Jubel von Luke Humphries
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Darts-WM

„Game on“: Die Welt ist wieder eine Scheibe

Ab Freitagabend wird die Sportwelt wieder zu einer Scheibe, und im Alexandra Palace von London heißt es „Game on“. Darts zieht über Weihnachten und Neujahr Millionen Fans in seinen Bann. Am 3. Jänner wird der neue Champion gefeiert. Die 31. Weltmeisterschaft der Professional Darts Corporation (PDC) zeichnet sich durch eine große Dichte an Titelanwärtern aus. Ein Österreicher mischt mit, und eine Legende nimmt Abschied.

Die Darts-Welt ist zusammengerückt. In den letzten Jahren sind Spiele mit einem Schnitt von 100 Punkten schon eher die Regel denn die Ausnahme. Erst Ende November zeigte Michael van Gerwen bei den Players Championships mit dem fünfthöchsten Schnitt in TV-Spielen von 118,5 Zählern auf. Zahlreiche Spieler sind mittlerweile dazu in der Lage, die Dichte an der Weltspitze ist enorm.

Jeder kann jeden schlagen. Wenn ein Spieler einen guten Tag hat, wird die Weltrangliste zur Reihung ohne Wert. Junge Spieler wie das erst 16-jährige Ausnahmetalent Luke Littler, der seinem Alter in allen Belangen weit voraus scheint, drängen nach. Über Sieg oder Niederlage entscheiden einzelne Momente der Unkonzentriertheit. Die ersten sechs Major-Turniere des Jahres sahen unterschiedliche Sieger, ehe der Engländer Luke Humphries durchstartete.

Der Weltmeister ist gefordert

Der große Gejagte bei der WM ist Titelverteidiger Michael „Bullyboy“ Smith, der im letzten Finale gegen van Gerwen nicht nur mit einem perfekten Spiel, einem „Neundarter“, im besten Leg aller Zeiten glänzte, nachdem van Gerwen acht perfekte Pfeile geworfen hatte, sondern sich auch erstmals die Sid Waddell Trophy und den Siegerscheck über 500.000 Pfund (rund 580.000 Euro) schnappte.

Michael Smith jubelt mit dem WM-Pokal in Händen
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Weltmeister Michael „Bullyboy“ Smith zählt diesmal nur zum erweiterten Favoritenkreis

Allerdings ließen die Ergebnisse des Weltranglistenersten in letzter Zeit zu wünschen übrig. „Es hat etwas auf der Bühne gefehlt, aber es gibt keinen besseren Ort, genau das zu finden, als die WM“, erklärte der 33-jährige Smith, der als hochbegabter Spieler nach seinem ersten WM-Titel sein Level nicht halten konnte.

„Cool Hand Luke“ oder doch „Mighty Mike“?

Erster Herausforderer im „Ally Pally“ ist traditionell der dreifache Champion van Gerwen, der letzte WM-Titel des niederländischen Rankingzweiten (2019) ist allerdings schon ein paar Jahre her. Doch mit „Mighty Mike“ ist immer zu rechnen. 2023 spielte er einen Saisonschnitt von 98 Punkten, die viertbeste Marke.

Michael van Gerwen
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Auch wenn Michael van Gerwen den Nimbus seiner Unschlagbarkeit eingebüßt hat, ist er der Mann, den es zu schlagen gilt

Das Selbstbewusstsein ist dem Mann mit 100 Turniersiegen nicht abhandengekommen. „Ich weiß, dass ich zu den Favoriten gehöre“, so der 34-Jährige, der den Nimbus seiner Unschlagbarkeit der Konkurrenz mantraartig unter die Nase reibt. „Ich glaube, wenn ich mein A-Game spiele, kann mich niemand schlagen.“

„Das ist mein Jahr“

Doch der herausragende Akteur der letzten Wochen war Luke Humphries. Der Engländer gewann im Herbst gleich drei Major-Titel. Besonders beeindruckend dabei sein 11:9-Finalsieg bei den Players Championships gegen van Gerwen, der einen Neundarter spielte, nach 5:9-Rückstand. Humphries spielte in seinen letzten 200 Legs einen Schnitt von 101 Punkten. Zum Vergleich: Der Schnitt auf der Profittour der PDC liegt bei rund 92.

„Ich bin voller Selbstvertrauen“, so Humphries, der allein heuer 670.000 Pfund an Preisgeld einspielte und damit doppelt so viel wie der zweitplatzierte Nathan Aspinall. „Das macht mich gefährlich. Ich habe mich noch nie so bereit für den Titel gefühlt und glaube wirklich, dass heuer mein Jahr ist.“ Ob Humphries wirklich das Zeug zum Weltmeister hat, wird von manchen Beobachtern noch infrage gestellt. Fest steht jedenfalls, dass die Konkurrenz rund um die ehemaligen Titelträger Gerwyn Price, Peter Wright, Rob Cross und dem wiedererstarkten Gary Anderson gefährlich wie je und eh ist.

Rusty-Jake Rodriguez bereits out

Rusty-Jake Rodriguez in der ersten Runde klar gescheitert. Der 22-jährige Wiener musste sich am Freitag dem Schotten Cameron Menzies mit 0:3 geschlagen geben. Damit ist Österreich beim Titelkampf im „Ally Pally“ nicht mehr vertreten. An seinen Schnitt von 107 Punkten im Finale der WM-Qualifikation kam er diesmal mit 81,83 nicht heran.

Rusty-Jake Rodriguez
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Rusty-Jake Rodriguez jagte die Pfeile zuletzt wieder punktgenau auf die Scheibe

Tourkarte steht auf dem Spiel

Für den jungen, talentierten Österreicher ist damit wohl auch die Spielberechtigung für die PDC-Profitour in weiter Ferne, dafür hätte der Wiener wohl mindestens das Achtelfinale erreichen müssen. Rodriguez hatte sich trotz einer langwierigen Gelenksblessur an der Wurfhand ein WM-Ticket gesichert und dabei das rot-weiß-rote Darts-Ass Mensur Suljovic eliminiert.

Suljovic verpasst erstmals seit elf Jahren das Saisonhighlight. Rusty-Jakes älterer Bruder Rowby-John Rodriguez – derzeit als bester Österreicher in der Weltrangliste auf Platz 48 – scheiterte ebenfalls. Es war für Suljovic und Rowby-John Rodriguez der Schlusspunkt hinter einer enttäuschenden Saison, auch wenn Rowby-John am Ende nur wenige hundert Pfund Preisgeld für eine WM-Fixqualifikation fehlten.

Die „Stimme“ des Darts tritt ab

Zum letzten Mal dabei sein wird Russ Bray. Die Caller-Legende bekommt im Finale am 3. Jänner seinen letzten großen Auftritt auf der Darts-Bühne. Der 66-jährige Engländer trug mit seiner markanten Reibeisenstimme auch zum Aufstieg von Darts in der öffentlichen Wahrnehmung außerhalb Großbritanniens in den letzten Jahren bei.

Referee Russ Bray
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„Onehundredandeighty“: Den unvergleichlichen Darts-Ruf von Russ Bray werden die Fans vermissen

Sein Ruf „One hundred and eighty“ für das Punktemaximum von 180 Zählern für eine Aufnahme mit drei Pfeilen hallte seit 1996 durch die Hallen und elektrisierte die Fans fast ebenso wie die Würfe der Darts-Kapazunder und wurde zu einem der Markenzeichen der PDC.

Greaves verzichtet und wird Weltmeisterin

Ein weiteres Merkmal der Darts-WM ist neben dem Spielmodus auf Gewinnsätze anstelle von einzelnen Legs seit 2019 auch die Teilnahme von Frauen. Mit der Engländerin Fallon Sherrock, die seit ihren Siegen über Ted Evetts und Suljovic bei der WM 2019 ebenfalls ein PDC-Aushängeschild geworden ist, und der Japanerin Mikuru Suzuki sind zwei Frauen bei dieser WM dabei, eine weniger als im Vorjahr.

Beau Greaves mit der Siegestrophäe der Frauen-WM
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Beau Greaves ist aktuell die spielstärkste Frau, verzichtete jedoch freiwillig auf eine Teilnahme ab der PDC-WM

Denn die 19-jährige Beau Greaves verzichtete auf eine Teilnahme, weil sie einen Start bei der Frauen-WM des Konkurrenzverbandes WDF bevorzugte, wo sie sich Anfang Dezember ungefährdet ihren zweiten Titel abholte. Die PDC hatte ihren Spielern und Spielerinnen die Teilnahme an beiden Titelkämpfen untersagt.

Darts-WM 2024 in London

Erste Runde ("Best of five"-Sätze):
Kevin Doets (NED) Stowe Buntz (USA) 3:0
Mike De Decker (BEL) Dragutin Horvat (GER) 3:0
Niels Zonneveld (NED) Darren Webster (ENG) 3:1
William O'Connor (IRL) Bhav Patel (IND) 3:0
Thibault Tricole (FRA) Mario Vandenbogaerde (BEL) 3:1
Jeffrey de Graaf (SWE) Ritchie Edhouse (ENG) 3:2
Steve Lennon (IRL) Owen Bates (ENG) 3:2
Jamie Hughes (ENG) David Cameron (CAN) 3:1
Jim Williams (WAL) Norman Madhoo (GUY) 3:0
Radek Szaganski (POL) Marko Kantele (FIN) 3:2
Matt Campbell (CAN) Lourence Ilagan (PHI) 3:2
Luke Littler (ENG) Christian Kist (NED) 3:0
Connor Scutt (ENG) Krzysztof Kciuk (POL) 3:0
Mickey Mansell (NIR) Zong Xiao Chen (CHN) 3:0
Boris Krcmar (CRO) Keegan Brown (ENG) 3:1
Simon Whitlock (AUS) Paolo Nebrida (PHI) 3:2
Keane Barry (IRL) Reynaldo Rivera (PHI) 3:1
Richard Veenstra (NED) Ben Robb (NZL) 3:0
Florian Hempel (GER) Dylan Slevin (IRL) 3:1
Ryan Joyce (ENG) Alex Spellman (USA) 3:1
Scott Williams (ENG) Haruki Muramatsu (JPN) 3:2
Jermaine Wattimena (NED) Fallon Sherrock (ENG) 3:1
Martin Lukeman (ENG) Haupai Puha (NZL) 3:1
Berry van Peer (NED) Luke Woodhouse (ENG) 3:2
Lee Evans (ENG) Sandro Eric Sosing (PHI) 3:0
Ricardo Pietreczko (GER) Mikuru Suzuki (JPN) 3:0
Darren Penhall (AUS) Jules van Dongen (USA) 3:1
Tomoya Goto (JPN) Ian White (ENG) 3:1
Ricky Evans (ENG) Simon Adams (RSA) 3:0
Steve Beaton (ENG) Wessel Nijman (NED) 3:1
Cameron Menzies (SCO) Rusty-Jake Rodriguez (AUT) 3:0
Man Lok Leung (HKG) Gian van Veen (NED) 3:2
Zweite Runde ("Best of five"-Sätze):
Michael Smith (ENG/1) Kevin Doets (NED) 3:2
Madars Razma (LAT/32) Mike De Decker (BEL) 3:1
Ross Smith (ENG/16) Niels Zonneveld (NED) 3:1
Chris Dobey (ENG/17) William O'Connor (IRL) 3:2
Rob Cross (ENG/8) Thibault Tricole (FRA) 3:0
Jeffrey de Graaf (SWE) Jose de Sousa (POR/25) 3:1
Jonny Clayton (WAL/9) Steve Lennon (IRL) 3:1
Krzysztof Ratajski (POL/24) Jamie Hughes (ENG) 3:1
Jim Williams (WAL) Peter Wright (SCO/4) 3:0
Raymond van Barneveld (NED/29) Radek Szaganski (POL) 3:1
Matt Campbell (CAN) James Wade (ENG/13) 3:2
Luke Littler (ENG) Andrew Gilding (ENG/20) 3:1
Gerwyn Price (WAL/5) Connor Scutt (ENG) 3:0
Brendan Dolan (NIR/28) Mickey Mansell (NIR) 3:2
Boris Krcmar (CRO) Dirk van Duijvenbode (NED/12) 3:1
Gary Anderson (SCO/21) Simon Whitlock (AUS) 3:0
Michael van Gerwen (NED/2) Keane Barry (IRL) 3:0
Richard Veenstra (NED) Kim Huybrechts (BEL/31) 3:0
Florian Hempel (GER) Dimitri van den Bergh (BEL/15) 3:2
Stephen Bunting (ENG/18) Ryan Joyce (ENG) 3:0
Scott Williams (ENG) Danny Noppert (NED/7) 3:0
Martin Schindler (GER/26) Jermaine Wattimena (NED) 3:1
Damon Heta (AUS/10) Martin Lukeman (ENG) 3:1
Berry van Peer (NED) Josh Rock (NIR/23) 3:1
Luke Humphries (ENG/3) Lee Evans (ENG) 3:0
Ricardo Pietreczko (GER) Callan Rydz (ENG/30) 3:2
Joe Cullen (ENG/14) Darren Penhall (AUS) 3:0
Ryan Searle (ENG/19) Tomoya Goto (JPN) 3:1
Ricky Evans (ENG) Nathan Aspinall (ENG/6) 3:0
Daryl Gurney (NIR/27) Steve Beaton (ENG) 3:1
Dave Chisnall (ENG/11) Cameron Menzies (SCO) 3:1
Gabriel Clemens (GER/22) Man Lok Leung (HKG) 3:1