ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick klopft Muhammed Cham auf die Schulter
GEPA/Armin Rauthner
EM-Qualifikation

Team übertrifft Rangnicks Erwartung

ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick hat hohe Ansprüche an sich und das Team. Eine Niederlage ist für den Deutschen selten akzeptabel. Nach dem 2:3 im Heimspiel der EM-Qualifikation gegen Belgien hatte man aber das Gefühl, dass Rangnick damit leben konnte, denn das Team übertraf trotz der zahlreichen Ausfälle die Erwartung von Rangnick. „Insgesamt hätte ich nicht geglaubt, dass wir in dieser Konstellation so ein gutes Spiel machen können“, sagte der 65-Jährige und sprach der Mannschaft für ihre Leistung ein „riesiges Kompliment“ aus.

Die Ausgangslage vor dem Spiel gegen Belgien war alles andere als optimal. Dadurch, dass die verletzten David Alaba, Marko Arnautovic, Michael Gregoritsch und der zunächst nur auf der Bank sitzende ebenfalls nicht ganz fitte Marcel Sabitzer nicht mitwirkten, fehlte dem Team die Erfahrung von 333 Länderspielen sowie 77 Länderspieltoren. Die vielen Ausfälle hinterließen Spuren in der Startaufstellung. Nicolas Seiwald feierte seine Premiere als Rechtsverteidiger, im Sturm debütierte Manprit Sarkaria. Beide Spieler machten ihre Sache gut.

In der Schlussphase kamen mit dem 19-jährigen Samson Baidoo ein weiterer Debütant, Alexander Prass zu seinem zweiten Länderspiel und Sasa Kalajdzic zu seinem Comeback. „Egal wer eingewechselt wurde, die Jungs haben das richtig gut gemacht und Schwung gebracht“, lobte Rangnick auch die zweite Reihe. „Es war nicht nur die Moral erfreulich. Wir haben insgesamt ein extrem gutes und mutiges Spiel gezeigt. Wir hätten mehr verdient gehabt als dieses 2:3. Wir hatten die Möglichkeiten dazu“, sagte Rangnick.

ÖFB-Team trotz Niederlage „stolz“

Österreichs Nationalteam hat die erste Chance vergeben, sich das Ticket für die EM 2024 in Deutschland zu sichern. Bei der 2:3-Heimniederlage in Gruppe F gegen Favoriten Belgien wusste aber eine ersatzgeschwächte Mannschaft von Teamchef Ralf Rangnick zu überzeugen. Trotz der knappen Niederlage herrscht viel Zuversicht vor dem Auswärtsspiel in Aserbaidschan.

Belgien hat bis zum Schluss gezittert

Trotz aller Zufriedenheit monierte der Teamchef doch auch Unzulänglichkeiten, die am Ende zu der Niederlage geführt haben. Man habe Belgien zwar enorme Probleme bereitet und zahlreiche Balleroberungen gehabt, im Angriffsdrittel war dann aber nicht immer der richtige Pass dabei. Auch die drei Gegentore wären für den Deutschen vermeidbar gewesen. „Beim 0:1 darf Lukebakio außen nicht so vorbeikommen, vor dem 0:2 haben wir zweimal den Ball hergegeben, und vor dem 0:3 hatten wir ein Fünf-gegen-zwei. Wir haben ein Tor zu wenig geschossen oder ein Tor zu viel bekommen. Wie man es sehen will“, analyiserte Rangnick.

Gleichzeitig rief der Teamchef in Erinnerung, dass gegen ein Topteam gespielt wurde – die Nummer fünf der Welt. „Man darf nicht vergessen, wem wir da gegenübergestanden sind. Was Belgiens Offensive betrifft – da gibt es in Europa nicht viel Besseres.“ Und trotzdem konnte sein Team die „Roten Teufel“ bis zum Schluss fordern. Belgien habe gezittert, sagte der 65-Jährige. „Das Spiel war auf Messers Schneide. Die haben den Schlusspfiff herbeigesehnt.“

„Wir sind keine Traumtänzer“

Am Ende durfte allerdings Belgien über das vorzeitig fixierte EM-Ticket in Gruppe F jubeln, das ÖFB-Team muss sich noch gedulden. „Wir sind ja keine Traumtänzer in dieser personellen Situation ohne acht potenzielle Startspieler. Dass man so ein Spiel auch verlieren kann, war uns schon klar. Jetzt wollen wir die nächste Chancen nutzen“, sagte Rangnick. Diese bietet sich am Montag (18.00 Uhr, live in ORF1) gegen Aserbaidschan, das am Freitag in Estland mit 2:0 gewonnen hat.

Mit einem Sieg in Baku wären die Österreicher für die Endrunde in Deutschland qualifiziert. Ein Remis oder eine Niederlage würden ebenfalls zur EM-Teilnahme reichen, wenn Schweden am Montag im Anschluss (Spielbeginn 20.45 Uhr) nicht bei Belgien gewinnt. Holen die Schweden zumindest zwei Punkte auf, müsste die Rangnick-Auswahl zum Abschluss am 16. November auch noch in Estland Zählbares holen.

Not macht erfinderisch

So weit will Rangnick aber gar nicht vorausdenken. Der Fokus liegt auf Aserbaidschan. „Wir werden das Spiel so angehen, dass wir aus eigener Kraft alles klarmachen können“, sagte der Teamchef, der nicht glaubt, dass sich an der Personalsituation großartig etwas ändern wird. Eher im Gegenteil – Innenverteidiger Kevin Danso musste gegen die Belgier mit Adduktorenproblemen ausgewechselt werden und tritt die Reise nach Baku ebenso nicht an wie Michael Gregoritsch, der wegen einer Wadenverletzung schon gegen Belgien gefehlt hatte.

Rangnick bewies aber gegen Belgien, dass er mit so einer Situation umgehen und kreative Lösungen finden kann. Mit Seiwald als Rechtsverteidiger hat kaum jemand gerechnet. „Die Frage war, was wir hinten rechts machen können und uns aber trotzdem Waffen in der Offensive bewahren. Laimer hätte defensiv die Sache nicht besser machen können, wir hätten aber dann einen schnellen Spieler vorne weniger gehabt.“ Dass Seiwald mit ManCity-Wirbelwind Jeremy Doku Probleme haben wird, war Rangnick klar. „Der ist eine zündende Rakete auf zwei Beinen. Den ganz auszuschalten, das hätte keiner geschafft.“

Manprit Sarkaria (AUT) und Jeremy Doku (BEL)
GEPA/Edgar Eisner
Manprit Sarkaria kam überraschend zu seinem Debüt im ÖFB-Team, machte seine Sache aber richtig gut

Aserbaidschan wird eine ganz andere Partie

Seiwald machte trotz allem ein gutes Spiel. Ebenso wie Sarkaria im Sturmzentrum. Mangels Alternativen sei es letztlich ein Duell zwischen dem Sturm-Graz-Stürmer und Rapids Marco Grüll gewesen, verriet Rangnick. „Wir wollten mit Patrick Wimmer und Laimer Geschwindigkeit über die Flügel bringen und mit Florian Grillitsch Kreativität in der Zentrale. Vorne hatten wir mit Sarkaria und Baumgartner zwei Spieler, die die Chancen kreieren konnten“, erklärte Rangnick seine Gedanken zur Aufstellung.

Wie die Startformation gegen Aserbaidschan, das bei vier Punkten hält und damit auf Tabellenplatz vier liegt, aussehen wird, ist unterdessen völlig offen. Laut Rangnick wird das eine ganz andere Partie als jene gegen Belgien. „Aserbaidschan ist eine Mannschaft, die schon versucht, über den eigenen Ballbesitz zu kommen.“ Das hätten die Aserbaidschaner in Estland unter Beweis gestellt. „Wir müssen dieses Spiel erst mal gewinnen“, sagte Rangnick, der eine schwere Partie erwartet.