)

Torfolge:
1:0 Böving (58.)
1:1 Gyökeres (75.)
1:2 Diomande (84.)

Sturm: Scherpen – Gazibegovic (88./Johnston), Affengruber, Wüthrich, Dante – Hierländer (88./Fuseini), Gorenc-Stankovic, Prass – Kiteishvili (68./Horvat), Böving (88./Teixeira) – Sarkaria (63./Wlodarczyk)

Sporting: Adan – Diomande, Inacio, Coates – Catamo (77./Fresneda), Braganca (77./Edwards), Hjulmand (77./Morita), Reis (62./Santos) – Paulinho, Gyökeres, Trincao (62./Goncalves)

Gelbe Karten: Gazibegovic, Affengruber bzw. Paulinho