Jubel von Anton Polster (Koeln)
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Fußball

Polster blickt auf schillernde Karriere

Am Sonntag feiert einer der erfolgreichsten Fußballer dieses Landes seinen 60. Geburtstag. Anton „Toni“ Polster darf dieser Tage wieder vermehrt auf seine schillernde Spielerkarriere zurückblicken, die ihm viele ballestrische Höhen, aber auch einige atmosphärische Tiefen bescherte. Der ORF widmete Österreichs Rekordtorschützen am Mittwoch die Dokumentation „Toni Polster – Abseits des Strafraums“, in der er zum 60er sagt: „Ich bin unterm Strich mit ein paar Problemen, die ich lösen muss, ein sehr, sehr glücklicher Mensch.“

Die angesprochenen gesundheitlichen Probleme beziehen sich dabei auf die jüngere Vergangenheit, in der er zum Jahreswechsel aufgrund eines Magendurchbruchs notoperiert worden war. Es war der weitaus wichtigere Kampf als jener um die Anerkennung von drei bis dato inoffiziellen Länderspielen sowie drei Treffern im Nationalteam. Statt zu einer Pressekonferenz, in der Polster in dieser Causa mit Anwälten vorgesprochen hätte, schickte ihn seine Frau rechtzeitig ins Spital.

In – Stand jetzt – 95 Länderspielen hält Polster bei 44 Treffern und blickt überhaupt stolz auf seine Spielerkarriere, die ihn von der Wiener Austria unter anderem über Sevilla nach Köln führte. „Ich habe meine Spuren hinterlassen, das kann ich in aller Bescheidenheit sagen.“

Schillernd war und ist auch sein Leben neben dem Platz. Polster, der als zweiter und bisher letzter ÖFB-Kicker nach Hans Krankl den „Goldenen Schuh“ (mit kurioser Verspätung) gewann, sorgte für viele Schlagzeilen, als gefeierter Stürmer, gescheiterter Profitrainer, Sänger, „Dancing Star“, Designer, Kolumnist, „Wuchtelschieber“.

Auf laute Pfiffe folgten legendäre Tore

Auch auf dem Platz hat Polster die Wuchtel, also den Fußball, vor allem präzise geschoben. Im Nationalteam gab der Angreifer, der weniger für zahlreiche Sprints als für zielsichere Abschlüsse stand, mit 18 Jahren sein Debüt und traf auf Anhieb. Es sollten (offiziell) 43 weitere Treffer folgen, drei blieben besonders in Erinnerung, jene vom 15. November 1989. Damals war Polster zunächst von vielen Fans ausgebuht worden, um dann die Deutsche Demokratische Republik (DDR) im Alleingang mit 3:0 zu besiegen und Österreich zur WM-Endrunde 1990 nach Italien zu schießen.

Polsters legendärer Triplepack

Am 15. November 1989 wurde Toni Polster innerhalb von 90 Minuten vom Buhmann zum gefeierten Helden. Mit einem Triplepack gegen die DDR schoss der Torjäger Österreich zur WM 1990 in Italien.

„Das war einer der schwierigsten Tage meines Lebens“, erinnert sich Polster, der einst hierzulande einen bis heute kaum nachvollziehbaren schweren Stand hatte. In einer für einen Teamspieler wohl nie da gewesenen Drucksituation lieferte Polster aber eindrucksvoll ab. Der damalige ORF-Kommentator Michael Kuhn meinte: „Es ist das größte Spiel eines Prügelknaben der Fußballnation.“ Für Andreas Herzog, der wie viele Wegbegleiter auch in der Dokumentation zu Wort kommt, ist die Leistung vom mentalen Standpunkt her ähnlich wie Hermann Maiers Olympiasieg nach dessen Horrorsturz in Nagano einzustufen.

Die Genugtuung war dem damals 25-Jährigen anzumerken, als er schreiend und gestikulierend Richtung Fans abbog: „Es musste damals einfach raus.“ Die Ehrenrunde ließ er aus, doch die Versöhnung war vollendet. Am Ende standen in seiner Nationalteamkarriere zwei WM-Endrunden (1990, 1998) zu Buche, beide Male führte ausgerechnet der frühere Buhmann Österreich als Kapitän auf das Spielfeld.

Anton Polster (Österreich) trifft gegen Dirk Heyne (DDR)
IMAGO/Sportfoto Rudel/Herbert Rudel
Ein prägender Tag in der heimischen Fußballgeschichte: Nach Pfiffen traf Polster gegen die DDR dreimal

„Goldener Schuh“ mit Verspätung

Seine rot-weiß-rote Ausnahmekarriere startete Polster dort, wo er auch aufgewachsen ist, in Favoriten. Bei der hiesigen Wiener Austria schloss er sich 1973 zunächst der Jugendabteilung an und bejubelte später mit den Profis drei errungene Meisterschaften. Mit seinen Toren machte er sich in den folgenden Jahren auch in Europa einen Namen.

Dreimal in Folge gewann Polster die Trophäe als Torschützenkönig, in der Saison 1986/87 erzielte er 39 Treffer, die ihm den „Goldenen Schuh“ als bester Torschütze Europas bescherten – allerdings mit Verspätung. Denn der Rumäne Rodion Camataru hatte in jener Saison dem Wiener den sicher geglaubten Titel noch abgeluchst, nachdem dieser in sechs Partien gleich 21-mal getroffen hatte. Später wurde die offensichtliche Manipulation zugegeben und Polster erhielt nachträglich die Trophäe.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Toni Polster (Austria Wien) gegen Norbert Eder (Bayern München) im Europacup
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Alles begann bei der Wiener Austria, 39 Tore in der Saison 1986/87 bescherten Polster den „Goldenen Schuh“
Toni Polster (AC Turin) nach Schlusspfiff im italienischen Pokal, gegen Sampdoria Genua
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Seine erste Auslandsstation führte Polster nach Turin, glücklicher wurde er aber in Spanien
Toni Polster (Sevilla) kämpft mit einem Spieler von Espanol um den Ball
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In Sevilla traf Polster in einer Saison 33-mal – bisher eine Bestmarke beim spanischen Traditionsclub
Thomas Linke (Schalke) gegen Anton Polster (Köln)
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In Deutschland, speziell in Köln, lieferte Polster auf dem Feld und abseits als Publikumsliebling
Anton Polster (Gladbach)
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Nach seiner erfolgreichen Ära in Köln schnürte sich Polster noch zwei Jahre für Mönchengladbach die Schuhe
Toni Polster trifft gegen Kamerun bei der WM 1998
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Sein letztes von offiziell 44 Länderspieltoren: Der Last-Minute-Ausgleich gegen Kamerun bei der WM 1998
Anton Polster (l./Salzburg) gegen Austria Wien-Tormann Wolfgang Knaller und Paul Scharner
APA/Krug Daniel
Wie Hans Krankl beendete Toni Polster seine Profikarriere bei Austria Salzburg

Es folgte der Sprung ins Ausland, zunächst in die Serie A zu Torino und ein Jahr später nach Spanien, wo er in Sevilla ebenfalls einschlug und 1990 mit 33 Treffern Zweiter der Torschützenliste wurde. „In Italien sind wir hinausgegangen, um ein Spiel nicht zu verlieren, hier sind wir hinausgegangen, um ein Spiel zu gewinnen, das war mein Fußball“, erinnerte sich Polster bei einem Besuch im „lebendigen“ Sevilla. Stolz schaute er sich dabei im clubeigenen Museum, wo (auch zu seiner eigenen Überraschung) sein „Goldener Schuh“ ausgestellt ist, um.

Publikumsliebling in Sevilla und Köln

Nach weiteren Stationen in Spanien (Logrones und Vallecano) zog Polster nach Deutschland weiter und fand in Köln ein für ihn perfektes Zuhause aus Fußball und Unterhaltung. „Toni Doppelpack“ lieferte auf und abseits des Rasens in der Karnevalsstadt unübersehbar ab.

Polsters Profikarriere

  • Austria Wien (1982–1987)
  • FC Torino (1987–1988)
  • FC Sevilla (1988–1991)
  • CD Logrones (1991–1992)
  • Rayo Vallecano (1992–1993)
  • 1. FC Köln (1993–1998)
  • Gladbach (1998–2000)
  • Austria Salzburg (2000)

„Für Köln, für die deutsche Bundesliga und auch für Österreich war er ein absoluter Werbeträger, weil er absoluter Publikumsliebling war“, sagte Herzog, der zur selben Zeit in Deutschland bei Werder Bremen und für kurze Zeit auch bei Bayern München reüssierte.

Nicht nur das Spiel mit dem Ball lag Polster, auch jenes mit der Kamera. In Köln gab er eines seiner legendären Interviews („Blitzgneißer“), sang gleich selbst mit den Fabulösen Thekenschlampen („Toni, lass es polstern“). Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, ehe er noch einen Wechsel zu Borussia Mönchengladbach unternahm, um seine Profikarriere 2000 bei Austria Salzburg zu beenden.

Langzeitbeziehung mit Wiener Viktoria

Die Karriere nach der Karriere wollte dem zweifachen Vater – Polster hat aus seiner ersten Ehe einen Sohn (Anton Jesus) und eine Tochter (Lisa-Maria) – und bald zweifachen Großvater nicht glücken. Zunächst fing er im Management von Mönchengladbach an, ehe er von Frank Stronach als Manager der Wiener Austria erst eingesetzt und nur wenige Monate später gefeuert wurde sowie Stadionverbot erhielt („Ich habe noch nie so einen naiven Menschen erlebt“). Ebenso kurios ging es bei seiner einzigen Trainerstation in der heimischen Bundesliga zu, als er nach nur drei Spielen bei der Admira wieder entlassen wurde.

„Ich dachte mir, ich würde genauso erfolgreich sein als Spieler wie als Trainer. Ich weiß nicht, warum ich nicht einen größeren Verein trainiere, denn die Erfolge waren da“, sagt Polster heute und verweist auf Aufstiege mit den LASK-Amateuren und der ebenfalls unterklassigen Wiener Viktoria, wo er seit zehn Jahren als Trainer fungiert. Doch auch in dieser Hinsicht hat Polster Frieden geschlossen, zumal sich der Regionalligist auch sozial engagiert. So kann Polster wie so oft in seinem Fußballerleben sagen: „Ich bin beim richtigen Verein.“