Salzburg-Trainer Onur Cinel
APA/Barbara Gindl
Bundesliga

Salzburg verspricht Sturm heißen Empfang

Vor dem vielleicht wichtigsten Spiel seit dreizehn Jahren wittert Sturm Graz die große Chance. Monatelang schon sägen die Steirer am Thron von Serienchampion Salzburg, am Sonntag (17.00 Uhr, live in ORF1) will man den angeknacksten Herrschersessel auswärts noch stärker ins Wackeln bringen. „Das wird ein Kracher“, sagte Sturm-Akteur Jusuf Gazibegovic. Salzburg nimmt die ungewohnte Verfolgerrolle an. „Wir werden sie jagen“, versprach Verteidiger Flavius Daniliuc.

Vor einem Monat war die Lage in der Admiral Bundesliga noch ganz anders. Nach dem durchaus verdienten 1:0-Erfolg bei Sturm in der zweiten Runde der Meistergruppe lag Salzburg fünf Punkte vor den Rivalen an der Tabellenspitze und schien – wie immer in dieser Saisonphase – dem Rest davonzuziehen. Doch die folgende 3:4-Heimniederlage gegen Sturm im Cuphalbfinale läutete eine Wende ein. Nur noch eine von vier Partien konnte gewonnen werden, gegen den LASK (1:3) und nun Klagenfurt (3:4) setzte es herbe Niederlagen. Sturm hingegen gewann alle seine vier Spiele und kommt mit einem Dreipunkteplus nach Wals-Siezenheim.

Selbst ein Remis würde den Steirern auf dem Weg zum ersten Meistertitel seit 2011, dem insgesamt vierten, also schon durchaus helfen. Auf Unentschieden zu spielen ist für die Gäste aber keine Option. „Niemals. Wer passiv gegen den Ball spielt, kriegt auch mit dem Ball keine Aktionsschnelligkeit zusammen. Es ist nicht unser Zugang, in Salzburg einen Punkt zu ermauern“, stellte Trainer Christian Ilzer klar. „Es wird von ganz vielen Kleinigkeiten abhängen. Du musst gute Nerven mitbringen, brauchst das Momentum und gute Leader mit viel Überzeugung in die eigenen Qualitäten.“

Spannung vor Bundesliga-Showdown

Im Titelkampf der Bundesliga wird es am Sonntag zum Showdown zwischen Salzburg und Sturm kommen. Am vergangenen Wochenende wechselten die „Bullen“ und die „Blackies“ die Positionen in der Tabelle, und nun ist Salzburg der Jäger. Sturm will im Meisterrennen schon für eine Vorentscheidung sorgen.

„Herausragende Saison“

Auch wenn Salzburg derzeit viel Kritik einstecken müsse, sei die Herausforderung am Sonntag die denkbar höchste. „Schlecht ist ihre Saison nicht, aber unsere ist wirklich herausragend“, meinte Ilzer, der die Auswärtspartie als das „maximal schwierigste Spiel“ bezeichnete. „Aber wir wissen, dass wir auch diese Spiele auf unsere Seite ziehen können“, meinte der 46-Jährige, der neben den Langzeitverletzten Manprit Sarkaria, Kjell Scherpen und Alexandar Borkovic nur den gesperrten Linksverteidiger David Schnegg vorgeben muss.

Bundesliga, 29. Runde

Sonntag, 17.00 Uhr (live in ORF1)

Salzburg – Sturm Graz

Red Bull Arena, SR Lechner

Mögliche Aufstellungen:

Salzburg: Schlager – Daniliuc, Solet, Baidoo, Guindo – Bidstrup, Gourna-Douath, Gloukh, Forson – Konate, Ratkov

Sturm: Jaros – Gazibegovic, Affengruber, Wüthrich, Lavalee – Gorenc Stankovic – Horvat, Kiteishvili, Prass – Biereth, Böving

Sein Team sei derzeit derart gefestigt, dass das scheinbar Unmögliche nun in greifbare Nähe rückt. „Zu Beginn habe ich nicht immer in überzeugte Augen geschaut, wenn es darum ging, den Glauben zu vermitteln, Salzburg auch nur in einem Spiel zu schlagen“, erinnerte sich Ilzer. „Wir haben es geschafft, diesen Gedanken zu implementieren und auch Salzburg über eine Saison richtig, richtig fordern zu können.“

Salzburg sei weiter der ganz große Favorit, Sturm der Underdog. „Aber wir haben es geschafft, den Ligagiganten ins Taumeln zu bringen – jetzt haben wir vier Runden Zeit, ihn auch zu Fall zu bringen“, sagte Ilzer.

Kampfansage an Salzburg

Gazibegovic führte ebenfalls neugewonnene mentale Stärke ins Treffen. „Wir haben letztes Jahr ein paar Mal zu oft daran gedacht, vielleicht war das der Fehler, dass wir mit mehr Druck ins Spiel gegangen sind. Wir spielen heuer einfach unser Spiel, wissen, was wir können“, erklärte der Außenverteidiger, den Salzburg nach sieben Jahren im Nachwuchs 2020 an die Grazer abgab. „Wir wollen, jetzt kann man es ja sagen, unbedingt Meister werden.“

In Salzburg hört man solche Ansagen wohl mit gemischten Gefühlen. Dass der „Emporkömmling“ das Selbstverständnis der Bullen nun für sich reklamiert, ist jedenfalls ein Wink mit dem Zaunpfahl. „Die Rollen sind jetzt vertauscht“, stellte Daniliuc nüchtern fest und versuchte, den Druck auf die Konkurrenten zu erhöhen. „Sturm hat schon auch einiges an Druck. Jetzt sind wir die Jäger, und wir werden sie jagen.“

„Haben etwas gutzumachen“

Psychospielchen alleine werden für den Ligakrösus aber nicht reichen. „Wir haben etwas gutzumachen“, bestätigte Trainer Onur Cinel, der vor zwei Spielen den geschassten Gerhard Struber beerbt hatte. Der Einstand des Deutschen verlief beim 4:2-Heimsieg über Klagenfurt noch recht erfolgreich, im „Rückspiel“ am Mittwoch musste man aber eine desaströse 3:4-Auswärtsniederlage hinnehmen – trotz 2:0-Pausenführung. „Die einzige Erklärung“ war für Daniliuc „eine Mentalitätssache. Das Spielerische haben wir ja mitgebracht. Aber genau das werden wir am Sonntag anders machen“, so der 22-Jährige.

Genau diesen mentalen Aspekt bearbeitete Cinel in den wenigen Tagen vor dem Hit. „Das läuft ganz viel über Einzel- und Mannschaftsgespräche. Es ist eine kurze Zeit, mit dem Vorteil, dass man sofort zeigen kann, dass man es besser kann“, so Cinel. Seine klare Forderung an die Mannschaft: „Es muss sichtbar sein, dass wir gewinnen wollen – in jedem Zweikampf, in jedem Luftduell, in der Überzeugung bei jedem Pass und jedem Schuss.“ Welche Gefahr von Sturm droht, war Cinel bewusst. „Sie sind eine extrem intensive Mannschaft, mit einer hohen Bereitschaft in allen Spielphasen, und das machen sie sehr konstant.“

Gerade Aussetzer in der eigentlich sehr stabilen Defensive kosteten zuletzt wertvolle Punkte. „Es waren zu viele Gegentore in den letzten Spielen. Das ist aber nicht nur ein Thema der Defensive. Das Spiel an sich war nicht gut. Es ging vor allem um das Attackieren gegen den Ball, aber auch die Phasen, in denen wir in beide Richtungen umschalten mussten“, sagte Cinel. Durch die unnötige fünfte Gelbe Karte für Strahinja Pavlovic fehlt ihm just gegen die Grazer ein Stammspieler, der auch als Leader vorangehen kann.