Tennisspieler beim ATP Next Gen Turnier in Jeddah
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Wirtschaft

Saudis drängen auch in den Tennissport

Es brodelt hinter den Kulissen des Tennissports. Einerseits gibt es Gerüchte um ein milliardenschweres Angebot aus Saudi-Arabien zur Übernahme aller ATP- und WTA-1000er-Turniere, andererseits die Idee der vier Grand-Slam-Turniere, gemeinsam mit den 1000ern eine Premier-Tour zu veranstalten. Dadurch soll vermieden werden, was dem Golfsport mit dem Einstieg der Saudis mit der LIV-Tour passiert ist: eine Spaltung oder zumindest ein Riesenstreit.

Der saudische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF), der seit Jahren aufsehenerregend u. a. in Fußball, die Formel 1 und Golf investiert, bietet einem Bericht der britischen Zeitung „Telegraph“ zufolge zwei Milliarden US-Dollar für die Masters-Turniere. Dabei handelt es sich um Events der zweithöchsten Kategorie hinter den vier Grand Slams, die bisher von ATP und WTA getrennt veranstaltet werden. Klar ist: Es wäre eine Konkurrenz für ein mögliches Premier-Tour-Modell, über das die vier Major-Veranstalter diskutiert haben.

Der ohnehin längst schwelende Machtkampf der unterschiedlichen Tennisorganisatoren droht mit dem Megaangebot zu eskalieren. Ein Zusammenschluss von ATP und WTA war schon im Vorjahr ein Thema – damals laut „Telegraph“ allerdings mit der Prämisse, eine mögliche eigene Turnierserie durch das Königreich wie im Golf zu verhindern.

Laut Straka nur Angebot für Masters-Turnier

Österreichs ATP-Langzeitfunktionär Herwig Straka zerstreute im Gespräch mit der APA am Dienstag zumindest einiges davon. Die kolportierte Zahl sei „falsch“, mehr könne er dazu aber nicht sagen, um Vertraulichkeiten nicht zu verletzen. Von Saudi-Arabien gebe es ein Angebot für ein zehntes Masters-Turnier im Jänner. Die Aufstockung auf zehn 1000er-Events ist schon länger Thema in der ATP. „Wenn es ein zehntes Tausender gibt, dann werden wir dazu eine Ausschreibung machen“, sagte Straka.

Herwig Straka
GEPA/Walter Luger
ATP-Funktionär Herwig Straka befürchtet im Tennis keine Spaltung wie im Golf

Dass Saudi-Arabien aber in den Tennissport drängt, ist schon lange kein Geheimnis mehr, und die ATP steht dem offen gegenüber – wie diverse Partnerschaften zeigen. Das von Menschenrechtsorganisationen stark kritisierte Saudi-Arabien von vorneherein auszuschließen war für die ATP kein Thema. „Weil wir der Meinung sind, dass man durch Sport auch die Welt verändern kann. Dass man nicht nur darüber redet und es als ‚Sportswashing‘ beschreibt, sondern wirklich was tut“, so Straka. Sämtliche anderen kolportierten Summen seien Spekulation.

Saudis gewinnen an mehreren Fronten an Einfluss

Aktuell steigert Saudi-Arabien jedenfalls seinen Einfluss in den bestehenden Strukturen – und das sehr erfolgreich. Spaniens Superstar Rafael Nadal wurde als Tennisbotschafter des Landes gewonnen. Seit Februar besteht zudem eine mehrjährige strategische Partnerschaft mit der ATP, der PIF taucht unter anderem als Namenssponsor der Weltrangliste und als offizieller Partner bei großen Turnieren wie dem aktuell stattfindenden Masters in Miami auf.

Schon seit dem Vorjahr finden in Dschidda die Next Gen Finals, der Jahresabschluss der besten Profis unter 21 Jahren, statt. Dem Vernehmen nach dürften auch die WTA-Finals der acht besten Spielerinnen des Jahres in Zukunft in Riad ausgetragen werden.

Millionen locken Topstars

Bereits offiziell verkündet ist der Six Kings Slam, ein Showturnier im Oktober, bei dem die Topstars der Branche wie Nadal, Novak Djokovic, Carlos Alcaraz, Jannik Sinner und Daniil Medwedew teilnehmen sollen. Dort gibt es zwar keine Weltranglistenpunkte, aber eine hohe Gage. Spekuliert wird über sechs Millionen Euro für den Gewinner.

Im umstrittenen ATP-Chef Andrea Gaudenzi scheint Saudi-Arabien einen mächtigen Verbündeten zu haben. Der Italiener soll jüngst bei Gesprächen in Indian Wells über das Milliardenangebot informiert haben – ohne die Verantwortlichen der Grand Slams in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York einzubeziehen.

„Geld ist für uns kein Gamechanger“

Dass dem Tennis nun eine Spaltung drohe, verneinte Straka. „Nein, ich glaube eben nicht. Ich glaube, dass wir alle aus Golf gelernt haben und wir alle nicht so weit gehen. Sowohl was die Saudis betrifft als auch dieser Premium-Gedanke. Ich bin guter Dinge, dass sich das wieder einpendelt, aber es sind zurzeit eben mehrere Initiativen.“

Dass die zweifelsohne über endlose Finanzmittel verfügenden Saudis nun einen Keil zwischen Majors und ATP/WTA treiben könnten, kann freilich auch Straka nicht ausschließen. „Es kann passieren, aber es geht uns gut, es geht den Slams gut. Ich glaube nicht, dass wir auf das Geld angewiesen sind, Geld ist für uns kein Gamechanger. Wenn wir so eine Lösung dann anstreben würden, würde man natürlich versuchen, das Maximum rauszuholen, aber nur für jemanden mit viel Geld alleine lassen wir nicht alles liegen und stehen und ändern unsere Prinzipien.“

WTA in heikler Situation

Die WTA ließ auf dpa-Anfrage mitteilen, dass auch Angebote aus Saudi-Arabien geprüft würden. Es gebe aktuell „eine Welle des Interesses von Fans und Partnern auf der ganzen Welt am Frauensport“. Das viele Geld würde die Bemühungen für Equal Pay (gleiche Bezahlung für Frauen) auch abseits der Grand-Slam-Turniere erleichtern. Doch die Tennisikonen Chris Evert und Martina Navratilova mahnten kürzlich in einem gemeinsamen Brief an WTA-Boss Steve Simon: WTA-Finals in Saudi-Arabien wären „unvereinbar mit dem Spirit und dem Auftrag des Damen-Tennis und der WTA“.