Coach Ralf Rangnick (AUT) mit David Alaba
GEPA/Armin Rauthner
Fußball

Rangnick lobt, liebt und bremst zugleich

Ralf Rangnick hat sich am Dienstag als über die Maßen zufriedener ÖFB-Teamchef in die Winterpause verabschiedet. Dafür gesorgt hat der 2:0-Sieg im Happel-Stadion gegen Deutschland. „Es war in meiner Amtszeit in Summe unser bisher bestes Spiel, das wir gezeigt haben“, lobte der Deutsche, der sich nach der Partie auch zu einer Liebesbekundung an sein Team hinreißen ließ. Gleichzeitig trat Rangnick aber auch auf die Euphoriebremse, obwohl er überzeugt ist, dass sich sein Team nach dem Erfolg über eine verunsicherte DFB-Auswahl nicht für ein „rot-weiß-rotes Ballett“ hält.

Für Freudentänze bei den Fans haben die bärenstarken 90 Minuten aber ganz bestimmt gesorgt. Die Treffer von Marcel Sabitzer (29.) und Christoph Baumgartner (73.) waren der Lohn für eine dominante Vorstellung gegen eine deutsche Auswahl, die weiter auf der Suche nach einer Identität ist. „Der Sieg war verdient, auch in der Höhe. Mich freut, dass wir zu null gespielt haben. Wir hatten in jeder Phase das Spiel unter Kontrolle. Wir wollten mutig spielen, Spielfreude zeigen und schnell umschalten. Wir haben alles umgesetzt, deshalb war es ein wunderschöner Abschluss des Jahres“, bilanzierte Rangnick.

Der Teamchef ließ zu mitternächtlicher Stunde bei der Pressekonferenz nach dem Spiel durchblicken, wie sehr ihm dieses Team in seinen knapp eineinhalb Jahren als ÖFB-Coach ans Herz gewachsen ist. „Ich liebe meine Jungs, ich liebe meine Mannschaft. So wie sie ist, ist sie genau richtig. Wenn wir alle Mann an Bord haben, können wir jeden Gegner schlagen. Dieses Spiel hat es bestätigt“, sagte Rangnick, der auch die Stimmung im Stadion lobte: „Es war ein Testspiel mit super Rahmenbedingungen. Die Energie im Stadion war großartig.“

Österreich besiegt Deutschland

Österreichs Nationalteam hat das Länderspieljahr mit einem 2:0-Heimsieg gegen Deutschland abgeschlossen. Die Mannschaft von Trainer Ralf Rangnick ließ den EM-Gastgeber im ausverkauften Wiener Ernst-Happel-Stadion ziemlich alt aussehen.

„Wir leben nicht vom Zauberfußball“

Besonders gefallen hat dem 65-Jährigen der Teamgeist, den David Alaba und Co. auf dem Feld zeigten. Während die Deutschen laut Coach Julian Nagelsmann nur außerhalb des Platzes als Freunde auftreten, bringt die ÖFB-Mannschaft den Spirit der Geschlossenheit auch auf den Rasen. „In dieser Mannschaft steckt unheimlich viel Energie. Sie spielen wie Freunde, das hat man heute auch gespürt. Da hat sich ein verschworener Haufen gebildet“, sagte Rangnick.

Das Abrufen dieser Tugend auf dem Rasen ist im Falle der österreichischen Nationalmannschaft unerlässlich, um Leistungen wie gegen Deutschland zeigen zu können. Dessen ist sich auch Rangnick bewusst. „Das war der Sieg einer echten Mannschaft. Wir haben auf jeder Position maximale Energie investiert“, lobte der ÖFB-Teamchef und ergänzte: „Wir brauchen dieses Level, um Spiele zu gewinnen. Das wissen sie (die Spieler, Anm.). Wir leben nicht vom Zauberfußball. Wir kommen über die Einstellung und die Mentalität.“

Coach Ralf Rangnick (AUT)
AP/Matthias Schrader
Die Philosophie von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick ist von seinen Spielern umgesetzt worden

Kein Verlust der Bodenhaftung

Die Befürchtung, dass sein Team nach dem Erfolg gegen Deutschland die Bodenhaftung verlieren könnte, hat Rangnick unterdessen nicht. Der Mannschaft ist nichts in den Schoß gefallen, die Erfolge seien das Produkt konsequenter Arbeit, sagte Rangnick. „Gegen eine gewisse Grundstimmung ist ja nichts einzuwenden. Ich kenne alle Jungs gut genug, die sind intelligent und bodenständig. Keiner wird anfangen zu glauben, dass wir jetzt ein rot-weiß-rotes Ballett sind. Jeder weiß, wie viel Bereitschaft da drinnen steckt“, stellte der Deutsche klar.

Für die Auslosung am 2. Dezember in Hamburg hat Rangnick kein Wunschlos. „Wir haben uns Topf zwei verdient. Jetzt schauen wir, was passiert. Wir wollen bei der EM weiterkommen. Wenn wir das schaffen wollen, müssen wir gegen jeden gewinnen. Wenn wir mit der gleichen Energie gegen den Ball spielen, dann können wir jeden schlagen. Dann ist mir gegen keinen Gegner bange“, sagte der Teamchef.

Keine Ratschläge an Deutschland

Von so einem Selbstbewusstsein kann EM-Gastgeber Deutschland aktuell nur träumen. DFB-Coach Nagelsmann sprach nach der Partie gegen Österreich von fehlender Dynamik und einer absurd hohen Rate an Ballverlusten. Ratschläge, wie sich die Alarmstimmung in seinem Heimatland bessern könnte, wollte Rangnick nicht geben: „Das Problem des deutschen Fußballs ist nicht mein Problem. Es steht mir nicht zu, dazu etwas zu sagen. Das ist auch nicht meine Aufgabe.“

Und von Mitleid für Nagelsmann wollte Rangnick schon gar nichts wissen. „Das braucht kein Trainer. Deutschland hat genug Qualität. Es ist keine Frage der Einzelspieler, am Ende ist es ein Mannschaftssport. Julian ist clever genug, dass er an den richtigen Schrauben dreht. Deutschland ist eine Mannschaft, der man das EM-Halbfinale zutrauen kann“, sagte Österreichs Teamchef, der in vier Monaten sein Team wieder zusammenrufen wird. Im März stehen zwei Testmatches an, zwei weitere folgen Anfang Juni, nach Gegnern und Spielorten wird noch gesucht.