Skispringen

Überfliegerin Iraschko-Stolz hört auf

Daniela Iraschko-Stolz hat am Sonntag einen Schlussstrich unter ihre Karriere gezogen. Nach 16 Weltcup-Siegen, historischen Kristallkugeln, WM- und Olympiamedaillen verkündete Österreichs bis dato erfolgreichste Skispringerin in der ORF-Sendung „Sport am Sonntag“ ihren Abschied als Aktive. Künftig wird die rot-weiß-rote Überfliegerin ihren nun ehemaligen Kolleginnen als ORF-Expertin und im Tiroler Skiverband dem Nachwuchs auf die Ski schauen.

„Ich habe in den letzten Wochen und Monaten den Entschluss getroffen, dass ich meine Karriere an den Nagel hängen werde. Die nächste Saison wird ohne mich stattfinden“, sagte die 39-Jährige. „Trotzdem wird mir der Sport im Herzen erhalten bleiben.“

Verletzungen machten ihr den Abschied vom aktiven Sport leichter. „Nach den Operationen zuletzt, die gut verlaufen sind, bekam ich die Lebensqualität zurück, die ich in den letzten Jahren nicht hatte. Ich habe überhaupt keine Schmerzen mehr. Da dachte ich mir, das könnte noch ein spannendes zukünftiges Leben werden. Ich will nicht riskieren, dass die Schmerzen zurückkommen. Ich glaube, ich habe die Kurve ganz gut gekratzt“, so Iraschko-Stolz. „Jetzt kann ich mit meinen zwei Knien vielleicht noch ganz lang ohne weitere Operationen leben.“

Interview mit Daniela Iraschko-Stolz

Die österreichische Skispringerin Daniela Iraschko-Stolz war zu Gast im Studio. Sie hat die Geschichte des Damen-Skispringens entscheidend mitgeprägt.

So ganz einfach sei ihr die Entscheidung trotzdem nicht gefallen, wie sie sagte. „Ich habe in meinem ganzen Leben nie was anderes gemacht, als gut Skispringen zu wollen. Da ist man getrieben, vor allem bei Wettkämpfen. Das fiel mir nie schwer. Ich ging zu jedem einzelnen Training gerne, reiste gerne herum. Das hat mich geprägt. Ich dachte mir, schöner kann es nicht werden, weil ich etwas gefunden hatte, das mir taugte“, so Iraschko-Stolz. „Aber nicht immer ist alles ein Wunschkonzert. Irgendwann hätte die Karriere sowieso geendet, und vielleicht ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.“

Superstar der Szene

Iraschko-Stolz verlässt die Bühne als erster echter Superstar der Szene. Die Eisenerzerin, die auch als Torfrau im Fußball bei ihrem Heimatclub und später in Innsbruck sportliche Spuren hinterließ, ist mit 51 Erfolgen Rekordsiegerin im Kontinentalcup und war damit auch eine der treibenden Kräfte hinter der Einführung eines Weltcups der Frauen. Dreimal gewann sie auch die Gesamtwertung in der ehemals höchsten Klasse bei den Damen.

Jubel von Daniela Iraschko mit Goldmedaille während der Nordischen WM 2011 in Oslo
GEPA/Thomas Bachun
2011 krönte sich Iraschko-Stolz zur ersten österreichischen Skisprungweltmeisterin

Ihren ersten Weltcup-Sieg feierte Iraschko-Stolz am 4. Februar 2012 beim Heimspiel in Hinzenbach und legte am folgenden Tag gleich ihren zweiten nach. Ihren 16. und letzten Weltcup-Sieg durfte die Steirerin am 10. März 2019 bejubeln – und das ausgerechnet in der Wiege des Skisprungsports auf dem Holmenkollen bei Oslo. In der Saison 2014/15 gewann Iraschko-Stolz mit sieben Siegen als erste Österreicherin die große Kristallkugel für den Gesamtsieg.

Schon vor ihrem ersten Triumph im Weltcup schrieb Iraschko-Stolz bei der WM 2011 ebenfalls auf Holmenkollen Geschichte. Als erste österreichische Springerin flog die 39-Jährige zu WM-Gold – zwei Jahre nachdem sie bei der Premiere in Liberec als Vierte noch leer ausgegangen war. Auch später war Iraschko-Stolz ein Medaillengarant. 2014 holte sie beim olympischen Debüt der Frauen Silber, 2021 durfte sich noch einmal mit dem Team über WM-Gold freuen.

Verletzungen und ein fehlender Rekord

Neben den sportlichen Triumphen hatte Iraschko-Stolz aber in ihrer Karriere auch mit zahlreichen Verletzungen zu kämpfen. Mehrere Knieblessuren und -operationen warfen die Steirerin zwar immer wieder zurück, aber nie komplett aus der Bahn. 2022 bei den Olympischen Spielen war die 39-Jährige trotz einer neuerlichen Knieverletzung am Start und kam hinter Lisa Eder (8.) mit Rang zwölf als zweitbeste Österreicherin in die Wertung.

Apropos sportliche Triumphe: Einzig der offizielle Titel Weltrekordlerin war Iraschko-Stolz in ihrer Karriere nicht vergönnt. Die 39-Jährige landete 2003 als Vorspringerin auf dem Kulm zwar bei 200 m, doch ihr bis 2023 bestehender Weltrekord wurde aufgrund des Fehlens von Skiflug-Bewerben für Frauen nicht offiziell anerkannt. Das erste Skifliegen für die Springerinnen ging erst heuer im März in Vikersund über die Bühne. Auf der norwegischen Riesenschanze flog die Slowenin Ema Klinec mit 226,0 m zum ersten Weltrekord bei den Frauen.