Real-Madrid-Spieler David Alaba verlässt gestützt von medizinischem Personal das Spielfeld
IMAGO/CordonPress/900
Fußball

Alabas ungewisser Wettlauf gegen die Zeit

Exakt sechs Monate vor dem ersten Spiel der Österreicher bei der EM 2024 in Deutschland gegen Frankreich hat das heimische Fußballnationalteam am Sonntag eine Hiobsbotschaft erreicht. Der Riss des vorderen linken Kreuzbandes bei Real-Madrid-Legionär David Alaba war „für uns ein Schock“, wie ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel im ORF-Interview erklärte. Was die EM-Teilnahme betrifft, möchte der Wiener nicht spekulieren. Der renommierte Kniechirurg Christian Fink schätzt die Ausfalldauer von Alaba aber auf sechs bis zwölf Monate ein.

Damit würde der ÖFB-Teamkapitän, der offenbar in Innsbruck operiert werden wird, mit seiner beim 4:1 gegen Villarreal erlittenen schweren Knieverletzung die Endrunde in Deutschland ab 14. Juni – Österreich startet am 17. Juni in Düsseldorf gegen Frankreich – mit ziemlicher Sicherheit verpassen. „Es gibt keine Wunderheilung, eine Kreuzbandverletzung braucht immer Zeit“, sagte Fink zur APA.

Ganz abschreiben wollte er Alaba im Rennen gegen die Zeit aber nicht. „Es hängt von der Reha ab, vom genauen Verletzungsbild – und wie viel Risiko der Patient bereit ist zu gehen“, erklärte Fink. Das oft zitierte halbe Jahr Ausfalldauer im Spitzensport bezeichnete Fink aber als das Minimum. „Jeder Monat mehr verringert das Risiko einer neuerlichen Verletzung.“ Alabas etwas fortgeschrittenes Alter von 31 Jahren sei für die Geschwindigkeit der Genesung noch kein Kriterium.

Alaba bangt um EM

Ein scheinbar harmloser Stolperer hat am Sonntagabend bei David Alaba große Wirkung gehabt. Das Missgeschick des Legionärs von Real Madrid beim 4:1-Heimsieg gegen Villarreal brachte ihm einen Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie ein und lässt damit auch seine Teilnahme an der EM stark wackeln.

Schöttel war „entsetzt“

Der Abwehrchef blieb im Meisterschaftsspiel zwischen Real Madrid und Villarreal in der 32. Minute bei einem Zweikampf mit Gerard Moreno unglücklich im Rasen hängen. Er verdrehte sich dabei das Knie und musste von zwei Betreuern vom Platz gebracht werden. „Ich war entsetzt, als das Knie verdreht war, und hatte da auch schon Schlimmes befürchtet“, erklärte Schöttel, der auch schon mit Alaba gesprochen hat. „Er ist natürlich sehr niedergeschlagen.“

Peter Schöttel
GEPA/Walter Luger
ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel erreichte am Sonntag eine sportliche Hiobsbotschaft

Dem 56-jährigen Wiener erging es nicht anders als allen anderen, die die Szene und die weitere Entwicklung verfolgt haben. „Es ist für uns ein Schock, genauso wird es für Real Madrid ein großes Problem darstellen, wenn sie ihren besten Innenverteidiger in den nächsten Monaten nicht zur Verfügung haben. In erster Linie geht es aber um den Spieler, der mit seinen Mannschaften unterschiedliche Ziele hat.“

„Kurzer Zeitraum bis zur EM“

Ein ganz großes Ziel ist freilich die Endrunde in Deutschland, für die sich Alaba und die Mannschaft von Teamchef Ralf Rangnick souverän qualifiziert hatten. „Es ist bekannt, dass die EM in sechs Monaten ist und dieser Zeitraum nach einer Kreuzbandverletzung ein kurzer ist, ist auch klar. Aber da muss man die nächsten Wochen oder Monate abwarten. Wir wissen, wie David ehrgeizig ist, aber das wäre alles Spekulation. Wir hoffen natürlich auf ihn“, betonte Schöttel.

„David ist Kapitän, hat überragende Leistungen in der Qualifikation gezeigt und ist ein Schlüsselspieler, der nicht eins zu eins zu ersetzen ist. Es würde uns richtig wehtun, wenn er uns fehlt“, so Schöttel. Auch bei Real war man trotz des Sieges traurig, schließlich fällt nach Goalie Thibaut Courtois und Innenverteidigerkollegen Eder Militao schon der dritte Spieler mit einem Kreuzbandriss aus. „Das habe ich noch nicht erlebt, das ist einfach unglaublich“, meinte Trainer Carlo Ancelotti.

Sane fiel einst sieben Monate aus

Kniechirurg Fink gehört mit seinem Hochrumer Team von Gelenkpunkt zu den besten Kniechirurgen überhaupt. Österreichs Skistars setzen auf die Expertise, aber auch Fußballer wie Bayern-Star Leroy Sane hat Fink schon operiert. 217 Tage betrug damals die Ausfallzeit des deutschen Teamspielers. Zum Vergleich: Bis der ÖFB Ende Mai in das EM-Teamquartier einrückt, bleiben etwa 160 Tage, rund drei Wochen später startet Österreich dann in das EM-Geschehen.

Christian Fink
GEPA/Amir Beganovic
Christian Fink gehört zu den renommierten Kniechirurgen in diesem Land

Auf die Frage, ob auch Alaba bei ihm auf dem Operationstisch liegen könnte, gab sich Fink bedeckt. „Das weiß man nie.“ Das Kreuzband, es gibt ein vorderes und hinteres Kreuzband, ist ein Band im Gelenk, das das Knie stabilisiert – gegen eine Schiebe- und Rotationsbewegung. Die Seitenbänder stabilisieren seitlich, das vordere Kreuzband nach vorne. Das vordere Kreuzband sei vor allem bei Sportarten mit Stop-and-go-Bewegungen wie Fußball und Handball oft betroffen, sagte Fink. Man kann der Verletzung auch ohne Operation mit Physiotherapie entgegenwirken – das kommt eher außerhalb des Spitzensports vor.