Schiedsrichter hält blaue Karte
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Fußball

Regelhüter beraten über Blaue Karte

Eine Zehnminutenstrafe während des Spiels – dem Fußballsport könnte die Einführung einer neuen sportlichen Regelung in Form einer Blauen Karte ins Haus stehen. Am Samstag fällt in Glasgow eine erste Entscheidung. Doch was steckt hinter den neuesten Regelplänen?

Die Idee der Zeitstrafe ist nicht neu. Im Amateurfußball waren zehn Minuten Zwangspause vor der Einführung der Gelb-Roten Karte gängige Praxis. Mit der im Englischen als „Sin Bin“ (Strafbank) titulierten Bestrafung soll gegen Spieler die Zeitstrafe verhängt werden, wenn sie zum Beispiel durch ein minder schweres Foul eine klare Torchance verhindert haben oder Offizielle verbal attackieren.

Die Blaue Karte wäre eine Zwischenstufe zwischen Gelber und Roter Karte. Zwei Blaue Karten für den gleichen Akteur sollen zu einer Roten Karte führen, wie auch eine Blaue und eine Gelbe Karte einen dauerhaften Platzverweis zur Folge hätten.

Wer entscheidet über die Einführung?

Wie alle Regelfragen wird auch diese bahnbrechende Änderung vom International Football Association Board (IFAB) entschieden. Das ziemlich anachronistische Gremium besteht aus je einem Vertreter der Fußballverbände aus England, Schottland, Wales und Nordirland – eine Hommage an die britischen Wurzeln des Sports.

Zudem sitzen vier Vertreter des Fußballweltverbandes (FIFA) im IFAB. Entscheidungen können nur mehrheitlich getroffen werden, wodurch die FIFA eine Sperrmöglichkeit hat. In der Regel ist der FIFA-Präsident, also Gianni Infantino, bei allen Entscheidungen präsent.

Pro und Kontra

Die Reaktionen gehen weit auseinander. Liverpool-Coach Jürgen Klopp hielt sich vor Kurzem mit seiner Meinung nicht zurück. „Es hört sich im ersten Moment nicht wie eine fantastische Idee an. Es wird die Diskussionen geben: War es eine Blaue Karte? Sollte es eine Gelbe Karte sein? Jetzt ist es eine zehnminütige Herausstellung. In den guten alten Zeiten wäre es eine Rote Karte gewesen“, beschrieb der Erfolgstrainer seine Sorge vor neuen Dauerdiskussionen und eine zusätzliche Verunsicherung auch für die Schiedsrichter.

Andere Trainer wie Pellegrino Matarazzo vom deutschen Bundesligisten Hoffenheim sehen aber auch Vorteile. „Ich fände es tatsächlich gut, so eine gewisse Flexibilität zu haben. Eine Gelb-Rote Karte ist sehr hart und oft entscheidend im Spiel. Auch im Anschluss eine Sperre zu haben ist schon eine harte Strafe“, sagte er. Der deutsche Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich meint: „Der Vorteil ist, dass man gerade im Bereich der Unsportlichkeiten und bei Fouls, die sich nicht hundertprozentig einordnen lassen, zwischen Feldverweis und Gelber Karte ein Zwischeninstrument hat.“

Es könne durchaus zur Beruhigung beitragen, um aufgebrachte Spieler zur Räson zu bringen, so Fröhlich. Eine offene Frage ist wie immer die konkrete Gestaltung und praktische Umsetzung er neuen Regel. Braucht es zusätzliches Personal, um die Zeitstrafe zu überwachen, und einen eigens dafür ausgewiesenen Ort am Spielfeldrand? Müssen die Spieler dann wirklich auf eine „Strafbank“ wie im Eishockey?

So sieht der Zeitplan aus

Am Samstagvormittag kommen die IFAB-Mitglieder in der Nähe von Glasgow zu ihrer Jahreshauptversammlung zusammen. Beschlossen wird die Einführung dann noch nicht. Wie bei maßgeblichen Änderungen üblich wird zunächst eine normalerweise zunächst einjährige Testphase vereinbart.

Dann wird in bestimmten Wettbewerben – oft bei Jugendlichen – die Praxistauglichkeit geprüft. Für die Blaue Karte hat der englische Verband diesmal offenbar seine Cupwettbewerbe für diesen Testlauf angeboten. Vor 2025 wird die Blaue Karte also keinesfalls offiziell und verbindlich eingeführt.