Die Skispringer Andreas Wellinger (Deutschland) und Stefan Kraft (Österreich)
AP/NTB Scanpix/Geir Olsen
Tournee

Wer um den Sieg mitspringen könnte

Der Favorit der am Freitag mit dem Auftaktspringen in Oberstdorf (17.15 Uhr, live in ORF1) beginnenden Vierschanzentournee kommt aus Österreich. Stefan Kraft ist der beste Springer der bisherigen Saison, er soll die neunjährige Durststrecke ohne Tournee-Triumph für den ÖSV beenden. Ebenfalls mit Ambitionen startet aber auch ein deutsches Trio in die 72. Ausgabe des Events, genauso wie weitere Österreicher und ein Tournee-Spezialist.

Mit fünf Siegen in acht Bewerben, darunter die Generalprobe, schlüpfte Kraft in die Favoritenrolle. Der 30-jährige Salzburger, in der Saison 2014/15 der bisher letzte heimische Tournee-Sieger, wird zumindest bei den ersten Stationen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen das Gelbe Trikot des Gesamtweltcup-Führenden tragen. „Das heißt, ich bin bislang sehr gut gesprungen. So eine Rolle habe ich bislang auch nicht gehabt, nehme sie aber gerne an“, so Kraft im ORF.

Die Rückenprobleme hat Kraft in der kurzen Pause unter Kontrolle gebracht. Deshalb ist die Zuversicht beim Salzburger groß, nach Jahren voller Rückschläge wieder zu jubeln und im Idealfall nach dem Dreikönigsspringen in Bischofshofen den Goldenen Adler zum zweiten Mal in den Händen zu halten. „Ich werde einfach die Handbremse lösen und zeigen, was ich draufhabe. Ich weiß genau, was ich zu tun habe“, sagte der 30-Jährige, der seinen dritten Tournee-Tagessieg nach Oberstdorf 2014 und 2016 anpeilt.

Stefan Kraft (AUT)
GEPA/Matic Klansek
Der Siegesjubel von Stefan Kraft ist in dieser Saison ein gewohntes Bild gewesen

Geiger und Co. wollen es wissen

Doch auch das zweite Ausrichterland hegt Hoffnungen auf den Titel: Deutschland wartet noch deutlich länger auf einen Triumph – zuletzt holte Sven Hannawald den Titel 2002, damals als erster Springer überhaupt auch mit allen vier Tagessiegen.

Das deutsche Herausforderertrio wird von Karl Geiger angeführt. Der zweifache Saisonsieger aus Oberstdorf hofft in der Heimat auf einen Start nach Maß, ähnlich wie vor drei Jahren. Damals feierte Geiger auf der Schattenbergschanze einen Auftaktsieg, beendete die Tournee aber als Zweiter. Eine Saison zuvor war er Dritter geworden, eine Saison danach reichte es zu einem vierten Gesamtplatz. Der 30-jährige Mixed-Team-Weltmeister triumphierte heuer zweimal in Klingenthal und sprang dreimal als Vierter knapp am Podest vorbei.

Der deutsche Skispringer Karl Geiger
Reuters/Borut Zivulovic
Karl Geiger war schon nahe am Gesamtsieg dran

Auch Andreas Wellinger, der die Qualifikation in Oberstdorf für sich entscheiden konnte, darf sich berechtigte Hoffnungen auf seinen ersten Tournee-Sieg machen. Der Team-Olympiasieger von Sotschi und Normalschanzen-Olympiasieger von Pyeongchang ist im Gesamtweltcup der erste Verfolger von Kraft. Der 28-Jährige stand zuletzt viermal auf dem Stockerl und bewies mit sieben Top-Fünf-Platzierungen Konstanz auf höchstem Niveau. Wellinger freut sich auf österreichisch-deutsche Duelle an der Spitze: „Natürlich ist es schön, dass wir diese Rivalität haben. Das macht die Tournee aus. Das macht die Teams auch aus. Ohne das Duell wäre es ein bisschen fad.“

Routinier Pius Paschke befindet sich in der Form seines Lebens und könnte ebenfalls dafür sorgen, dass die deutsche Durststrecke ohne Tournee-Sieg seit Sven Hannawald 2002 ein Ende nimmt. Der 33-Jährige feierte in Engelberg seinen ersten Weltcup-Sieg überhaupt. In dieser Saison war Paschke immer in den Top Acht, außerdem gelangen ihm zwei weitere Stockerlplätze. Der beste Gesamtrang bei der Tournee war für Paschke ein 20. Platz in der Saison 2019/20.

Auch Hörl und Kobayashi sind zu beachten

Jan Hörl ist der zweite ÖSV-Adler, der sich nach den bisher gezeigten Leistungen in den Kampf um den Gesamtsieg einmischen könnte. Drei Stockerlplätze, darunter ein zweiter Platz in Engelberg, hat der 25-jährige Salzburger in dieser Saison bereits ersprungen. Der Team-Olympiasieger sei bei perfekten Sprüngen nahezu auf Augenhöhe mit Kraft, sagte ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl. Einzig die Konstanz ließ heuer noch ein wenig zu wünschen übrig.

Der japanische Tournee-Spezialist Ryoyu Kobayashi könnte das Triple schaffen. Bereits 2018/19 (mit vier Siegen) und 2021/22 triumphierte der Normalschanzen-Olympiasieger bei der Vierschanzentournee, dieses Mal befindet sich der 27-Jährige in der Außenseiterrolle. In Klingenthal jubelte Kobayashi als Dritter über einen Podestplatz. Anders als der norwegische Titelverteidiger Halvor Egner Granerud (derzeit Gesamt-13.) durfte sich Kobayashi zudem in dieser Saison schon über mehrere Spitzenergebnisse in den Top Ten freuen.