Schwerer Sturz des norwegischen Skifahrers Aleksander Aamodt Kilde
AP/Alessandro Trovati
Ski Alpin

Stürze in Wengen stoßen Diskussion an

Drei folgenschwere Stürze bei den drei Speed-Rennen in Wengen an drei Tagen trüben aktuell die Sicht auf den alpinen Skiweltcup. Nach Marco Kohler und Alexis Pinturault verletzte sich am Samstag auch Aleksander Aamodt Kilde. Der Norweger blutete heftig am Bein und wurde mit einem Hubschrauber abtransportiert. Für zahlreiche Athleten, Trainer und Experten ist der Terminkalender ein auslösender Faktor. „Nicht mehr normal“, urteilte etwa Cyprien Sarrazin.

Während der TV-Übertragung im ORF wurden folgende Worte von Lauberhorn-Sieger Marco Odermatt eingefangen: „Ich hoffe, das ist das letzte Mal, nie wieder drei Rennen hintereinander.“ Der Schweizer Superstar ist einer von mehreren, die auf das dichte Programm in dem Schweizer Bergdorf hinwiesen. Nach zwei Trainings am Dienstag und Mittwoch gab es am Donnerstag eine verkürzte Abfahrt, die ein in Beaver Creek abgesagtes Rennen ersetzte. Am Freitag folgte der längste Super-G im Weltcup, am Samstag die längste Abfahrt.

Dabei stürzte Kilde in der Zielkurve und krachte mit voller Wucht aus spitzem Winkel in das Sicherheitsnetz. Der 31-Jährige erlitt laut Angaben des norwegischen Verbandes eine Schnittwunde am Unterschenkel und zog sich außerdem eine Schulterluxation zu. Am Donnerstag war der Schweizer Kohler gestürzt und hatte unter anderem einen Kreuzbandriss erlitten. Dieselbe Verletzung ereilte 24 Stunden später auch den Kombi-Weltmeister und früheren Gesamtweltcup-Sieger Pinturault aus Frankreich.

Kritik an dichtem Rennprogramm

Im Skiweltcup reißt die Serie folgenschwerer Stürze nicht ab. Nach der Kreuzbandverletzung von Marco Schwarz in Bormio haben nun auch die Lauberhorn-Rennen in Wengen prominente Opfer gefordert.

„Nicht immer ist mehr besser“

„Man sieht, was dieser Sport an Kräften abverlangt, mit diesem Programm. Ihm ist da wirklich die Kraft ausgegangen“, bezog sich ÖSV-Cheftrainer Marko Pfeifer auf Kilde. „Das ist nicht normal, denn Aleks ist der stärkste Skifahrer der Welt“, sagte Super-G-Gewinner Sarrazin. Odermatt meinte im ORF-Interview: „Das ist keine Kritik, hoffentlich aber eine Lehre für alle, für jeden Austragungsort, für jeden Verband, für die FIS, dass nicht immer mehr besser ist.“ Die Gesamtzahl an Rennen, die in dieser Saison angesetzt sind, sei einfach zu hoch.

Der Schweizer Skifahrer Marco Odermatt
AP/Alessandro Trovati
Odermatt konnte angesichts des Kilde-Sturzes seinen Triumph nicht vollends genießen

Diese Meinung teilen auch andere Protagonisten im Weltcup-Zirkus. „Das Gefühl, das ich heute habe, ist offensichtlich, dass es zu viel ist. Auch weil es heute nicht nur Aleks ist. Vielleicht sind wir über das Limit hinausgegangen. Wir wollen diese Verletzungen nicht, also müssen wir alles tun, um sie zu vermeiden“, sagte Claus Ryste, der Sportdirektor des norwegischen Skiverbands der Rundfunkanstalt NRK. „Die Fahrzeit im Rennen am Donnerstag dauerte fast 1:45 Minuten. Es sind lange Tage, die Zeit zur Erholung ist sehr kurz. Die Stürze haben sich zwar aus Fahrfehlern ergeben, aber es waren wohl erzwungene Fahrfehler“, meinte Niels Hintermann. Müdigkeit spiele für ihn durchaus eine Rolle.

Der am Samstag drittplatzierte Dominik Paris gab sich zwiegespalten. „Auf jeden Fall ist es sehr kräftezehrend da und vielleicht nicht ideal gewesen. Aber irgendwo müssen sie die Rennen nachholen, und wir sind ja froh, dass wir Rennen fahren. Aber irgendwie denkt man sich: Muss es unbedingt sein, dass man da so viele Rennen an einem Wochenende fährt? Und Doppelabfahrten finde ich sowieso nicht so ideal“, erklärte der Südtiroler, auf den wie auf seine Kollegen nächste Woche in Kitzbühel wieder zwei Abfahrten warten.

ÖSV-Abfahrer widersprechen Tenor

Die ÖSV-Athleten widersprachen hingegen dem Tenor, dem Kalender die Schuld zu geben. „Natürlich ist es eine hohe Belastung mit drei Rennen, aber wir trainieren den ganzen Sommer. Das ist eine schwache Ausrede“, positionierte sich Vincent Kriechmayr klar. „Es ist einfach blöd hergegangen. Ich würde jetzt nicht sagen, dass zu hohe Belastungen sind. Wir sind froh, dass wir Rennen haben, wir sind auch froh, dass Wengen hier eingesprungen ist. Immerhin haben wir schon einige Rennen verloren.“ „Ich glaube, gefährlich ist unser Sport immer“, sagte Otmar Striedinger. „Ich finde es jetzt nicht gefährlicher als in den letzten Jahren. Es wird halt eine Verkettung von unglücklichen Umständen sein, da hat es heuer ein paar Gute getroffen.“