Bobby Charlton
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Chronik

England trauert um Ikone Bobby Charlton

Englands Fußball trauert um eine seiner größten Legenden. Das frühere Manchester-United-Idol Bobby Charlton starb mit 86 Jahren. Das gab sein langjähriger Club am Samstag bekannt. Mit dem Nationalteam wurde der Offensivmann 1966 im eigenen Land Weltmeister.

In 106 Länderspielen erzielte Charlton 49 Tore. Mit seinen „Red Devils“ gewann er 1968 den Meistercup und dreimal den Ligatitel. In 758 Spielen für den Club gelangen ihm 249 Tore. In Manchester war er einer der Schlüsselspieler der „Busby Babes“, der legendären United-Mannschaft von Coach Matt Busby, die zahlreiche Titel gewann.

Nach seiner aktiven Karriere war Charlton noch 39 Jahre lang als Funktionär bei United tätig. Laut einer Stellungnahme sei er im Kreis seiner Familie verstorben. Charlton erkrankte 2020 an Demenz, er hinterlässt Ehefrau Norma, zwei Töchter und mehrere Enkelkinder.

Die Familie drückte „allen, die zu seiner Pflege beigetragen haben und den vielen Menschen, die ihn geliebt und unterstützt haben“, ihre Dankbarkeit aus. „Darüber hinaus bitten wir, dass die Privatsphäre der Familie zu diesem Zeitpunkt gewahrt wird.“ Im Nachruf auf der Website des Clubs hieß es unter anderem: „Sir Bobby wird immer als ein Gigant des Spiels in Erinnerung bleiben.“

Bobby Charlton in Aktion bei der WM 1966
AP
Sir Bobby Charlton war einer der Schlüsselspieler beim WM-Titel im eigenen Land

„Ein wahrlich wunderbarer Fußballer und liebenswerter Mann“, schrieb die englische Legende Gary Lineker via Twitter (X) über ihn. „Er mag nicht mehr unter uns sein, aber er wird fußballerische Unsterblichkeit haben.“ Auch sein früherer Club würdigte Charlton. „Sir Bobby war ein Held für Millionen, nicht nur in Manchester oder im Vereinigten Königreich, sondern überall dort, wo Fußball auf der Welt gespielt wird“, schrieb Manchester United. „Er wurde genauso sehr für seinen Sportsgeist und seine Integrität bewundert wie für seine herausragenden Fähigkeiten als Fußballer. Sir Bobby wird immer als einer der ganz Großen des Fußballs in Erinnerung bleiben.“

Charltons Karriere begann 1956, als er von United entdeckt wurde. Das Team wurde damals vom legendären Busby trainiert. „Das Beste, was ich je gemacht habe, war bei diesem Club zu unterschreiben“, sagte Charlton in einer BBC-Dokumentation zu seinem 80. Geburtstag.

Von Flugzeugkatastrophe geprägt

Früh in seiner Karriere erlebte der junge Charlton mit dem Club seine schlimmsten Stunden. Im Februar 1958 war United auf dem Heimweg von einem Europapokal-Spiel in Belgrad. Nach einer Zwischenlandung in München hatte die Maschine bei schlechtem Wetter Startprobleme. „Wir sind gar nicht erst abgehoben“, erinnerte sich Charlton Jahrzehnte später. „Wir sind in ein Haus gekracht und ich glaube in ein paar andere Hindernisse. Es war einfach ein Alptraum.“

23 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben, Charlton war einer von 21 Überlebenden. „Ich hatte einfach Glück, dass ich auf dem richtigen Platz saß“, sagte er später. Irgendwie musste es mit United auch nach dem Unglück weitergehen. „Wir mussten uns besonders anstrengen“, sagte der frühere Mittelfeldspieler. Das sollte sich lohnen.

WM-Titel und Europacup-Triumph

Mitte der 1960er begannen die besten Jahre für Charlton. 1965 gewann er mit dem Club die englische Meisterschaft. Ein Jahr später feierte er den größten Erfolg seiner Karriere, als er im Wembley-Stadion vor den Augen von Königin Elizabeth II. mit dem 4:2 gegen Deutschland den bisher einzigen Weltmeistertitel der „Three Lions“ holte. „Es war das Paradies, einfach nur das Paradies“, so Charlton.

Statue des englischen Fußballers Bobby Charlton
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Die „United Trinity“ vor dem Old Trafford: George Best, Denis Law und Sir Bobby Charlton

1968, zwei Jahre nach dem WM-Triumph und zehn Jahre nach dem Unglück von München, folgte der Europapokal-Sieg mit Manchester United. „Es wäre einfach nicht richtig gewesen, wenn United nie den Europacup gewonnen hätte“, sagte Charlton der BBC. „Dann wurde das ja Standard.“ Das 4:1 gegen Benfica Lissabon war vielleicht der emotionalste Moment seiner Karriere. Im Finale erzielte er zwei Tore.

Von Queen zum Ritter geschlagen

1973 beendete Charlton seine aktive Laufbahn – als Rekordtorschütze für England (49 Tore) und United (249) sowie als Rekordspieler für den Club (758 Pflichtspiele). Erst Jahrzehnte später wurden diese Rekorde von Wayne Rooney und Ryan Giggs übertroffen. Rekordtorschütze für England ist mittlerweile Bayern-Profi Harry Kane mit 61 Toren.

Charlton übernahm einige Manager-Jobs und war für kurze Zeit auch als Trainer aktiv. Vor allem aber blieb er seinem geliebten Verein treu, dessen Vorstand er bis zuletzt angehörte. „Das Beste daran ist, dass ich all die Spiele kostenlos sehen darf“, sagte er scherzend. 1994 wurde er von der Queen zum Ritter geschlagen. Mit seiner Stiftung „Find A Better Way“ setzte sich Charlton gegen Landminen ein und unterstützte die Prothesenforschung. Der gute Zweck lag dem bescheidenen Star stets am Herzen.

„Auf dem Spielfeld verehrt, aber noch mehr daneben“

„Er war immer erfolgreich – aber vor allem darin, anderen Menschen zu helfen“, lobte England-Star David Beckham, der von Charlton entdeckt wurde, zu dessen 80. Geburtstag. „Das ist es, was ihn so besonders macht. Er wird auf dem Spielfeld verehrt, aber noch mehr daneben.“

2020 wurde bekannt, dass die Fußballikone an Demenz erkrankt war. Sir Bobby war bereits der fünfte Spieler aus der Weltmeisterelf von damals, bei dem Demenz diagnostiziert wurde. Auch seine bereits gestorbenen Teamkameraden Nobby Stiles, Ray Wilson, Martin Peters und sein Bruder Jack Charlton litten darunter.

Durch das Ableben von Charlton ist Geoff Hurst der letzte Überlebende von Englands bisher einzigem Weltmeisterteam. „Sehr traurige Nachrichten“, so der Finalheld und Schütze des „Wembley-Tores“ im Endspiel gegen Deutschland (4:2 n. V.) auf Twitter. „Eine der wahren Größen“ sei gestorben. Hurst: „Wir werden ihn nie vergessen – und auch der Fußball nicht. Ein großartiger Kollege und Freund, er wird über den Sport hinaus im ganzen Land schmerzlich vermisst werden.“