Irene Fuhrmann
GEPA/Armin Rauthner
Nations League

„Neues Zeitalter“ für Team trotz Niederlage

Ein Happy End ist Österreichs Nationalteam am Dienstag beim 0:1 gegen Frankreich in der UEFA Women’s Nations League zwar verwehrt geblieben, doch die Auswahl von Irene Fuhrmann war aus zweierlei Gründen stolz: 10.051 Zuschauerinnen und Zuschauer in Wien pulverisierten zum einen den bisherigen Besucherrekord eines ÖFB-Spiels der Frauen, zum anderen wurde einem Weltklasseteam sportlich die Stirn geboten. „Es ist ein neues Zeitalter angebrochen, auch was das Spiel betrifft“, sagte Fuhrmann nach einem „emotionalen Abend“.

Es kommt nicht oft vor, dass ein Fußballteam nach einer Niederlage gleich zwei Ehrenrunden dreht, an diesem sommerlichen Herbstabend im Viola Park kam das aber nicht überraschend. Der überfällige neue Zuschauerrekord war für Spielerinnen wie für Betreuerinnen Balsam für die Seele. „Es war für mich sehr emotional, wie ich die vielen Zuschauer gesehen habe. Wenn ich an den Weg denke, der zurückliegt. Aber das haben sich die Spielerinnen verdient. Es ist unbeschreiblich, ich hoffe, dass es nicht ein einmaliges Erlebnis bleibt“, so Fuhrmann.

Sportlich ärgerte der frühe und vermeidbare Gegentreffer vor allem Torfrau Manuela Zinsberger, die dabei unglücklich agierte. „Denn die Mannschaft hat sich viel mehr verdient“, so die Arsenal-Torhüterin nach dem Spiel, in dem Österreich den WM-Viertelfinalistinnen und der Nummer fünf der Welt auf Augenhöhe begegnete. „Man hat gesehen, dass wir mit einer echten Topnation mithalten können, und das macht mich stolz“, sagte Zinsberger, deren Team einen Meilenstein setzte.

Es hat fast elf Jahre gedauert, bis Österreichs Fußballerinnen einen neuen Rekord aufstellen konnten. 2012 waren 3.600 gegen Russland in St. Pölten dabei. Dass seither gleich zwei erfolgreiche Teilnahmen an Europameisterschaften erfolgten, wirft zumindest Fragen auf. Nach einigen verpassten Chancen, wie etwa gegen die frischgebackenen Europameisterinnen aus England 2022 in einer limitieren Arena wie in Wiener Neustadt zu spielen, ist der Rekord nun Realität geworden.

„Wir hatten ein geiles Fußballfest“

Die Spielerinnen schwärmten einhellig von der Stimmung und hoben die Bedeutung hervor. „Es freut mich, dass der ÖFB mit uns gemeinsam den nächsten Meilenstein gesetzt hat. Wir haben auf dem Platz unsere Leistung gebracht, der ÖFB rundherum mit Austria Wien. Ich bin stolz, dass wir Fans hergebracht, Sichtbarkeit geschafft sowie Vorbilder kreiert haben und einfach ein geiles Fußballfest hatten“, so Zinsberger.

Eileen Campbel (AUT)
GEPA/Armin Rauthner
Noch nie schauten so viele Menschen an Ort und Stelle den Österreicherinnen beim Fußballspielen zu

Größeres Stadion, frühere Anstoßzeit und rechtzeitige Kommunikation sorgten für diesen noch nie da gewesenen Zuschauerzuspruch, der bei der Entwicklung laut der Torfrau eine große Rolle spiele. „Wir sind auf einem geilen Weg, und das macht mich stolz. Daheim vor so einer Kulisse aufzutreten, da habe ich Gänsehaut.“ Barbara Dunst sagte nicht zu Unrecht: „Wir haben uns das über die Jahre auch verdient.“

„Dummes Gegentor“ ärgert Österreicherinnen

Naturgemäß wollten die Österreicherinnen den vielen Fans, darunter zahlreiche Kinder, einen Sieg schenken. Doch gegen Frankreich hingen die Trauben zum einen hoch, zum anderen machte sich das ÖFB-Team das Leben selbst schwer. „Wir haben letztlich durch ein dummes Gegentor verloren“, so Fuhrmann, die sich über das frühe 0:1 gegen die bei Freistößen ohnehin so gefährlichen Französinnen ärgerte. Wendie Renard köpfelte den Ball auf das Tor, Zinsberger ließ ihn passieren.

„Schon die Entstehung ist bitter, weil Verena Hanshaw aus einem Reflex heraus zum Ball greift, dann gibt es Freistoß, und an einem anderen Tag kann Manuela Zinsberger den Ball abwehren. Deswegen ist es extrem bitter, dass wir am Ende wegen dieses Fehlers verloren haben“, sagte Fuhrmann. Zinsberger analysierte ihren Fauxpas wie folgt: „Ich bin nicht gut hinter dem Ball gestanden, war eher überrascht, mit wie viel Speed der Ball aufgrund des nassen Rasens gekommen ist, am Ende schaut es dann einfach auch blöd aus.“

Manuela Zinsberger
Reuters/Leonhard Foeger
Nach einem Kopfball rutschte Österreichs Torfrau Zinsberger der Ball ins Tor

Danach hatten die Französinnen das Heft in der Hand und hätten auch noch nachlegen können, aber mit Fortlauf der Partie bot Österreich mehr und mehr Paroli. „Wir sind nach dem Rückschlag nicht gleich auseinandergebrochen und sind mit dem Spiel gewachsen. Da ist noch viel drin“, sagte Laura Feiersinger. Hanshaw, die in Wien ihr 100. Länderspiel absolvierte, gab Einblicke in die Halbzeitgespräche: „Wir haben gesagt, da ist etwas möglich, die sind nicht so gut heute.“

Entwicklung stimmt zuversichtlich

Celina Degen scheiterte vor der Pause noch mit ihrem Abschluss an die Latte, am Ende fehlte etwas die Durchschlagskraft gegen die stabile Defensive. Fuhrmann setzte auf Schnelligkeit in der Offensive und ließ Toptorjägerin Nicole Billa auf der Bank („Auch ein Bauchgefühl“), Frankreich behielt so im 500. Länderspiel zum 294. Mal die Oberhand.

„Wir haben sie gechallengt vor dieser Rekordkulisse“, merkte Dunst an und nahm das Positive mit. „Es ist ein Wahnsinn, was in den letzten Jahren weitergegangen ist. Es war das erste Mal, dass Frankreich gegen uns auf Zeit gespielt hat, das sagt alles“, so Feiersinger. „Die letzten Duelle waren eine Abwehrschlacht von uns“, sagte Fuhrmann und erinnerte sich an frühere Spiele.

Deswegen forderte die Frontfrau: „Wir müssen uns gegen so einen Gegner einfach von Beginn weg mehr zutrauen.“ Denn in der Nations-League-Gruppe A2 ist Österreich als einziges Team, das heuer nicht an der Weltmeisterschaft teilgenommen hat, Außenseiter. In Norwegen (1:1) hatte man zum Start einen glücklichen Punkt geholt.

Vorarlberg als nächster Schauplatz

„Aber wir haben heute gesehen, dass in dieser sehr schweren Gruppe alles möglich ist“, so Dunst. Für Feiersinger war am Ende klar: „Wir hätten gerne heute gewonnen, aber wir haben auch so heute viel für den österreichischen Fußball gewonnen.“ In einem Monat steigt dann in Altach das nächste Heimspiel gegen Portugal. Angesichts des neuen Zuschauerrekordes meinte Feiersinger mit einem Augenzwinkern in Richtung der Vorarlberger Fußballfans: „Jetzt müssen sie Gas geben.“

UEFA Women’s Nations League, zweiter Spieltag

Dienstag:

Österreich – Frankreich 0:1 (0:1)

Wien, Viola Park, 10.051 Zuschauerinnen und Zuschauer, SR Cvetkovic (SRB)

Tor: Renard (5.)

Österreich: Zinsberger; Naschenweng (61./Purtscheller), Schiechtl (60./Kirchberger), Georgieva, Degen, Hanshaw; Dunst, Zadrazil, Puntigam (73./Höbinger), Feiersinger (84./Schasching); Pinther (46./Campbell)

Frankreich: Picaud; Perisset (58./Mbock Bathy), De Almeida, Renard, Karchaoui; Mateo (57./Becho), Henry (76./Toletti), Jean-Francois (58./Le Garrec), Bacha; Diani (81./Asseyi), Le Sommer

Gelbe Karte: Degen bzw. Le Garrec, Bacha, Mbock Bathy