Geschnittene Erdbeeren in einem Glas
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Doping

Walijewa gibt Dessert die Schuld

Die Geschichte rund um die gedopte russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa, die seit ihrem kometenhaften Aufstieg und ihrem nahtlos daran anschließenden tiefen Fall seit den Olympischen Spielen 2022 für Schlagzeilen sorgt, ist um ein skurriles Kapitel reicher. Walijewa, die zum Zeitpunkt ihres positiven Dopingtests 15 Jahre alt war, machte dafür ein Erdbeerdessert verantwortlich.

Laut Angaben des Internationalen Sportgerichtshof (CAS) argumentierte die Russin, dass ihr Großvater die Nachspeise auf demselben Schneidebrett zubereitet habe, das er auch zum Zerkleinern seiner Tabletten benutzte. Am Mittwoch veröffentlichte der CAS seinen Schiedsspruch, in dem er die Gründe für die im Jänner ausgesprochene vierjährige Dopingsperre darlegt.

Das höchste Sportgericht hatte Walijewa (17) eines Verstoßes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen für schuldig befunden, nachdem in einer Probe, die ihr im Dezember 2021 während der russischen Meisterschaften entnommen wurde, die verbotene Substanz Trimetazidin (TMZ) nachgewiesen worden war. Der Beginn der Sperre Walijewas wurde rückwirkend auf den 25. Dezember 2021 gelegt. Ihre Goldmedaille bei Olympia mit dem Team wurde 2022 nie übergeben, stattdessen wurde vor Kurzem Russland die Bronzemedaille zuerkannt.

Der Großvater ist an allem schuld

Dass ihr Großvater an der Misere schuld trägt, war bereits 2022 die Verteidigungslinie Walijewas gewesen. Russischen Medien zufolge hatte Walijewas Anwältin damals in der CAS-Anhörung darauf verwiesen, die Eiskunstläuferin könne aus einem Glas getrunken haben, das zuvor ihr Großvater genutzt habe. Durch eine Speichelübertragung könne dann die verbotene Substanz in ihren Körper gelangt sein.

Kamila Valieva (RUS)
Reuters/Phil Noble
Kamila Walijewa galt 2022 als neues Wunderkind der Eiskunstlaufszene, ehe ihr tiefer Fall einsetzte

Der deutsche Dopingexperte Fritz Sörgel hielt bereits 2022 die angeblich versehentliche Einnahme für eine Ausrede. „Die Menge für eine positive Dopingprobe kann nicht durch Speichel an einem Glasrand in den Körper gelangen“, sagte der Pharmakologe der dpa.

Die 15-jährige Walijewa war bei den russischen Meisterschaften Ende Dezember positiv auf das verbotene Herzmittel Trimetazidin getestet worden, das die Blutzufuhr zum Herzen durch Weitung der Blutgefäße fördert. Der Befund war jedoch erst während der Winterspiele in Peking nach dem Sieg der Russinnen mit Walijewa im Team-Bewerb bekanntgeworden.

Lange Geschichte der absurden Dopingerklärungen

Im Lauf der Jahre bewiesen immer wieder erwischte Sportler und Sportlerinnen erstaunlichen Einfallsreichtum, um ihre positiven Dopingproben zu erklären. Hier ein kurze Auswahl der kuriosesten Ausreden:

Faschiertes vom Hormonrind

Ebenfalls beim Essen so wie Walijewa nicht aufgepasst hatte der britische Bobfahrer Lenny Paul. Er schob 1997 die Schuld an seinem hohen Nadrolonwert auf das Faschierte in einer Spaghettisauce, das seiner Meinung nach von hormonbehandelten Rindern stammte.

Zu viel Sex, Bier und Zuckerln

Um keine Ausrede verlegen war auch der US-Sprinter Dennis Mitchell. Der Olympiadritte von 1992 gab 1999 als Begründung für seinen zu hohen Testosteronwert an, er habe in der Nacht vor der Kontrolle viermal Sex gehabt und fünf Bier getrunken.

Aufpassen müssen Sportler auch beim Naschen. Der italienische Radstar Gilberto Simoni sah 2002 den Grund für einen positiven Kokaintest in aus Südamerika mitgenommenen Karamellzuckerln. Einen anderen Dopingbefund führte Simoni auf eine schmerzstillende Spritze beim Zahnarzt zurück.

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Die deutschen Mountainbikerin Ivonne Kraft, Olympiasiebente 2004, gab an, dass ihre an Asthma leidende Mutter beim verhängnisvollen Rennen ihrer positiven Probe dabei gewesen sei. Als diese das Asthmaspray habe benutzen wollen, sei die Sprühflasche explodiert, und Kraft habe die Substanz offenbar eingeatmet.

Zahnpasta voller Nandrolon

In die Geschichte ging auch die Erklärung von Dieter Baumann, deutscher 5.000-m-Olympiasieger von Barcelona 1992, ein. Er machte nach zwei positiven Dopingtests 1999 seine Zahnpasta für die deutlich erhöhten Nandrolonwerte verantwortlich.

Ein Unbekannter habe eine seiner Zahncremetuben manipuliert und so den bis dahin als strengen Dopinggegner auftretenden „Saubermann“ hinterhältig angeschwärzt. Baumann erstattete Anzeige wegen Körperverletzung, der angebliche Täter konnte aber nie ausgeforscht werden.

Wundertätige Salben

Diverse Salben werden von ertappten Dopingsündern ebenfalls gerne als Auslöser genannt. Der einstige Radstar Lance Armstrong (USA) machte das Einreiben seines Gesäß 1999 für in seinem Blut nachgewiesene Kortikoide verantwortlich.

Der deutsche Radprofi Christian Henn wollte im selben Jahr mit einem Hausmittel seiner Schwiegermutter seine Zeugungskraft stärken und hatte daraufhin einen zu hohen Testosteronwert.

US-Sprintstar Justin Gatlin tischte der Öffentlichkeit 2006 eine obskure „Verschwörungstheorie“ auf: Ein Masseur soll die Beine des Olympiasiegers und Weltmeisters über 100 Meter mit einer Testosteroncreme eingerieben und sich so nach einem Streit „gerächt“ haben.