Fußball

Österreich spielt Türkei an die Wand

Österreichs Fußballnationalteam hat auch den zweiten EM-Test bestanden – und das mit einem Schützenfest. Die Auswahl von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick fertigte die Türkei am Dienstag im Wiener Happel-Stadion mit 6:1 (2:1) ab und feierte den fünften Sieg in Serie. Xaver Schlager mit einem Blitztor nach 103 Sekunden, Michael Gregoritsch mit einem Dreierpack, Christoph Baumgartner per Elfer sowie Maximilian Entrup mit seinem Debüttor entschieden die Partie. Inter-Mailand-Star Hakan Calhanoglu traf zwischenzeitlich per Elfmeter zum 1:1.

ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick setzte vor 38.500 Zuschauern wie angekündigt auf seine beste aktuell verfügbare Formation. Neben den Stars David Alaba und Marko Arnautovic fehlte allerdings auch Marcel Sabitzer. Für den Dortmund-Legionär, der mit grippeähnlichen Symptomen im Hotel blieb, rückte der in der Slowakei als „Joker“ starke Romano Schmid in die Startelf. Die Kapitänsschleife übernahm Konrad Laimer, als Doppelspitze liefen Gregoritsch und Baumgartner auf.

Gegenüber dem 2:0-Sieg am Samstag in der Slowakei gab es fünf Änderungen in der Startformation. Stammgoalie Alexander Schlager kehrte statt Patrick Pentz ins Tor zurück. Die Abwehr bildeten aufgrund von Ausfällen wie erwartet Stefan Posch, Kevin Danso, der einzige Linksfuß Maximilian Wöber und Phillipp Mwene. Im Mittelfeld rackerte Xaver Schlager statt Florian Grillitsch.

Schlager trifft nach 103 Sekunden

Nach einem Ballgewinn von Schmid parierte Türkei-Goalie Ugurcan Cakir einen Schuss von Baumgartner. Den Abstauber verwertete Schlager zum 1:0.

Österreich erwischt den nächsten Traumstart

Die Österreicher starteten wie in Bratislava furios. Der Ball zappelte aber nicht wie bei Baumgartners Weltrekordtor nach sechs, sondern „erst“ nach 103 Sekunden im Netz. Nach einem grenzwertigen Ballgewinn von Schmid gegen Salih Özcan, bei dem wohl viele Schiedsrichter auf Foul entschieden hätten, parierte Türkei-Goalie Ugurcan Cakir einen Schuss von Baumgartner. Schlager traf mit einem schwierig zu verarbeitenden Abstauber.

Danach übernahm aber die Türkei das Kommando. Das Team um Topstar Hakan Calhanoglu agierte im Spielaufbau sehr ballsicher und entzog sich damit immer wieder dem Pressing der Österreicher. Erstmals tauchten die Türken durch Kerem Aktürkoglu, dessen Versuch von der Strafraumgrenze knapp am langen Eck vorbeistrich, gefährlich vor dem ÖFB-Tor auf (6.).

Erster Gegentreffer nach 416 Minuten

Nach einem VAR-Check gab es Elfmeter: Kevin Danso war bei einem Corner ungeschickt mit dem Arm zuerst zum Ball gegangen. Calhanoglu knallte den Ball vom Punkt zentral unter die Latte (25.). Nach 416 Minuten ohne Gegentreffer schlug es damit wieder im ÖFB-Tor ein. Erstmals seit 1997 hatten die Österreicher zuletzt vier Zu-null-Siege in Serie eingefahren. Ein fünfter Sieg in Folge ohne Gegentor wäre ein Novum in der Verbandsgeschichte gewesen.

Calhanoglu gleicht per Elfer aus (25.)

Türkei-Star Calhanoglu knallt den Ball vom Punkt zentral unter die Latte (25.) und trifft per Elfmeter zum Ausgleich.

Im Finish der ersten Hälfte kam die ÖFB-Elf noch einmal auf. Nach einem Ballgewinn von Phillipp Mwene blockte Calhanoglu vor Laimer (43.). Eine Minute später setzten Schlager und Nicolas Seiwald nach einem unsauberen Abspiel des Türkei-Kapitäns entscheidend nach. Das Spielgerät kam zu Gregoritsch, der unter Mithilfe von Cakir mit einem haltbaren Schuss von knapp außerhalb des Strafraums traf.

Gregoritsch trifft zum 2:1 (44.)

Kurz vor der Pause schlägt Gregoritsch zum ersten Mal zu und trifft unter Mithilfe von Cakir zum 2:1.

Gregoritsch trifft vor und nach der Pause

Nach Seitenwechsel schnürte Gregoritsch seinen ersten Doppelpack im ÖFB-Team. Der Freiburg-Stürmer verwertete einen Schmid-Corner freistehend per Kopf. Zehn Minuten später durfte er auch noch vom Punkt antreten. Nach einer ursprünglich zu Unrecht wegen Abseits abgepfiffenen Situation entschied der Videoassistent wegen eines Remplers von Kaan Ayhan an Laimer auf Elfmeter. Gregoritsch platzierte den Ball im linken Eck. Für den 29-Jährigen war es im 53. Länderspiel der 15. Treffer, sein achter in den vergangenen zehn ÖFB-Einsätzen.

Gregoritsch legt nach (48.)

Gleich nach der Pause legt Gregoritsch nach und trifft per Kopf zum 3:1.

Die Österreicher hatten nach Seitenwechsel viel mehr Zugriff auf das Spiel. Torhüter Schlager musste bei einem Rückzieher von Juventus-Supertalent Kenan Yildiz erstmals eingreifen (66.). Rangnick wechselte erst in der 70. Minute zum ersten Mal, Alexander Prass ersetzte als Linksverteidiger Mwene.

Gregoritsch versenkt Elfer (59.)

Und Gregoritsch hat noch nicht genug. Der Goalgetter schnürt per Elfmeter einen Dreierpack.

Kuriose Szene: 5:1 statt 4:2

Das vermeintliche 4:2 durch den eingewechselten Baris Alper Yilmaz wurde nach Videostudium zurückgenommen. Stattdessen gab es wegen eines Fouls von Cenk Özkacar an Posch an der Strafraumgrenze erneut Elfmeter für Österreich. Diesmal durfte Baumgartner antreten, der Leipzig-Profi scorte im dritten Länderspiel in Folge. Tief in der Nachspielzeit erzielte auch noch Hartberg-Stürmer Entrup nach Assist des ebenfalls eingewechselten Wimmer per Kopf sein erstes Tor im Teamdress.

Baumgartner-Elfer bringt 5:1 (78.)

Beim zweiten Elfmeter darf Baumgartner ran. Der Weltrekordschütze lässt sich die Chance nicht entgehen und erhöht auf 5:1.

Die ÖFB-Auswahl landete ihren höchsten Sieg seit einem 6:0 im September 2019 in der EM-Quali in Salzburg gegen Lettland. Fünf Siege in Folge waren zuletzt im Herbst 2020 ebenfalls unter Rangnicks Vorgänger Franco Foda gelungen. Von ihren vergangenen 14 Länderspielen hat die Rangnick-Elf nur eines verloren. In den jüngsten acht Duellen mit den Türken hatte es für Österreich davor nur einen Sieg gegeben.

EM-Countdown läuft im Mai weiter

Erstmals seit 1982 gelang es dem ÖFB-Team auch, mit zwei Siegen in das Jahr einer Turnierteilnahme zu starten. Weiter geht es für das ÖFB-Team Ende Mai mit der finalen Vorbereitungsphase auf die EM-Endrunde. Nach einem Lehrgang in Windischgarsten stehen noch ein Heimspiel im Ernst-Happel-Stadion gegen Serbien (4. Juni, 20.45 Uhr, live in ORF1) sowie die EM-Generalprobe in St. Gallen gegen die Schweiz (8. Juni, 18.00 Uhr) auf dem Programm. Bei der Euro startet Österreich am 17. Juni (21.00 Uhr) gegen Frankreich in das Turnier.

Stimmen zum Spiel:

Ralf Rangnick (ÖFB-Teamchef): „Vor dem Spiel hätte ich gesagt, dass ein 6:1 unwahrscheinlich ist, aber nicht unmöglich. Wir sind super reingekommen mit dem schnellen Tor. Dann war eine Phase von der 25. bis zur 40. Minute, als wir Probleme hatten. Das Tor kurz vor der Halbzeit hat uns noch einmal gutgetan. Gut, die zweite Halbzeit war annähernd perfekt. Wir haben wenig bis nichts zugelassen. Zweite Halbzeit lief für uns natürlich ideal. Wir haben gegen einen starken Gegner gespielt. Gerade in der Phase (in der ersten Hälfte, Anm.), in der wir es nicht geschafft haben, richtig in die Zweikämpfe zu kommen, hatten wir Probleme. Deutschland hat nicht umsonst gegen sie zu Hause verloren.“

„Ich fand es aber beeindruckend, wie wir in der schwierigen Phase wieder zu uns gefunden haben. Die Jungs, die reingekommen sind, haben gezeigt, dass sie dabei sein wollen. Vier von sechs Toren waren typische Tore von uns nach schnellen Balleroberungen. So ist es nicht leicht, gegen uns zu spielen. Heute haben wir schon gesehen, dass wir in der Breite ordentliche Qualität haben. Das war eine enorme Mannschaftsenergie von allen, eine extrem starke Mannschaftsleistung.“

Michael Gregoritsch (dreifacher ÖFB-Torschütze): „Ich bin natürlich extrem stolz und glücklich, dass mir das gelungen ist. Wir haben sehr, sehr gut begonnen. Wir haben dann eine kurze Phase gehabt, in der wir das Spiel aus der Hand gegeben haben. Wir kommen dann super aus der Halbzeit raus, das war ein super Tag für uns.“

„Es gibt uns ein unheimliches Selbstvertrauen, trotzdem beginnt das nächste Spiel bei 0:0. Wir haben den Lehrgang genutzt, dass wir unsere Stärken stärken. Präsenz auf dem Platz, mit und gegen den Ball, ist unsere Stärke. Wir sind eine sehr unangenehme Mannschaft. Der Kader ist sehr breit. Drei Führungsspieler fehlen, und das ist trotzdem sehr gut aufgefangen worden.“

Xaver Schlager (ÖFB-Torschütze): Über sein Tor zum 1:0: „Es war wichtig, dass ich da nachgehe, dass ich da bin. Das war ein super Start, so sind wir gut in die Partie gekommen. Wir sind gerade brutal effizient. Das ist richtig gut, dass wir wenige Chancen für Tore brauchen. Man hat aber gesehen, dass die auch richtig gut kicken können und wir Probleme bekommen. Es ist wichtig, dass wir nicht nur die guten Sachen sehen, sondern auch die weniger guten. Das Resultat verdeckt das ein wenig.“

Christoph Baumgartner (ÖFB-Torschütze): „Speziell zweite Hälfte eine extrem energetische Leistung von uns. Wir haben sie extrem unter Druck gesetzt. Sie haben es die erste Hälfte sehr, sehr gut gemacht, aber auch da haben wir schon gute Balleroberungen gehabt. Das war dann ein sehr, sehr verdienter Sieg. Ob es in der Höhe verdient war, weiß ich nicht.“

Über sein Elfmetertor: „Ich habe Michi (Gregoritsch, Anm.) gefragt – wir sind gute Freunde -: Gibst du mir den Ball? Ich bin ihm sehr dankbar, weil ein Viererpack (für Gregoritsch) wäre auch sensationell. Für mich persönlich ist es für das Selbstvertrauen wichtig, dass ich ihn reingeschossen habe.“

Freundschaftliches Länderspiel

Dienstag:

Österreich – Türkei 6:1 (2:1)

Wien, Ernst-Happel-Stadion, 38.500 Zuschauer, SR Chiffi (ITA)

Torfolge:
1:0 X. Schlager (2.)
1:1 Calhanoglu (25./Elfmeter)
2:1 Gregoritsch (44.)
3:1 Gregoritsch (48.)
4:1 Gregoritsch (59./Elfmeter)
5:1 Baumgartner (78./Elfmeter)
6:1 Entrup (95.)

Österreich: A. Schlager – Posch, Danso (88./Daniliuc), Wöber, Mwene (70./Prass) – Seiwald, X. Schlager – Laimer (88./Cham), Baumgartner (82./Wimmer), Schmid (81./Weimann) – Gregoritsch (82./Entrup)

Türkei: U. Cakir – Müldür, Demiral, Ayhan, Özkacar (77./Celik) – Özcan (61./Kökcü), Calhanoglu (88./Yüksek) – I. Kahveci (61./Akgün), Arda Güler (77./Ömür), Aktürkoglu (61./B. A. Yilmaz) – Yildiz

Gelbe Karten: A. Schlager, Posch bzw. Calhanoglu, Arda Güler, Kökcü