50.144 Zuschauerinnen und Zuschauer sahen im ausverkauften Stadion von Fußballclub Eintracht Frankfurt allerdings keinen sportlichen Leckerbissen. Das war eine Woche nach der hiesigen NFL-Premiere zwischen Titelverteidiger Kansas City Chiefs und Miami Dolphins (21:14) auch nicht zu erwarten. Vor allem Rekord-Super-Bowl-Sieger New England mit Starcoach Bill Belichick hinkt mit nur zwei Siegen in zehn Spielen den eigenen Ansprüchen meilenweit hinterher.
Vor den Augen der heimischen Fußballstars David Alaba und Marcel Sabitzer sowie US-Skilegende Lindsey Vonn erzielte Runningback Jonathan Taylor den einzigen Touchdown der Partie gegen Ende des ersten Viertels. Danach kamen beide Offensivreihen nicht in die Gänge und über Field Goals hinaus, Patriots-Spielmacher Mac Jones leistete sich auf einem guten Weg in die Endzone fünf Minuten vor Schluss eine schmerzvolle Interception, für den letzten Drive wurde Jones von Belichick durch Bailey Zappe ersetzt – das brachte nichts mehr, der Colts-Verteidigung gelang die zweite Interception an diesem Tag.
„Es ist einfach unglaublich“
Raimann, der als einer der Kapitäne die Ehre hatte, die Colts beim Münzwurf zu vertreten, zeigte vor den Augen seiner Familie und Freunde – unter den 18 Mitgliedern auch seine deutsche Großmutter – warum er in seiner zweiten Saison unangefochtener Stammspieler in der NFL ist. Auf seiner linken Seite beschützte er Indianapolis-Quarterback Gardner Minshew, war beim einzigen Touchdown der Partie mit einem Block beteiligt und konnte sein „Heimspiel“ mit einem wichtigen Sieg und einem persönlichen Highlight krönen.
„Ich kann es kaum in Worte fassen, Siege sind in der NFL schwer zu erreichen. Hier in Deutschland einen zu schaffen, bedeutet mir noch so viel mehr. Ich habe 2013 ein NFL-Spiel in London geschaut, und nun am Feld zu stehen, zu gewinnen, ist einfach unglaublich“, sagte Raimann, der nach dem Spiel viele TV-Interviews gab, was für seine Position als Tackle ungewöhnlich ist. Nach der Pressekonferenz und Umarmungen für Minshew und Taylor ging es zur Familie, die eine Österreich-Fahne ins Stadion mitgebracht hatte, um mit ihr „eine meiner besten Football-Erlebnisse in meinem Leben“ zu besprechen.
Österreichs NFL-Spieler Raimann zu Gast in Frankfurt
Der Wiener Bernhard Raimann spielt seit dem vergangenen Jahr in der NFL. Für die Indianapolis Colts hat er gegen die New England Patriots in Frankfurt gespielt.
Besonderes „Heimspiel“ für Raimann
Das fünfte und letzte Spiel der diesjährigen NFL International Series brachte eine Premiere aus österreichischer Sicht: Mit Raimann war ein heimischer Spieler erstmals mittendrin statt nur dabei. „So nah an Zuhause spielen, das ist ein Riesengefühl“, sagte der 26-jährige Wiener, der im Burgenland aufgewachsen war und bereits als Teenager in die USA zog und dort letztlich seinen Traum verwirklichte, im ORF.
Das freut nicht nur ihn, sondern auch Wegbegleiter wie Herren-Teamchef und Neo-Vikings-Offensive-Coordinator Max Sommer. „Es ist unglaublich zu sehen und zu realisieren. Er ist wirklich angekommen in der NFL, es fühlt sich surreal an“, sagte Sommer, der Österreich vor zwei Wochen zum ersten EM-Titel geführt hatte. „Da gehen viele Erinnerungen durch den Kopf, wie er bei uns begonnen hat. Als dünner Receiver, jetzt spielt er Left Tackle in der NFL. Das ist unfassbar.“
Ein weiterer Traum wurde am Sonntag wahr. „So nah an Zuhause spielt man selten in der NFL, deswegen ist es ein Riesengefühl“, freute sich der Left Tackle, auch weil er zahlreiche Familienmitglieder und Freunde unterbringen konnte. „Ich habe die Maximalzahl ausgenützt“, sagte Raimann mit einem Lächeln im ORF-Interview am Freitagabend. Vor allem, dass seine Oma dabei sein konnte, machte ihn sichtlich stolz.
Beim Medientermin im Heimstadion der Frankfurt Galaxy war der erst vierte österreichische NFL-Spieler, der erste reguläre Feldspieler, ein gefragter Mann, wurde von TV-Station zu Station gereicht und gab neben Headcoach Shane Steichen („Er hat eine große Zukunft in der Liga“) und Back-up-Quarterback Minshew vor dem Spiel eine Pressekonferenz. „Als Offensive Liner hat man sonst nicht so viele Termine“, betonte Raimann, der es aber auch genießen konnte.
Frankfurter Spektakel findet Fortsetzung
So wie viele Football-Fans aus aller Welt in der Main-Metropole. Nach dem Spiel der Chiefs gegen die Dolphins war auch der zweite Part der „Frankfurt Games“ im Deutsche Bank Park ausverkauft. Wieder gab es viele Lieder zum Mitsingen, „Sweet Caroline“ und „Country Roads“ gehören zum Repertoire. Die deutsche Football-Community profitierte vom Umbau des Aztekenstadions in Mexiko City, wo 2026 Fußball-WM-Spiele stattfinden werden, und durfte heuer zwei Partien austragen.
NFL-Fans feiern vor Stadion in Frankfurt
Vor dem Spiel in Frankfurt stimmen sich die Anhänger ein.
Nächstes Jahr wird wieder ein Spiel in Deutschland ausgetragen, und so wie im Vorjahr bei der Premiere ist München am Zug. Die Spiele im Ausland sind seit 2007 fixer Bestandteil und erfreuen sich auch in Deutschland großer Beliebtheit. Der Vertrag in Deutschland läuft vorerst bis 2025. „Ich glaube, dass es danach hier Spiele geben wird. Wir werden uns nicht von den Märkten verabschieden, die für unser Wachstum wichtig waren. Deutschland war für unser Wachstum von entscheidender Bedeutung“, sagte NFL-Chef Roger Goodell der dpa.
Die Milliardenliga baut ihren Umsatz sukzessive aus und hat wenig überraschend zum Ziel, neue, lukrative Märkte zu erschließen. Die Liga plant, nächstes Jahr in einem weiteren Land zu spielen und die NFL-Fans in aller Welt zu beglücken. Brasilien beziehungsweise Spanien sind dabei in der Poleposition – das Spektakel weitet sich aus.