Es hätte damals auch ans Meer gehen können, an den Strand, mit viel Sonne. Der Schnee sei nicht optimal, hatte Michael Schumacher noch vor dem anstehenden Winterurlaub in den französischen Alpen vor zehn Jahren seiner Frau gesagt. „Wir könnten ja nach Dubai fliegen, dann gehen wir springen“, so der leidenschaftliche Fallschirmspringer. Sie entschieden sich dann aber doch für die Berge und das Skifahren.
Um kurz nach elf Uhr an jenem Sonntag passierte es. „Michael ist bei einem privaten Skitrip in den französischen Alpen auf den Kopf gestürzt. Er wurde ins Krankenhaus gebracht und wird medizinisch professionell versorgt“, teilte seine Sprecherin Sabine Kehm mit. Die Dramatik wird aus diesen Worten nicht klar. Es waren Stunden, in denen es für den zweifachen Familienvater um Leben und Tod ging.
Folgenschwerer Unfall in Meribel
Noch dort, wo der damals noch 44-jährige Schumacher bei einem Schwung am Rand einer markierten Piste gegen einen Stein stieß und ausgehebelt wurde, versorgten ihn die Bergretter. Er war ansprechbar, aber verwirrt. Der Helm, den er trug, ging bei dem Aufprall kaputt. Fremdverschulden konnte die ermittelnde Staatsanwaltschaft später ausschließen. Schumacher war auch nicht schnell unterwegs.
Wie schwer die Verletzungen waren, ließ sich zunächst nur vage erahnen. Eine Welle der Anteilnahme am Schicksal des bis dahin mit Abstand erfolgreichsten Formel-1-Piloten und eines der weltweit bekanntesten Deutschen brach los. Kumpel Sebastian Vettel schickte noch eine SMS. „Hab gehört, du bist gestürzt, hoffe, es ist nichts Schlimmeres, gute Besserung“, verriet Vettel später den Inhalt. „Werd bitte schnell wieder gesund“, postete der damalige deutsche Nationalteamspieler Lukas Podolski in den sozialen Netzwerken.
Festgestellt wurde ein „Kopftrauma mit Koma“, wie die behandelnden Mediziner an jenem späten Sonntagabend erklärten. Schwere Unfälle in der Formel 1 und auch auf dem Motorrad hat der siebenfache Weltmeister glimpflich überstanden. Nun war sein Zustand „außerordentlich ernst“, wie die Ärzte in einer Pressekonferenz am 30. Dezember 2013 verlautbarten. Schumacher schwebte in Lebensgefahr.
Keine Informationen über Zustand
Ende Jänner erst erklärte Schumachers Managerin, dass die Narkosemittel seit Kurzem reduziert werden, „um ihn in einen Aufwachprozess zu überführen, der sehr lange dauern kann“. Anfang April 2014 teilte sie mit: „Er zeigt Momente des Bewusstseins und des Erwachens.“ Mitte Juni ließ Kehm schließlich wissen, dass Schumacher nicht mehr im Koma sei. „Michael hat das CHU Grenoble verlassen, um seine lange Phase der Rehabilitation fortzusetzen.“
Wie es Michael Schumacher seitdem geht, ist nicht bekannt. Versuche, ihm nahezukommen oder anderweitig Informationen über seinen Zustand zu bekommen, gab es vor allem in der Anfangsphase. Ein Journalist, der sich als Priester verkleidete und in Schumachers Zimmer im Krankenhaus wollte, ist nur ein Beispiel.
Im August 2014 wurde ein hochrangiger Mitarbeiter der Schweizerischen Rettungsflugwacht REGA festgenommen. Die Ermittlungsbehörde eröffnete ein Strafverfahren wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses. Teile von Michael Schumachers Krankenakte waren zuvor verschiedenen Medien angeboten worden. Der REGA-Mitarbeiter wurde einen Tag nach seiner Festnahme erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Dritteinwirkung schloss die Staatsanwaltschaft aus.
„Jetzt beschützen wir Michael“
Michael Schumachers Befinden bleibt ein Rätsel – und diese Tatsache ist ein Phänomen. „Es ging immer darum, Privates zu schützen“, erklärte der Medienanwalt der Familie Schumacher, Felix Damm, im Oktober. „Michael hat uns immer beschützt, jetzt beschützen wir Michael“, sagte Corinna Schumacher in einer Dokumentation, die seit 2021 bei Netflix zu sehen ist. Darin gibt die Familie mit Corinna, Mick und dessen Schwester Gina zum ersten Mal auch Einblicke in das Zusammenleben nach dem Unfall. „Wir leben zu Hause zusammen, wir therapieren, wir machen alles, damit es Michael besser geht und gut geht und dass er unseren Familienzusammenhalt auch einfach spürt“, erzählte Corinna Schumacher. „Jeder vermisst Michael. Aber Michael ist ja da, anders, aber er ist da, und das gibt uns allen Kraft.“