Sportdirektor Christoph Freund (Bayern)
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Fußball

Freund schärft sein Profil bei Bayern

Am Samstag waren es 100 Tage, seit Christoph Freund das Amt des Sportdirektors bei Bayern München übernommen hat. Ein Geschenk gab es vonseiten der Mannschaft nicht, ganz im Gegenteil: Bei der Eintracht aus Frankfurt schlitterte man bei der ersten Ligasaisonniederlage sogar in ein 1:5-Debakel. Tags darauf fand der Salzburger klare Worte, davor trug ein Transfer erstmals seine Handschrift und im Winter greift er an – Freund schärft bei Bayern sein Profil.

Freund wirkte am Sonntag in der Fußballsendung „Doppelpass“ mit und sprach wie schon nach dem sensationellen Pokal-Aus gegen den 1. FC Saarbrücken Klartext. „Für mich war es grundsätzlich schon ein Einstellungsthema, wenn wir es nicht auf den Platz bringen. Wir können nicht in Frankfurt so in das Spiel gehen. Wir haben gut trainiert, gute Energie gespürt. Deswegen war das eigentlich unerklärbar.“ Die Niederlage sei „echt unerwartet“ gekommen.

Nach einer „kurzen Nacht“ ärgerte sich der 46-jährige Salzburger im TV-Sender Sport 1 immer noch über die Pleite. „Wir haben es einfach nicht auf den Platz und eine richtig schlechte Leistung gebracht“, sagte Freund, der seit 1. September im Amt ist. Es habe gewirkt, als ob man gesagt hätte, „wir spielen jetzt ein bisschen Fußball“. Dass der Nachfolger von Hasan Salihamidzic im stets hektischen Umfeld der Bayern klare Worte findet, gefällt Experten und Fans gleichermaßen.

Einstellung für Freund zu hinterfragen

Freund kam am Sonntag auch zum Pokal-Aus gegen Saarbrücken zurück, der Drittligist warf pikanterweise auch Eintracht Frankfurt aus dem Bewerb. „Es muss ja irgendeinen Grund geben, und es muss auch einen Grund geben, warum die Bayern die letzten Jahre nicht in Berlin im Finale standen. Wir haben auch gegen Saarbrücken verloren. Die haben das super gemacht, die waren richtig aggressiv, richtig willig, und wir waren nicht so bereit“, sagte Freund. „Wir haben eine richtig gute Mannschaft und Profis – dann muss man bereit sein.“

Thomas Tuchel, Zsolt Löw, Anthony Barry und Christoph Freund
IMAGO/Sven Simon/Frank Hoermann
Freund (r.) warf einen Blick auf den Frankfurter Videowürfel und traute offenkundig seinen Augen nicht

Dass Freund, der in seiner so erfolgreichen Zeit als Sportdirektor von Red Bull Salzburg bei Spielern und Funktionären gleichermaßen beliebt war, auch einmal auf den Tisch hauen kann, ist bekannt. Als es im Frühjahr der Mannschaft an der Einstellung mangelte, las Freund den Spielern nach einem 3:3 gegen Austria Wien die Leviten. Salzburg holte den zehnten Titel in Folge, und Freund wurde abgeworben.

Erster Transfer trägt seine Handschrift

Das lag freilich auch an seiner Transferpolitik. Freund wird ein gutes Auge für Talente nachgesagt, was in Salzburg offenkundig nicht zu übersehen war. Bayern-Patron Uli Hoeneß persönlich legte sich für eine Verpflichtung von Freund ins Zeug, unter der Woche gab man nun den Transfer von Bryan Zaragoza bekannt. Die Verpflichtung des 22-jährigen Spaniers trägt klar die Handschrift des neuen Sportdirektors, wie auch die anderen Interessenten (u. a. Leipzig, Brentford) beweisen.

„Bryan ist einer der Senkrechtstarter in Spanien und schon länger auf unserem Schirm. Er wird unsere offensiven Möglichkeiten erweitern“, sagte Freund. Sein Trainer Thomas Tuchel meinte zufrieden: „Wir haben einen sehr jungen und sehr hungrigen Spieler verpflichtet. Er ist ein bisschen ein Spätstarter, sehr selbstbewusst, ein guter Dribbler, stark im Eins-gegen-Eins und sehr schnell. Er hat viel Selbstvertrauen und viel Hunger. Wir sind glücklich, dass er zu uns kommt.“ Freund, der sich eigener Aussage zufolge in einem guten, weil auch ständigen Austausch mit Tuchel befindet, kündigte für die Wintertransferperiode an, dass „sie sicher nicht langweilig wird, es wird einiges passieren“.

Christoph Freund (Sportdirektor FC Bayern München)
IMAGO/Ulrich Wagner
Freund geht selbstbewusst in seine erste Transferzeit in München

Freund führte weiter aus: „Es ist eine spezielle Situation. Wir sind defensiv nominell nicht so groß aufgestellt. Dazu kommt, dass bei Afrika- und Asiencup Spieler von uns dabei sein werden. Im Winter ist es nicht so leicht, große Transfers zu tätigen, die dann langfristig dem Verein helfen. Deswegen müssen wir geschickte Lösungen finden.“ Freund, der sich bezüglich einer Vertragsverlängerung mit Bayern-Ikone Thomas Müller optimistisch gab, nannte auch Zielsetzungen.

„Die 20 besten Einzelspieler kann sich der FC Bayern München auch in Zukunft nicht leisten. Das ist auch nicht unser Ansatz, sondern der, eine der besten Mannschaften zu formen.“ Es gelte, in einem immer schwierigeren internationalen Umfeld mit klugen Entscheidungen zu punkten. Neben Stars und „richtigen Führungsspielern“ wolle man auch mehr Akteure aus dem Campus nach oben bringen. „Wir wissen, dass wir nicht alle Spieler für den FC Bayern entwickeln können. Aber es soll in Zukunft so sein, dass viele Spieler vom FC Bayern München Campus in der Bundesliga Fußballprofis sind. Das soll ein Markenzeichen vom FC Bayern in Zukunft werden“, sagte Freund, der eben auch deshalb von der Salzach an die Isar gelotst wurde.

Noch drei Spiele vor Weihnachtspause

Vorerst heißt es aber, nach dem Debakel in Frankfurt wieder in die Spur zu kommen. Tuchel betonte nach dem „herben Rückschlag“ sein Vertrauen in die Mannschaft. „Es bringt jetzt nichts, draufzuhauen und alles schlechtzureden. Wir sitzen alle im gleichen Boot. Wir brauchen exakt die Tugenden, die wir nur mangelhaft auf den Platz gebracht haben.“ Der 50-Jährige war um die eigene Fassung und um nüchterne Aussagen bemüht. „Wir sind erst mal mehr sauer als traurig.“

Eine neuerliche Verletzung von Serge Gnabry hob die Stimmung nicht. Der Flügelspieler, der schon fünf Minuten nach seiner Einwechslung wieder vom Platz musste, zog sich laut Bayern-Angaben eine Muskelsehnenverletzung im linken Adduktorenbereich zu. Der deutsche Teamspieler dürfte damit zumindest bis Jahresende ausfallen und die Partien gegen Manchester United in der Champions League sowie VfB Stuttgart und VfL Wolfsburg in der Liga verpassen. In der Königsklasse stehen die Bayern allerdings schon als Gruppensieger fest. Freund forderte dennoch auf der britischen Insel eine Reaktion, betonte aber im selben Atemzug: „Wir sind weit weg von einer Krise.“