Ralf Rangnick (AUT)
GEPA/Armin Rauthner
Fußball

Auf Rangnick wartet Qual der Wahl

Österreichs Fußballnationalteam ist mit zwei Siegen, darunter einem letztlich fulminanten 6:1-Heimsieg gegen die Türkei, ins EM-Jahr 2024 gestartet. Teamchef Ralf Rangnick hat das logische Stimmungshoch zweieinhalb Monate vor Turnierstart wohlwollend zur Kenntnis genommen. Der Deutsche mahnte aber wie die Spieler dazu, Leistungen auch in Deutschland auf den Platz zu bringen. „Es geht immer darum, was in Zukunft passiert“, betonte der Deutsche, der sich auf einige schwierige Kaderentscheidungen wird einstellen müssen.

Das ÖFB-Team trifft nach dem höchsten Sieg seit viereinhalb Jahren erst am 29. Mai in Windischgarsten wieder zusammen. Rangnick ringt nach den zuletzt starken Auftritten mit sich, ob er überhaupt mehr als die 20 im EM-Kader vorgesehenen Feldspieler in die Vorbereitung mitnehmen soll. „Wovor es mir wirklich ein bisschen graust, ist, ganz ehrlich, wenn dann dort alle fit sind und wir womöglich 23 eingeladen haben, dann am 7. Juni zu sagen, ich habe keine Rose für euch. Das ist nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig“, so der 65-Jährige.

Die Kadergröße wurde nach der paneuropäischen Endrunde 2021, die von der Coronavirus-Pandemie geprägt war, vom Kontinentalverband UEFA von 26 wieder auf 23 Mann reduziert – inklusive Torhütern. Der erste Lehrgang des Jahres mit dem Länderspieldoppel gegen die Slowakei (2:0) und die Türkei habe ihm die Entscheidungen nicht leichter gemacht, sagte Rangnick. „Es haben einige Spieler schon sehr auf sich aufmerksam gemacht. Das wird keine einfache Aufgabe. Aber so ist es mir lieber, als wenn wir nicht so viel nachdenken müssten.“

„Keine Ausstiegsklausel“ für Rangnick

Der Name von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick steht in der Gerüchteküche angesichts der jüngsten Erfolge aktuell hoch im Kurs. Für ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold ist ein Abschied des Deutschen im ORF-Interview auch mangels einer Ausstiegsklausel kein Thema.

Schmid ein Gewinner im März

Einige Akteure wie Romano Schmid und Andreas Weimann rechtfertigten ihre Einwechslungen bereits in der Slowakei. Schmid, der gegen die Türken auch in der Startelf überzeugt: „Es hat jeder gezeigt, dass er mithalten kann auf dem Niveau. Weil im Fußball schläft der Teufel nie, und dann kann jeder zeigen, dass er da ist. Natürlich ist mein Ziel, bei der EM dabei zu sein. Wenn ich so drauf bin, wie ich momentan drauf bin, habe ich, glaube ich, gute Chancen.“

Romano Schmid (AUT)
GEPA/Philipp Brem
Bremen-Legionär Schmid spielte sich zuletzt in Rangnicks Überlegungen merklich nach oben

Rangnick ging auf keinen Spieler ein, sondern hob die Teamleistung hervor. „Wir sind mit der aktuellen Verfassung der Mannschaft zufrieden, obwohl uns schon einige nicht nur Stammspieler, sondern auch Führungsspieler gefehlt haben“, erinnerte Rangnick an die Ausfälle von unter anderen David Alaba, Marko Arnautovic und Marcel Sabitzer. „Jeder hat auf dem Platz Verantwortung übernommen, auch in Phasen, in denen es nicht so lief. Das war am Ende entscheidend. Richtig los geht es aber erst am 17. Juni (gegen Frankreich), dann zählt es richtig – und am 21. Juni (Polen) und am 25. Juni (Niederlande).“

Selektion für die EM

Am Dienstag triumphierte das ÖFB-Team gegen die Türkei mit einem 6:1-Sieg. Teamchef Ralf Rangnick muss nun frühzeitig mit der Selektion der 20 Feldspieler für die Europameisterschaft beginnen.

Dabeisein ist nicht alles

Dann stehen in dieser Reihenfolge die EM-Gruppenspiele gegen Frankreich, Polen und die Niederlande auf dem Programm. Fünf Partien in Folge hat das ÖFB-Team mittlerweile gewonnen. „Wir haben uns nicht für die EM qualifiziert nach dem olympischen Motto ‚Dabeisein ist alles‘“, betonte Rangnick. Man wolle dort Leistungen wie in den Tests gegen Deutschland (2:0) oder nun die Türkei abrufen.

„Wir haben das Ziel, mit die beste oder sogar die beste Mannschaft als Team auf dem Platz zu sein bei der EM“, erklärte Rangnick. Die ÖFB-Auswahl soll jene Mannschaft sein, gegen die es am schwierigsten sei, Tore zu erzielen oder gar nur Chancen zu kreieren. „Dazu war das ein guter Schritt, dass wir gegen eine so spielstarke Mannschaft wie die Türkei so wenig zugelassen haben“, sagte der Teamchef. Andererseits habe man selbst sehr viel herausgespielt. „Das gibt der Mannschaft schon auch das Gefühl, wozu sie imstande ist.“

Dabei fehlten mit Alaba, Arnautovic und Sabitzer die drei Stars, die jeweils schon zwei EM-Turniere in den Beinen haben. „Solange wir gegen den Ball so spielen, ist es sehr schwer gegen uns, selbst wenn einige Leistungsträger ausfallen“, meinte Rangnick. „Aber wir müssen es erst einmal schaffen, auf dem gleichen Niveau dann auch bei der EM zu spielen.“ Man gehe mit einem guten Gefühl in die nächsten länderspielfreien Wochen. „Dann müssen wir schauen, wer es nachher wirklich schafft, am 29. Mai in Windischgarsten dabei zu sein.“

Alabas Wettlauf gegen die Zeit

Bei Alaba wird es nach dessen im Dezember erlittenen Kreuzbandriss ein schwierig zu gewinnender Wettlauf gegen die Zeit. Er werde mit seinen Spielern in Kontakt sein, versicherte Rangnick. Wöchentliche Telefonate mit allen EM-Kandidaten will er aber nicht führen. „Es ist jetzt bei uns nicht so, dass es zugeht wie in der Waldorfschule, dass wir ständig einen Schulkreis nach dem anderen machen.“

Rangnick will selbst möglichst viele Spiele im Stadion beobachten – kommende Woche etwa das Cuphalbfinale zwischen Salzburg und Sturm Graz (4. April). Auch deutsche Bundesliga steht auf dem Menüplan. „Damit wir die Eindrücke, die wir bekommen, weiterhin in die Nominierung einfließen lassen können“, erklärte der 65-Jährige. Wie viele Spieler er nach Windischgarsten mitnimmt, will er in Ruhe überlegen. „Das hängt auch davon ab, was in den nächsten Wochen noch passiert.“ Vor allem auf dem Gesundheitssektor.