Am Montag erfolgte mit der Opening Night – dem traditionellen pompösen Pressetermin beider Finalisten – im Alegiant Stadium im Vorort Paradise der Startschuss zum Countdown bis zum Endspiel. In der 2020 eröffneten modernen Arena am legendären „Strip“ der Glücksspielmetropole wird in der Nacht auf Montag (Ankick 0.30 Uhr MEZ) der Meister der laufenden NFL-Saison gekürt. Für die Chiefs geht es um die erfolgreiche Titelverteidigung und ihre insgesamt vierte Meisterschaft, die 49ers greifen nach dem ersten Titel seit 1995 und ihrem sechsten insgesamt.
Allgemein wird erwartet, dass die 58. Super Bowl nicht nur sportlich, sondern auch in Sachen Show neue Maßstäbe setzt. Und das nicht nur dank des erwarteten Besuchs von Popstar Taylor Swift, ihres Zeichens „girlfriend“ von Chiefs-Tight-End Travis Kelce. „Mehr Partys, mehr Events, mehr Hotels. Die ganze Show wird eine andere sein“, sagte der deutsche Football-Profi Jakob Johnson, der bei den Las Vegas Raiders sein Geld verdient. „Vegas ist ja genau dafür gemacht, große Events zu hosten.“
Seit 2020 ist Las Vegas NFL-Stadt, nachdem die Raiders aufgrund der Stadionsituation ihrer langjährigen, kalifornischen Heimat Oakland den Rücken kehrten und in Nevada ihre neue Heimat fanden. Die Übersiedlung des dreifachen NFL-Meisters etablierte Las Vegas endgültig als Sportmetropole. Davor wurde die National Hockey League (NHL) bereits um die Vegas Golden Knights erweitert. Auch in der Women’s National Basketball Association (WNBA) ist die Stadt dank der Las Vegas Aces prominent vertreten.
Gesetzesänderung bringt Stimmungswandel
Das Allegiant Stadium ist das in Stahl und Beton gegossene Symbol des Aufstiegs der Glücksspielmetropole vom No-Go in Sachen Profisport hin zum heiß begehrten Pflaster. In den 1980er Jahren wurden Lokalen und Casinos in Las Vegas von der NFL noch Gebühren von 25.000 Dollar aufgebrummt, wollten diese NFL-Spiele übertragen. Noch 2003 verbot die NFL Werbespots für Las Vegas während der damaligen Super Bowl. Auf keinen Fall wollte die Hochglanzliga mit (Sport-)Wetten in Verbindung gebracht werden. Die Sorge vor Zweifeln an der Integrität des Sports war groß, nicht nur in der NFL.
Doch in den vergangenen sechs Jahren hat sich die Wahrnehmung der größten Stadt Nevadas dramatisch und grundsätzlich verändert. 2018 wurde das Gesetz zu Sportwetten vom US Supreme Court gekippt und verbesserte damit das Verhältnis zwischen Glücksspielmekka und Profiligen schlagartig. „Es hat sich für uns wie eine 180-Grad-Wende angefühlt“, sagte etwa Jay Kornegay, Vizepräsident der Renn- und Sportagenden des Westgate Hotels in Las Vegas. Davor sei das Verhältnis eher „prekär“ gewesen. Inzwischen hat die NFL auch mehrere Wettanbieter als Werbepartner.
Rasante Expansion
2018 begann auch der sportliche Aufstieg der Stadt selbst. Im selben Jahr absolvierten die Golden Knights ihre erste Saison in der NHL. Der Liganeuling spielte sich gleich bis ins Finale um den Stanley Cup. Damals noch im Finale den Washington Capitals unterlegen, holte Vegas vergangene Saison die Meisterschaft und machte es damit den Basketballerinnen der Aces gleich, die ein Jahr davor triumphiert hatten. 2020 schlug schließlich mit den Raiders auch eine über die US-Grenzen hinaus bekannte Marke in Las Vegas auf.
Und die Expansion von Las Vegas zur weltweit anerkannten Sportmetropole geht munter weiter. Vergangenen November gastierte erstmals die Formel 1 in den Straßen der Stadt. Runde eine halbe Milliarde Dollar investierten die F1-Bosse in ihren neuen Standort, weil der US-Markt im Gegenzug enormen Gewinn verspricht. Mindestens zehn Jahre lang soll die Königsklasse des Motorsports über den berühmten Strip jagen.
Auch die National Basketball Association (NBA) hat ihre Liebe zu Vegas entdeckt. Im Herbst wurde der erste Sieger ihres neuen Turnierformats im Schatten der weltbekannten Hotel- und Casinogiganten MGM Grand, Mandalay Bay und Caesars Palace ermittelt, Superstar LeBron James wirbt seit Monaten für ein neues NBA-Team in der Stadt – mit ihm als Besitzer. 2028 sollen die Oakland A’s aus der Major League Baseball (MLB) nach ihrem Umzug ihre erste Saison in Las Vegas spielen.
Ziel: Jährlicher Ausnahmezustand
Mit dem gestiegenen Angebot an Sportveranstaltungen habe sich auch das Leben in Las Vegas geändert, so NFL-Spieler Johnson. Das etwa in Hollywood-Filmen wie „Casino“ gezeichnete Bild vom Sündenpfuhl sei eines aus einer fernen Vergangenheit. „Vegas ist auf jeden Fall im Wandel. Es wird immer familienfreundlicher und orientiert sich dementsprechend auch Richtung Sport“, so der Deutsche.
Las Vegas im Bann der Super Bowl
Bevor am Sonntag das Event des Jahres in Las Vegas steigt, mussten sich die Superstars der Kansas City Chiefs und San Francisco 49ers noch Hunderten Medienvertretern aus aller Welt beim Opening Day stellen. Die Vorfreude bei Patrick Mahomes und Co. ist riesig.
Mit etwa 150.000 Hotelbetten kann die Stadt zwar riesige Mengen Gäste aufnehmen. Für die Tage rund um das Duell zwischen den Chiefs und den 49ers rechnen die Fachleute aber wegen der Fanmassen mit Zuständen, wie sie auch für Vegas einen Ausnahmezustand bedeuten. Auch das Thema Wetten ist keines mit dem Zusatz tabu mehr. In 38 Staaten sind Sportwetten seit 2018 legal. Geschätzte 68 Mio. Personen werden alleine in den USA eine Wette auf das Spiel platzieren. Nur die Spieler selbst sollten sich nicht dazu hinreißen lassen. NFL-Commissioner Roger Goodell richtete zu Beginn der Finalwoche noch einmal einen dringlichen Appell an alle Aktiven.
Zufrieden geben will sich Vegas damit aber nicht. Die besten Hotels, das beste Essen, die besten Partys, die beste Show: All das will Vegas nach Angaben von Steve Hill, dem Geschäftsführer der Messe- und Besucherbehörde, liefern: „Unser Ziel ist, dass die NFL jedes Jahr hier sein will.“ Ein neuerliches Finalgastspiel ist aber erst in vier Jahren realistisch. Denn die Endspiele 2025, 2026 und 2027 sind mit New Orleans, Santa Clara in Kalifornien und Los Angeles bereits vergeben.