Jubel von Michael Matt, Manuel Feller und Marco Schwarz
GEPA/Harald Steiner
Ski alpin

Feller besiegt Fluch bei Slalom-Heimparty

Österreichs Slalom-Herren haben den Skifans am Samstag bei der Weltcup-Premiere in Gurgl einen überraschenden wie imposanten Heimtriumph beschert. ÖSV-Cheftrainer Marko Pfeifer sah in dem von Manuel Feller vor Marco Schwarz und Michael Matt angeführten Dreifachsieg eine „fast kitschige“ Erfolgsstory. Dass Sieger Feller seinen Halbzeitfluch zudem ausgerechnet bei einem rot-weiß-roten Spektakel besiegte, setzte der Heimparty die Krone auf.

Gleich drei Österreicher standen parat, um die Scharte von 17 Weltcup-Slaloms ohne Sieg auszumerzen. „Letztes Jahr wurden wir durchaus geprügelt, das ist die Antwort drauf. Dass sie so gut drauf sind, ist fantastisch“, lobte ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober nach dem ersten Dreifachsieg für den ÖSV im Weltcup seit 2015 (Abfahrt Garmisch). Zur geglückten Erstaufführung im Ötztaler Hochgebirgsort Gurgl gehörte zudem, dass Feller im sechsten Anlauf auch erstmals eine Halbzeitführung verwertete.

„Dass ich mich darauf konzentriere, was ich zu tun habe. Dass ich in mich hineinspüre, wie sich das anfühlen muss, damit es pfeift. Und den Lauf so oft durchgehe, dass er wie ein Uhrwerk geht", sagte der nun dreifache Weltcup-Sieger nach dem vertriebenen Halbzeitfluch. "Gott sei Dank habe ich es endlich hingekriegt.“ Er habe in der Sommerpause für sich beschlossen, wieder mehr ans Limit zu gehen, erklärte der 31-jährige Tiroler.

Österreichischer Triumph in Gurgl

Am Samstag fand nach zahlreichen Absagen das erste Weltcup-Rennen für die Ski-Herren statt. Die Slalom-Premiere in Gurgl wurde nicht nur für Klimaaktivisten, sondern auch für drei ÖSV-Asse zur großen Bühne: Manuel Feller entschied das Rennen vor seinen beiden Teamkollegen Marco Schwarz und Michael Feller für sich.

Mit richtiger Mischung zum Erfolg

„So wie ich als Junger war, aber mit dem Know-how, das ich als Routinier mittlerweile habe.“ Konzentration auf „Key-Punkte“ in der Kurssetzung und den Rest trotzdem „auf Teufel komm raus“ zu fahren laute die Devise. „Ich habe die letzten zwei Jahre mein Zeug so gut beisammengehabt, dass ich immer locker Top Fünf fahren konnte. Das war aber auch der Grund, warum ich nie ein Rennen gewonnen habe. Weil ich es zu wenig herausgefordert habe“, sagte Feller.

1. Manuel Feller (AUT)
2. Marco Schwarz (AUT)
3. Michael Matt (AUT)

Das Trainerteam arbeitete mit Anschauungsmaterial aus Norwegen. Der zurückgetretene Kugelgewinner Lucas Braathen diente in der Vorbereitung als Blaupause, wie Technikgruppentrainer Martin Kroisleitner erklärte. „Er war vom Speed her in Kombination mit der Stabilität im Vorjahr sicher der Beste.“ Insbesondere bei Übergängen vom steilen in das flache Gelände habe Braathen die Benchmark vorgegeben. „Wir haben geschaut, dass wir in der Fahrweise so wie er aus der Kurve heraus mehr Tempo mitnehmen.“ Auch auf nachlassenden Pisten – ein Makel der Vorsaison – wurde trainiert, indem im Südamerika-Camp teils gebrauchte Läufe übernommen wurden.

Matt meldet sich eindrucksvoll zurück

Matt tauchte mit dem ersten Podestplatz seit fast fünf Jahren aus dem Tief. „Ich kann wieder die Schwünge kurz machen und beschleunigen, das ist das Wichtigste.“ Schwarz zeigte mit Bestzeit im Finale, dass ihn der verstärkte Speed-Fokus im Slalom nicht langsamer macht. „Mit dem zweiten Platz kann ich sehr gut reinstarten. Wenn ich das mit dem Felli und Michi teilen kann, ist es ein sehr gelungener Start.“

Worte des Überschwangs überließ der gewohnt cool auftretende Kärntner dem Cheftrainer. „Der Typ ist ein bissl irr zurzeit. Alles, was er fährt, ist genial, mit einer Leichtigkeit – sehr imposant“, schwärmte Marko Pfeifer über Schwarz, der schon beim abgebrochenen Sölden-Riesentorlauf mit der Bestzeit überzeugt hatte. „Er ist zurzeit sicher der beste Schwarz, den wir je gesehen haben.“

Schwarz gönnte sich am Ende des Medienmarathons ein alkoholfreies Bier und setzte sich danach für die gut fünfstündige Heimreise nach Kärnten hinter das Steuer. Nur ein Tag des Durchschnaufens ist ihm vergönnt. Schon am Montag stehen für ihn und Johannes Strolz (Einfädler im ersten Durchgang) der US-Trip und Rollentausch zum Abfahrer an. Nach Trainingstagen in Copper Mountain werde es die „Birds of Prey“ von Beaver Creek wieder in sich haben, vermutete Schwarz. Aber er habe ja Erfahrungswerte aus dem Vorjahr.

Klimaprotest trübt fast perfektes Heimspiel

Just nach ihm, und damit mitten im Herzschlagfinale vor den Top Fünf des ersten Laufs, stürmten Klimaaktivistinnen und -aktivisten den Zielraum. Hektik brach aus, Fans, Athleten und Veranstalter reagierten hauptsächlich mit Unverständnis bis Wut. Nach gut zehnminütiger Unterbrechung wurde das Rennen fortgesetzt. Während polizeiliche Ermittlungen gegen zumindest sechs Personen liefen, diskutierte die Funktionärsriege schon samstagabends mögliche Vorkehrungen, um solche Vorfälle für die Zukunft zu verhindern.

Gurgl empfiehlt sich für mehr

Nicht nur aufgrund des österreichischen Dreifachsieges hatten die Veranstalter in Gurgl allen Grund zur Zufriedenheit. Der Internationale Skiverband (FIS) signalisierte, dass das Rennen auch nächste Saison wieder im Kalender stehen wird.

Die Störaktion blieb angesichts des Zuschauerzuspruchs (8.300 Fans) und der perfekten Winterbilder ein kleiner Makel eines gelungenen Debüts. Der selektive Hang in Gurgl könne auf Zeit neben Kitzbühel und Schladming ein dritter Slalom-Klassiker in Österreich werden, meinte Stadlober. Ein Doppelwochenende Sölden/Gurgl sei jedenfalls auch angesichts der Diskussion um einen späteren Saisonstart überlegenswert, so die ÖSV-Chefin.

Es ist davon auszugehen, dass Gurgl auch im kommenden Jahr von der FIS im Weltcup-Kalender berücksichtigt wird. FIS-Renndirektor Markus Waldner war angesichts des präsentierten „Herzbluts“ voll des Lobes für die Ötztaler Neulinge, die sich clever mit Personal von bewährten Weltcup-Orten verstärkten. „Sie haben gezeigt, was sie drauf haben“, sagte Waldner.