Ralf Rangnick und Muhammed Cham (AUT)
GEPA/Armin Rauthner
EM-Qualifikation

ÖFB-Team in Baku mit klarem Ziel

Im „Land des Feuers“ soll nicht lange gefackelt werden. Österreichs Fußballnationalteam will am Montag (18.00 Uhr, live in ORF1, Übertragungsbeginn 17.40 Uhr) in Baku gegen Aserbaidschan den letzten Schritt zur Qualifikation für die EM 2024 in Deutschland gehen. Nach der guten Leistung am Freitag bei der knappen 2:3-Niederlage gegen Belgien herrscht in Ralf Rangnicks Elf große Zuversicht, die notwendigen Punkte aus eigener Kraft einzufahren.

Der Teamchef, der am Sonntagabend nach dem dreieinhalbstündigen Flug von Wien ans Kaspische Meer ebenso wie sein deutscher Kotrainer Peter Perchtold eine unliebsame Überraschung erlebte und stundenlang wegen eines Problems mit dem Visum nicht einreisen durfte, gab für das siebente Spiel der Qualifikation ein klares Ziel aus. Der 65-jährige Deutsche will sich auf dem Weg zu seiner „Heim-EM“ nicht mehr mit Rechenspielen aufhalten.

„Es geht darum, sich aus eigener Kraft zu qualifizieren. Dafür müssen wir das Spiel gewinnen. Es muss wieder eine gute Balance zwischen Offensive und Defensive herrschen. Wir treffen auf eine Mannschaft, die gerne über den eigenen Ballbesitz kommt und auch mitspielen will.“ Österreich reichen zwei Punkte aus den verbleibenden zwei Spielen zur Qualifikation für die dritte EM in Folge nach 2016 in Frankreich und den transeuropäischen Titelkämpfen von 2021.

ÖFB reist nach Baku

Nach der verpassten ersten Chance gegen Belgien (2:3) soll Österreichs Nationalteam das EM-Ticket am Montag in Aserbaidschan fixieren. Andreas Felber hat mit Kapitän Marcel Sabitzer gesprochen.

Not macht erfinderisch

Wie Rangnick die Mannschaft gegen die Nummer 121 im FIFA-Ranking spielen lässt, ist weiter offen. Auch in Baku fehlen David Alaba (Adduktorenverletzung), Marko Arnautovic (Oberschenkelverletzung), Michael Gregoritsch (Wadenprobleme), Stefan Posch (Oberschenkelverletzung), Kevin Danso (Adduktorenverletzung), Philipp Mwene (Kniereizung), Karim Onisiwo (Hüftbeuger) und Gernot Trauner (Knieprobleme).

EM-Quali, achter Spieltag

Montag, 18.00 Uhr, live in ORF1

Aserbaidschan – Österreich

Tofik-Bachramow-Stadion, SR Diamantopoulos (GRE)

Aserbaidschan: Mahammadalijew – Haghverdi, Kriwotsjuk, Mammadow, Jafargulijew – Bairamow, Isajew, Mahmudow, Dinijew – Dadaschow, Scheidajew

Österreich: A. Schlager – Seiwald, Lienhart, Wöber, Prass – X. Schlager, Grillitsch, Schmid – Laimer, Kalajdzic, Kainz

Doch Not macht erfinderisch: So wurde Rapid-Stürmer Guido Burgstaller am Sonntag überraschend von Rangnick aus seiner seit 2019 andauernden Nationalteampension geholt und in den Kader einberufen: „Wir brauchten nach dem Ausfall von Marko Arnautovic, Michael Gregoritsch und Karim Onisiwo einen Ersatz. Deswegen erfordern ungewöhnliche Situationen auch ungewöhnliche Maßnahmen. Für mich war das eine Lösung, und wir haben am Samstagnachmittag einfach bei ihm gefragt. Er hat seine Bereitschaft erklärt, und es ist mal für dieses Spiel.“

Österreich kann mehr als nur ein System

Ob Burgstaller, der zuletzt auch bei Rapid länger verletzungsbedingt ausfiel, gleich zum Einsatz kommt, darf bezweifelt werden. Rangnick setzte in vier der bisherigen EM-Quali-Spiele auf ein 4-4-2-System, zuletzt mit der ersatzgeschwächten Mannschaft daheim gegen Belgien auf ein 4-4-1-1. Gegen Estland und auch beim 4:1 im Heimspiel gegen Aserbaidschan spielte Österreich im offensiveren 4-3-3.

Österreich ist mittlerweile also deutlich variabler, was das Spielsystem angeht, was wohl als Verdienst von Rangnick zu werten ist. Im Hinspiel tat sich Österreich die ersten 20 Minuten schwer, erst nach taktischen Umstellungen von Rangnick kam das Spiel ins Laufen. Fünf Duelle gab es bisher, viermal konnte Österreich gewinnen, ein Mal (2005) reichte es nur zu einem 0:0. Das Torverhältnis steht bei 13:2 zugunsten Österreichs.

Allerdings scheint Aserbaidschan derzeit gut in Form zu sein. Für die Elf des Italieners Giovanni De Biasi war der 2:0-Sieg gegen Estland am Freitag in der EM-Qualifikation der erste Sieg in diesem Bewerb seit 2015. Zu Hause haben die Aseris außerdem nur eines der letzten fünf Länderspiele verloren.

Feuer, Flammen und billiges Benzin

Aserbaidschan wird auch „Land des Feuers“ genannt, weil mancherorts immer noch Gasflammen aus dem Boden austreten und das Land über reiche Ölvorkommen verfügt. Was sich im windigen Baku nicht nur an den breiten Straßen mit viel Verkehr, sondern auch am durchschnittlichen Benzinpreis von rund 60 Cent pro Liter zeigt.

Feuer und Flammen sind in Baku, der Stadt mit über 2,2 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen, allgegenwärtig. Am offensichtlichsten bei den „Flammentürmen“, den „Flames Towers“, die seit 2013 bei Nacht entweder in den Landesfarben oder mit Feuersymbolen bespielt im LED-Licht erstrahlen.

Flame Towers in Baku
Getty Images/MomentRF/Ayhan Altun
Die über 160 Meter hohen „Flammentürme“ sind neben dem „Jungfrauenturm“ das Wahrzeichen der Stadt

Vom militärischen Konflikt mit Armenien um die Region Bergkarabach, der vor einem Monat in einem überraschenden Angriff Aserbaidschans und dem folgenden Exodus der Armenier gipfelte, ist in der Hauptstadt, die Tradition und Moderne vermischt, bis auf eine hohe Präsenz an Sicherheitskräften nichts zu bemerken. Zumindest will das Nationalteam für positive Schlagzeilen sorgen.

Der Präsident, sein Vater und ein Schiedsrichter

Gespielt wird nicht im großen, 70.000 Zuschauer fassenden Olympiastadion, sondern im kleineren, für 31.000 Fans ausgelegten Tofik-Bachramow-Stadion, das auf seine Weise eine Besonderheit ist. In dem von Ilham Alijew, der seinen 2003 verstorbenen Vater Heidar Alijew als Staatsoberhaupt beerbte, autoritär regierten Staat herrscht nämlich ein Personenkult um die Führung. Deshalb tragen viele Bauten, vom Flughafen bis zum Kulturzentrum, den Namen des einstigen Herrschers.

Statue des aserbaidschanischen Fußballschiedsrichters Tofiq Bəhramov vor dem gleichnamigen Stadion in Baku
picturedesk.com/dpa/Bernd Thissen
Tofik Bachramow, der im WM-Finale 1966 das berühmte „Wembley-Tor“ anerkannte, steht als Statue vor „seinem“ Stadion.

Nur das 31.000-Zuschauer-Stadion nicht, in dem Österreich spielt. Es ist nach jenem Referee benannt, der beim WM-Finale 1966 nach Konsultation des Schweizer Schiedsrichters Gottfried Dienst das berüchtigte „Wembley-Tor“ von Geoffrey Hurst zum 3:2 Englands gegen Deutschland anerkannte. Bachramow, der kein Englisch so wie Dienst sprach, verließ sich bei seiner Entscheidung, ob der Ball beim Lattenpendler wirklich zur Gänze die Torlinie überquert hatte, jedoch mehr auf sein Gefühl als auf eine wirkliche Beobachtung. Sein positives Urteil fällte er aufgrund des Jubels der englischen Spieler.

Österreicher gehen nicht baden

Aber es gibt nicht nur Feuer, Öl, Personenkult, Prunkbauten und Stadien für Schiedsrichter in Aserbaidschan. Baku ist direkt am Kaspischen Meer gelegen. Dort, wo seit 2016 auch die Formel-1-Stars auf der Start-Ziel-Geraden Gas geben, führt der „Bulvar“ über zwei Kilometer an der Küste entlang.

Der Stadtstrand hat allerdings einen Schönheitsfehler: Aufgrund der starken Verschmutzung mit Erdöl kann man dort nicht baden gehen. Das hat das ÖFB-Team aber ohnehin nicht vor. Marcel Sabitzer war für Montag entsprechend positiv gestimmt: „Das Hinspiel war der Startschuss für eine gute Qualifikation bisher. Wir sind fokussiert und sind überzeugt, das Spiel am Montag auch gewinnen zu können.“ Das ÖFB-Team ist also bereits Feuer und Flamme.