Südafrikaner mit Pokal
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Rugby-WM

Südafrika verteidigt in Thriller Thron

Die „Springboks“ bleiben die Könige im Rugby. Südafrika verteidigte am Samstag im Finale der zehnten Weltmeisterschaft der Männer mit einem dramatischen 12:11-Erfolg über Neuseeland seinen Titel und schwang sich zum Rekordchampion auf. Die „All Blacks“ mussten sich wie schon 1995 im Endspiel ihrem Erzrivalen geschlagen geben.

Vier erfolgreiche Straftritte von Handre Pollard brachten die entscheidenden zwölf Punkte für Südafrika, das sich als erstes Team zum vierten Mal nach 1995, 2007 und 2019 die William Webb Ellis Trophy sicherte. Schon vor 16 Jahren hatten die „Springboks“ im Stade de France triumphiert. Als erst zweites Team nach Neuseeland 2015 konnte eine Mannschaft zudem ihren WM-Titel verteidigen. Detail am Rande: Auch im Viertelfinale gegen Gastgeber Frankreich und im Semifinale gegen England entschied ein Punkt zugunsten der „Springboks“.

Für die „All Blacks“ aus Neuseeland waren zwei Penaltys von Richie Mo’unga und ein Versuch von Beauden Barrett am Ende zu wenig, auch weil Mo’unga einen Straftritt und eine Erhöhung und damit Punkte verpasste. In einer wie erwartet hart geführten Partie kassierten Shannon Frizell auf neuseeländischer Seite sowie Siya Kolisi und Cheslin Kolbe bei Südafrika eine Zehnminutenstrafe. Zudem sah „All Blacks“-Kapitän Sam Cane in der 29. Minute Rot.

„Es gibt keine Worte, mit denen ich es beschreiben kann“, sagte Südafrikas Kapitän Kolisi, der nach dem Neuseeländer Richie McGaw der zweite Spieler ist, der sein Team als „Skipper“ zu zwei Titeln in Folge führen konnte. Kolisi streute den „All Blacks“ auch Rosen: „Sie haben uns bis zum Ende gefordert“, so der Routinier, der auch das Kämpferherz seiner Mannschaft lobte: „Ich bin dankbar, dass wir es am Ende geschafft haben.“

Neuseeland schwächt sich früh

Für die Neuseeländer lief es in ihrem insgesamt fünften Finalauftritt fast von der ersten Minute an nicht nach Wunsch. Bereits nach zwei Minuten musste Frizell bei strömendem Regen im Stade de France für zehn Minuten vom Feld, weil er auf das Bein von Südafrikas Nummer zwei Bongi Mbonambi gefallen war. Weil sich der Hakler der „Springboks“ aber nicht schwerer verletzt hatte, kam Frizell mit der Zehnminutenstrafe davon.

Ab der 29. Minute waren die „All Blacks“ aber endgültig ein Mann weniger. Ausgerechnet Kapitän Sam Cane traf seinen Gegenspieler Jesse Kriel nach einem ungeschickten Tackle mit der Schulter am Kopf und sah dafür zuerst Gelb und nach weiterem Videostudium die Rote Karte. Es war der erste Ausschluss in einem WM-Finale überhaupt. Eine Zehnminutenstrafe gegen Neuseelands Ben Smith 2015 war bisher die einzige Karte in den neun Endspielen davor gewesen.

Sam Cane
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Der Ausschluss von Sam Cane brachte Südafrika in der ersten Hälfte einen letztlich entscheidenden Vorteil

Bereits bis zu Canes Ausschluss hatten die Südafrikaner die Partie durch drei erfolgreiche Straftritte von Pollard bei einem von Mo’unga mit 9:3 auf ihre Seite gezogen. Davon zogen die „Springboks“ den aufopfernd kämpfenden „All Blacks“ aber nicht. Pollard traf noch einmal via Straftritt, Mo’unga hielt mit einem Penaltykick dagegen. Mit 12:6 ging es in die Pause.

„All Blacks“ kämpfen sich heran

Nach Seitenwechsel kam Südafrika einem möglicherweise vorentscheidenden Versuch zwar nahe, Kapitän Kolisi kassierte aber ebenfalls eine Gelbe Karte, nachdem er einen Gegenspieler am Kopf getroffen hatte. Mit 14 gegen 14 Mann auf dem Feld bekamen die Neuseeländer wieder Luft zum Atmen – und schafften es bis knapp vor das Malfeld. Mit, auch den nassen Verhältnissen geschuldeten technischen Fehlern brachten sich die „All Blacks“ aber immer wieder aus dem Konzept.

In der 57. Minute wurden die Fans im Stade de France Zeugen eines historischen Ereignisses: Beauden Barrett legte trotz Unterzahls als erster Gegenspieler den Ball in einem Finale im Malfeld der „Springboks“ ab. Der 32-Jährige wurde auch zum ersten Spieler mit mehr als einem Versuch in einem WM-Endspiel. Schon beim Titelgewinn 2015 hatte der zweifache Spieler des Jahres gescort. Kurz davor war ein Try von Aaron Smith wegen eines Vorballs noch aberkannt worden. Weil aber Mo’unga die Erhöhung verpasste, blieb Südafrika mit einem Punkt voran.

Beauden Barrett beim Try
AP/Aurelien Morissard
Barrett brachte mit dem einzigen Versuch im Finale Neuseeland bis auf einen Punkt heran

In der Schlussphase schien das Momentum aber doch noch einmal in Richtung der „All Blacks“ zu kippen. Denn ausgerechnet Cheslin Kolbe, 2019 mit einem Versuch im Finale gegen England noch einer der Matchwinner für die Südafrikaner, musste nach einem absichtlichen Vorball für zehn Minuten auf die „Strafbank“. Jordie Barrett hatte aus rund 50 Metern auch die Chance, sein Team in Führung zu kicken, doch der jüngere Bruder von Try-Scorer Beauden setzte den Ball knapp rechts vorbei. Am Ende brachte Südafrikas Verteidigung aber den vierten WM-Titel nach Hause.

Rugby-WM 2023 in Frankreich

Finale:
28.10. Südafrika Neuseeland 12:11
Spiel um Platz drei:
27.10. England Argentinien 26:23
Halbfinale:
20.10. Neuseeland Argentinien 44:6
21.10. England Südafrika 15:16
Viertelfinale:
14.10. Wales Argentinien 17:29
Irland Neuseeland 24:28
15.10. England Fidschi 30:24
Frankreich Südafrika 28:29