Fernando (RBS)
AP/Matthias Schrader
Champions League

Salzburg landet auf dem Boden der Realität

Auf bittere Art und Weise ist der FC Salzburg am Dienstag erstmals in seiner Champions-League-Geschichte als Letzter in der Gruppenphase ausgeschieden. Bei der 1:3-Niederlage gegen Benfica Lissabon kassierte Österreichs Serienmeister erst in der 92. Minute das letztlich entscheidende Gegentor, das die Portugiesen noch vorbeiziehen ließ. Salzburg verkaufte sich in der Gruppe zwar teuer, landete am Ende aber auf dem Boden der Realität.

Letztlich behielten jene Experten recht, die Salzburg nach der Auslosung am Gruppenende sahen. Mit Real Sociedad gewann gar das Team aus Topf vier den Pool vor dem Champions-League-Finalisten der Vorsaison, Inter Mailand. In allerletzter Minute zog der Gruppenkopf aus Portugal dann auch noch an Salzburg vorbei, was das Ausscheiden besonders bitter machte, aber den Kräfteverhältnissen entspricht. Für Salzburg ist die Reise vorbei, Benfica steigt in die Europa League um.

„Wir haben eine unglaublich schwierige Gruppe erwischt. In den engen Spielen waren es Nuancen, die wir verpasst haben. Aber wir haben vier Punkte geholt in dieser Gruppe und müssen uns auch nicht schämen“, analysierte Tormann Alexander Schlager, der mit Abstand beste „Bulle“ in der Gruppenphase, der zahlreiche Glanzparaden ablieferte und die Salzburger vor mehr Gegentreffern bewahrte. So auch am Dienstag in Wals-Siezenheim, ehe Arthur Cabral die Gäste verdient jubeln ließ.

Benfica wirft Salzburg aus Europacup

Die Europacup-Saison des FC Salzburg ist vorbei. Österreichs Serienmeister musste sich am Dienstag zum Abschluss der Gruppenphase in der UEFA Champions League Benfica Lissabon verdient mit 1:3 (0:2) geschlagen geben und verpasste als Vierter den Umstieg in die Europa League.

„Ein harter Schlag ins Gesicht“

Weil es ganz knapp war, war die Enttäuschung über das Europacup-Aus besonders groß. „Das Gegentor war ein harter Schlag ins Gesicht,“ betonte Trainer Gerhard Struber nach der Partie. „Am Ende ist es ein sehr bitterer und schmerzhafter Moment, wenn man realisieren muss, dass wir es nicht drüber gekriegt haben.“ Seinen Spielern ging es nicht anders. „Man kann das gar nicht in Worte fassen“, meinte Schlager über den Moment, als der Ball doch noch den Weg über die Linie fand.

Gerhard Struber (RBS)
GEPA/Christian Moser
Das Team von Salzburg-Trainer Gerhard Struber schied in letzter Minute aus dem Europacup aus

Schlager hatte Salzburg bis in die Nachspielzeit im Spiel gehalten, doch das über 90 Minuten überlegene und viel gefährlichere Benfica hielt den Druck aufrecht und spielte mit der letzten Aktion seine Klasse aus. „Da sieht man auch die individuelle Qualität, von Timing, Passgenauigkeit und Kreativität“, lobte Struber den Gegner, allen voran Weltmeister Angel Di Maria. „Er hat diesem Spiel den Stempel aufgedrückt, es war schwierig, ihn in den Griff zu bekommen.“

Von Spiel zu Spiel defensiver

„Gegen so ein Team auf diesem Level braucht man einen besonderen Tag“, betonte der Kuchler. Den hatte man vor allem in der ersten Hälfte nicht. „In der ersten Halbzeit haben wir zu leichte Tore kassiert, ein Gegentor bei einer Standardsituation ist immer ärgerlich, vor dem zweiten Treffer haben wir in einem Umschaltmoment zu leicht den Ball weggegeben.“ Was die von Di Maria direkt verwandelte Ecke betrifft, meinte Schlager nach der Partie: „Es war eine sehr gute Ecke, ich sehe die Leute reinlaufen, weiß nicht, ob einer hinkommt oder nicht. Dann geht der Ball durch, und ich habe keine Zeit mehr zu reagieren.“ Nach vorne ging vor Seitenwechsel bei den Salzburgern nur ganz wenig.

Das Team wurde in der Gruppenphase auch zunehmend defensiver. Den überraschenden 2:0-Auftaktsieg in Lissabon erzwang man noch mit gewohntem Red-Bull-Fußball, ehe nach und nach umgestellt wurde, auch weil die Harmlosigkeit in der Offensive zunahm. Am Ende stehen nur vier Treffer zu Buche, so wenige erzielte Salzburg noch in keiner Gruppenphase. Formschwäche und Verletzungspech bei Spielern waren zudem wenig hilfreich. „Wir waren in der Verfügbarkeit nicht immer verwöhnt, haben aber Ergebnisse eingefahren“, betonte Struber, der etwa das ermauerte 0:0 auswärts gegen Real Sociedad ansprach und anfügte: „In der defensiven Ausrichtung haben wir richtig zugelegt.“

Salzburg lernt in Königsklasse nie aus

Nicht zuletzt kommt bei Salzburg immer wieder derselbe Faktor zum Tragen: das Alter. Salzburg kann mit seiner jungen Mannschaft Gegner vor ungewohnte Probleme stellen (siehe 2:0 in Lissabon), doch in den Schnittpartien fehlt besonders gegen Klassemannschaften die nicht zu unterschätzende Erfahrung. „Solche Spiele sind ein Turbo, um die Lernkurve nach oben zu treiben. Das ist unsere Realität gegen solche Gegner, das zu erleben“, sprach Struber in der Pressekonferenz an.

Salzburg in der CL

32 Spiele (inkl. K.-o.-Phase), 8 Siege, 8 Remis, 16 Niederlagen

2019/20: Dritter hinter Liverpool und Napoli, vor Genk

2020/21: Dritter hinter Bayern und Atletico, vor Lok Moskau

2021/22: Zweiter hinter Lille, vor Sevilla und Wolfsburg, Achtelfinal-Out gegen Bayern

2022/23: Dritter hinter Chelsea, Milan und vor Zagreb

2023/24: Vierter hinter Sociedad, Inter und Benfica

Nach jedem verlorenen Match in der Königsklasse ziehen Salzburger Spieler auch die Lehren, wobei davon früher oder später ihre nächsten Clubs profitieren. Das ist das Los der Salzburger, für das man sich aber auch bewusst entschieden hat. Der Erfolg gibt dem Club jedoch recht, man ist national seit 2014 Serienmeister. Und in der Königsklasse hält man nicht nur mit den besten Teams der Welt mit, man hat auch in fünf Saisonen nur einmal nicht zumindest den Umstieg in die Europa League geschafft. Heuer lag die Latte eben besonders hoch.

„Es war eine richtig schwere Gruppe, du brauchst Glück gegen solche großen Mannschaften, da sind wir nicht verwöhnt worden, was Schiedsrichterentscheidungen betrifft“, erinnerte Struber an geahndete und nicht geahndete Elfmeter vor allem in den Duellen mit Inter Mailand, die von der Leistung und von den Ergebnissen (1:2, 0:1) her überraschend knapp waren. Am Ende setzte sich aber wie so oft der Favorit durch. „Leistungsmäßig waren wir auf Augenhöhe, es braucht aber besondere Momente, um die nötigen Punkte einzufahren“, erklärte Struber.

Fokus auf das Frühjahr

Vier Zähler reichten 2020 noch zum Umstieg in die Europa League, dieses Mal nicht. Deswegen überwintern die Salzburger erstmals seit 2016/17 nicht im Europacup und können sich voll auf Meisterschaft und Cup konzentrieren. Nach einer Pause, die nicht nur den vielen verletzten Spielern entgegenkommt, kann Struber erstmals mit der Mannschaft über einen längeren Zeitraum ohne Spiele arbeiten.

„Wir haben dann eine Vorbereitung und wir können auch unsere Dinge besser einschleifen und trainieren. Wir werden im Frühjahr in Bundesliga und Cup versuchen, klarer den Ton anzugeben, als das in den letzten Wochen der Fall war“, sagte der 46-Jährige, der dem nach Saudi-Arabien abgewanderten Matthias Jaissle kurz vor Saisonbeginn folgte. Österreichs Meister hat auch für die Saison 2024/25 einen CL-Fixplatz, wenn die Königsklasse im neuen Ligenformat ausgetragen wird. Da wollen die Salzburger ein gewichtigeres Wort mitreden.

Champions League, Gruppe D, sechster Spieltag

Dienstag:

Salzburg – Benfica Lissabon 1:3 (0:2)

Stadion Wals-Siezenheim, 27.134, SR Siebert (GER)

Torfolge:
0:1 Di Maria (32.)
0:2 Rafa Silva (45.+1)
1:2 Sucic (57.)
1:3 Cabral (92.)

Salzburg: A. Schlager – Baidoo, Piatkowski, Pavlovic, Dedic – Gourna-Douath – Bidstrup (95./Simic), Gloukh (81./Kameri), Sucic – Ratkov (55./Fernando), Nene (55./Koita)

Benfica: Trubin – Aursnes, Araujo, Otamendi, Mortao – Kökcü (68./Guedes), Joao Neves – Di Maria, Rafa Silva (94./Florentino), Joao Mario (91./Cabral) – Tengstedt (46./Musa)

Gelbe Karten: Gourna-Douath (im nächsten Europa-League-Spiel gesperrt), Ratkov, Kameri, A. Schlager bzw. Morato, Musa