Leichtathletik

Ganz Wien im Bann des Marathons

Am Sonntag (8.30 Uhr, live in ORF1 und im Livestream, Start: 9.00 Uhr) ist ganz Wien zum 41. Mal im Bann des Vienna City Marathons (VCM). Bei kühlen Temperaturen stehen bei Damen wie Herren die Streckenrekorde im Visier. Der Äthiopier Chala Regasa und Bethwell Yegon sowie Felix Kibitok aus Kenia sind im Herren-Feld zu favorisieren, bei den Frauen will Julia Mayer als Lokalmatadorin an der Spitze ein Wörtchen mitreden. In Summe rund 35.000 Läuferinnen und Läufer sind am Start.

Österreichs Rekordhalterin hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt. Die 31-Jährige will bei ihrem zweiten Wien-Abenteuer über 42,195 km nicht nur auf eine Topplatzierung losgehen, auch ihre eigene Bestzeit soll weiter nach unten geschraubt werden. Gleich bei ihrem Marathon-Debüt vor einem Jahr sorgte Mayer für Schlagzeilen, als sie den österreichischen Rekord in einem Herzschlagfinale um eine Sekunde auf 2:30:42 Stunden verbesserte. Am 3. Dezember ließ sie in Valencia einen rot-weiß-roten Quantensprung folgen, die nationale Bestmarke steht seither bei 2:26:43.

In diese zeitlichen Sphären will Mayer auch diesmal vorstoßen, bei wohl für den Langstreckenlauf sehr guten Außentemperaturen im einstelligen Bereich. Das Rennen dürfte zudem besonders spannend werden, weil Athletinnen mit Bestzeiten unter dem zwei Jahre alten Streckenrekord von 2:20:59 Stunden an den Start gehen. Einzig der zu erwartende Wind könnte ein Spielverderber werden.

Marathon-Rekordhalterin Julia Mayer im Porträt

Von der Fußballerin zur besten Marathonläuferin Österreichs: Julia Mayer hat sich vergangenes Jahr zu Hause zu Österreichs schnellster Frau im Marathon gekürt und sich mittlerweile für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert.

Mayer fühlt sich gerüstet

Mayer fühlt sich für solche Bedingungen ganz gut gerüstet. Eine Läuferinnengruppe sollte das Rennen in ihrem Bestzeitbereich in Angriff nehmen, zudem wird Mayer mit Stephan Listabarth und dem Deutschen Simon Stützel zwei erfahrene, für sie abgestellte Pacemaker um sich haben.

„Wir werden es da etwas streckenspezifischer angehen“, erläuterte Mayer, die auch Rekordhalterin des Österreichischen Leichtathletikverbands (ÖLV) über fünf und zehn Kilometer sowie im Halbmarathon ist. Denn während die Strecke bis Kilometer neun eher flach verläuft, geht es danach bis Kilometer 18 leicht steigend bergauf. „Wir werden das Tempo an die Steigung anpassen, damit ich für die zweite Hälfte genug Körner habe“, sagte Mayer.

Julia Mayer beim Vienna City Marathon 2023
GEPA/Edgar Eisner
Vergangenes Jahr holte Mayer auf dem Weg zur Bestzeit alles aus sich heraus

„Möchte zeigen, was ich draufhabe“

Ein Marathon-Ziel Mayers ist es, beste Europäerin zu werden – schon diesen Sonntag könnte ihr das gelingen. „Ich möchte als Lokalmatadorin zeigen, was ich draufhabe.“ Mayers Hauptrivalinnen in Wien kommen aus Afrika – etwa Nazret Weldu. Sie ist zumindest von der Bestzeit her wohl noch eine Nummer zu groß für Mayer. Die 34-Jährige wurde im WM-Marathon 2022 von Eugene in 2:20:29 Minuten Vierte. Im Vorjahr bei der Budapest-WM zeigte die nationale Rekordhalterin aus Eritrea als Achte auf.

Weldus hitzebedingt damals schwächere Zeit von 2:27:23 Stunden war für das Olympialimit aber zu langsam, das steht auf 2:26:50 und soll nun in Wien fallen. Laufen bei kühlerem Wetter behage ihr ebenso wie Rebecca Tanui. Die Kenianerin wurde im Vorjahr VCM-Vierte, obwohl sie zwei Wochen davor in der Heimat von einem Motorrad von hinten angefahren und verletzt worden war. Tanuis Bestzeit steht bei 2:23:09.

Afrikaner wollen Wetter trotzen

Auch die afrikanischen Herren wollen sich von den kühlen Bedingungen nicht von Topzeiten und im besten Fall von einem neuen Streckenrekord abhalten lassen. Regasa lief im April 2023 in Rotterdam bereits 2:06:11, sein zweiter Marathon soll noch schneller werden. „Ich bin nicht hier, um mich zurückzuhalten. Das kalte Wetter ist gut, weil man weniger Energie braucht. Ich laufe gerne bei solchen Temperaturen“, sagte der Äthiopier. Teile der Strecke kennt er bereits von seinem Pacemaker-Einsatz für Eliud Kipchoge bei dessen 1:59-„Laborrennen“ im Jahr 2019.

Der im Vorjahr in Wien in knapp unter 2:07 zweitplatzierte Yegon will die Kenntnis der gesamten Strecke nutzen. „Alles ist möglich. Ich will meine persönliche Bestzeit von 2:06:14 verbessern. Wenn das Wetter passt und die Pacemaker einen guten Job machen, werden wir den Streckenrekord versuchen“, sagte der Kenianer. Sein Landsmann Kibitok stimmte zu: „Wenn alles passt, können wir vielleicht den Streckenrekord laufen.“

Herzog und Bauernfeind im Duell

Die Österreicher backen kleinere Brötchen. Im Duell um den Status des besten ÖLV-Läufers im erwarteten Zeitrahmen von 2:13 bis 2:15 ist Mario Bauernfeind im Vorteil, denn Österreichs Rekordler Peter Herzog (2:10:06) wurde Anfang April von einer Erkrankung ausgebremst. „Die unmittelbare Vorbereitung war nicht optimal, ich werde trotzdem alles geben. Mein Ziel ist, bester Österreicher zu werden. Wir werden uns nichts schenken“, sagte Herzog.

Der österreichische Marathonläufer Peter Herzog
APA/Eva Manhart
ÖLV-Rekordhalter Herzog bei der Pressekonferenz in Wien

Auch der Schwung von Bauernfeind nach seiner Steigerung auf 2:12:49 im Oktober in Frankfurt wurde im Winter durch Erkrankungen gebremst. Die letzten drei Trainingsmonate waren aber vielversprechend, wie der selbst erklärte „Spätzünder“ erläuterte. „Ich hatte jetzt elf sehr gute Wochen. Ich glaube, dass ich sehr nahe an die Form vom letzten Herbst rangekommen bin, genau werden wir es am Sonntag wissen.“