NFL

Colts-Teamgeist für Raimann Trumpf

Mit 14 Jahren startete Bernhard Raimann bei den Vienna Vikings sein Football-Leben. Mittlerweile ist der 26-jährige Österreichs Aushängeschild in der National Football League (NFL) bei den Indianapolis Colts. Seine Wurzeln prägen ihn noch heute, so Raimann im ORF-Interview. Ein „familiäres Gefühl“ spürt der Burgenländer auch bei den Colts – und sieht im Teamgefüge den größten Trumpf auf dem Weg zum angestrebten Ziel.

Auch wenn sein zweites Jahr in der stärksten Football-Liga der Welt „ein bitteres Ende“ fand – Indianapolis verspielte im letzten Abdruck den Einzug ins Play-off –, darf Raimann persönlich auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken. Der 26-Jährige etablierte sich nicht nur als Stammspieler, sondern stieg auch zu einem der besten Left Tackle der Liga auf. Das Statistikportal Pro Football Focus spuckte den gebürtigen Burgenländer als achtbesten Offensive Tackle der vergangenen Saison aus.

Trotzdem will sich Raimann auf seinen in seinem zweiten Jahr erworbenen Lorbeeren nicht ausruhen. „Als Offensive Lineman kann man immer besser spielen. Man hätte immer einen Block besser machen können oder einen Verteidiger etwas weiter zurückschieben können, damit der Runningback ein halbes Yard mehr Platz hat“, so der Left Tackle, der deshalb weiter hart an sich arbeiten will: „Man versucht einfach weiter an seinen Fehlern zu arbeiten und Kleinigkeiten auszubessern.“ Sein Ziel: „Die beste Person sein, die man sein kann.“

Titel für Raimann wichtiger als Gehalt

Bernhard Raimann hat sich in der National Football League (NFL) als einer der besten Offensive Linemen etabliert. In naher Zukunft könnte der 26-Jährige auch einer der bestbezahlten sein. Im ORF-Interview erklärt Raimann u. a., warum für ihn aber Titel mehr als Gehälter zählen.

„Ravelin“ als wichtige Ausgangsbasis

Den physischen Grundstock habe er sich seinerzeit „auf der Ravelin“, dem in der Ravelinstraße 8 im elften Wiener Gemeindebezirk liegenden Trainingszentrum der Vikings, erarbeitet, so Raimann: „Es wurde auch der athletische Grundstein gelegt, denn ich anwenden konnte, damit ich einen Positionswechsel durchführen konnte“, so der Burgenländer, der am College vom schlaksigen Wide Receiver bzw. Tightend zum mächtigen O-Liner umgeschult wurde: „Ich wäre nicht in meiner Position, wenn es nicht dank der Vikings gewesen wäre.“

Doch nicht nur die physischen Voraussetzungen, auch das Leben in der Football-Familie lernte Raimann im „Wikinger“-Dress. „Football-Freundschaft“ sei einzigartig, erklärte der Hüne kurz nachdem er seinen ehemaligen Mitspieler, College-Vorreiter und Vikings-Star Aleksandar Milanovic an die Brust gedrückt hatte: „Sie ist etwas Einzigartiges, weil man so aufeinander angewiesen ist.“ Deshalb sei das familiäre Gefühl auch sofort wieder da, wenn er den Kunstrasen der „Ravelin“ betreten würde.

Alexander Milanovic (Vikings) und Bernhard Raimann (Colts)
GEPA/Edgar Eisner
Milanovic (l.), einst auch in der US-College-Liga erfolgreich, und Raimann verbindet noch immer tiefe Freundschaft

Titel wichtiger als Geld

Auch wenn Herzlichkeit in der eiskalten Profiwelt der National Football League so gut wie keinen Platz hat, erlebe er das „familiäre Gefühl“ auch bei den Colts. „Mit einigen, mit denen man doch ein paar Jahre im Team ist, schweißt es dich doch zusammen. Man macht dann außerhalb des Football-Geländes Dinge, lernt die Familien kennen“, sagt Raimann, dessen Rookie-Vertrag noch bis 2026 läuft.

Schon bis dahin will sich der Left Tackle nicht nur seinem persönlichen Ziel, der beste – und damit vielleicht bestbezahlte – Spieler auf seiner Position zu sein, angenähert haben, sondern mit Indianapolis auch zu den Titelkandidaten zählen. Denn der Super-Bowl-Ring würde jede Ziffer auf einem Scheck ausstechen, so Raimann: „Das ist der größere Ansporn. Ein Titel verewigt dich in den Geschichtsbüchern. Es ist eine wahnsinnige Herausforderung.“ Aufgrund der starken Konkurrenz in jeder Profiliga sei ein Titel die „ultimative“ Motivation: „Es unglaublich schwierig, einen Titel zu holen.“

Jubel von Bernhard Raimann (Colts) und Mitspielern
Reuters/USA Today Sports/Jenna Watson
Die Hoffnung auf einen Ring treibt Raimann (l.) mehr an als die Aussicht auf einen Megavertrag

„Sehe sehr viel Potenzial“

Raimann ist überzeugt, dass seine Colts schon in der kommenden Saison eine noch bedeutendere Rolle spielen werden. Erstens, weil mit Anthony Richardson die Zukunftshoffnung auf der Schlüsselposition des Quarterbacks zurückkehrt und „hoffentlich gesund bleibt“, und zweitens, weil das Teamgefüge sich im letzten Jahr deutlich verbessert habe: „Wir haben füreinander gespielt. Es gibt daher viele Gründe, sich auf die nächste Saison zu freuen, weil viele Teile schon richtig sitzen.“

Gelingt es Raimann und seinen Kollegen nächste Saison konstant, jene Kleinigkeiten auszubessern, die über Sieg und Niederlage entscheiden, hält es Österreichs NFL-Export für ausgemacht, dass Indianapolis ein gewichtiges Wort im Titelkampf mitreden kann. „Ich sehe sehr viel Potenzial in den Spielern, ich weiß, wie hart sie arbeiten und welche Menschen sie außerhalb des Football-Feldes sind. Es (das Teamgefüge, Anm.) ist einzigartig und wird uns noch sehr weit bringen“ – vielleicht schon in die 59. Ausgabe der Super Bowl am 9. Februar 2025 im Superdome von New Orleans.