Ralf Rangnick (ÖFB)
GEPA/Christian Moser
Fußball

Österreichs Freude verlängert Bayerns Leid

Das Bekenntnis von Ralf Rangnick, trotz eines vermutlich hoch dotierten Angebots weiter dem ÖFB als Teamchef die Treue zu halten, hat bei Österreichs Fußballfans für Erleichterung und große Freude gesorgt. Nicht nur mit Blick auf die EM scheint ein weiterer Ruck durch das Land zu gehen. Bayern München erwischte Rangnicks Absage offensichtlich auf dem falschen Fuß. Die deutsche „Bild“-Zeitung fasste die chaotische Trainersuche so zusammen: „Gott, ist das peinlich, Bayern!“

Wie deutsche Medien berichten, sagte Rangnick den Bayern am Mittwochabend nach dem Besuch des Uniqa-ÖFB-Cup-Finales ab – dabei sei noch zu Wochenbeginn eigentlich eine weitgehende Einigung erzielt worden. Die Verwunderung und die Überraschung in München war entsprechend groß. Dabei hatte der ÖFB-Teamchef nach den Absagen von Xabi Alonso (Bayer Leverkusen) und Julian Nagelsmann (DFB-Teamchef) ohnehin nur als dritte Wahl bei der Nachfolgesuche von Thomas Tuchel gegolten.

Während sich der deutsche Rekordmeister nun einen Plan D überlegen muss, verkündete der ÖFB Rangnicks Verbleib mit Genugtuung. Rangnick erklärte seine Entscheidung so: „Ich möchte ausdrücklich betonen, dass das keine Absage an den FC Bayern ist, sondern eine Entscheidung für meine Mannschaft und unsere gemeinsamen Ziele. Unsere volle Konzentration gilt der EM. Wir werden alles unternehmen, um dort so weit wie möglich zu kommen.“ Die Endrunde startet am 14. Juni in Deutschland. Die ÖFB-Elf trifft in der Gruppe D auf Frankreich (17. Juni), Polen (21. Juni) und die Niederlande (25. Juni). Das Überstehen der Gruppenphase samt Einzug ins Achtelfinale gilt als Minimalziel.

Euphorie nach Rangnick-Verbleib

Nach der Entscheidung von Ralf Rangnick auch nach dem Sommer ÖFB-Teamchef zu bleiben, blicken Fans und Spieler euphorisch in Richtung Europameisterschaft. Damit kann man sich auch in Ruhe auf die EM vorbereiten.

Heimische Medien feiern „Fußball-Märchen“

„Wir sind extrem happy über seine Entscheidung. Wir haben verstanden, dass er zwei sehr attraktive Optionen hatte und haben ihm die Zeit gegeben, alles in Ruhe abzuwägen. Wir sind stolz, dass er sich für Österreich entschieden hat“, teilte ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel mit. Der Stolz geht über den Verband hinaus. „JAAA! Ralf Rangnick bleibt unserem ÖFB-Team treu“, titelte die „Kronen Zeitung“ unmittelbar nach der Bekanntgabe. „Heute“ schrieb von einer „Fußball-Sensation“, und der „Kurier“ frohlockte: „Wenn das nicht ein Fußball-Märchen ist, was dann? Die Europameisterschaft kann jedenfalls kommen.“

„Er hat sich für uns entschieden. Ich glaube, das wird uns noch einmal in Hinblick auf die EM einen Kick geben. Wir freuen uns natürlich jetzt alle sehr schon, gemeinsam mit ihm loszulegen und eine geile EM zu spielen“, sagte Teamspieler Christoph Baumgartner im ORF-Interview. Trainerkollege Ralph Hasenhüttl, in Deutschland beim VfL Wolfsburg engagiert, beglückwünschte sein Heimatland Österreich, „weil ich einfach finde, er macht das überragend“.

Zuletzt hatte man laut Medienberichten und diversen Interviews von Bayern-Verantwortlichen eher von einer Entscheidung für die Bayern ausgehen müssen. Nach der Abfuhr aus Wien bleiben den Bayern langsam nur noch Kompromisskandidaten, die zuletzt eigentlich schon abgeschrieben schienen. Unter ihnen war etwa Roberto de Zerbi vom englischen Verein Brighton & Hove Albion, Ex-Weltfußballer Zinedine Zidane und der frühere Real-Madrid- und Spanien-Coach Julen Lopetegui. Auch ein Verbleib von Tuchel, der Nagelsmann im März 2023 ersetzte und sich im Februar mit den Bayern auf eine Vertragsauflösung im Sommer einigte, sei mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen.

Viele Bayern-Köche verderben den Brei

Was letztlich den Ausschlag für Rangnicks Entscheidung gab, darüber kann nur spekuliert werden. Zuletzt hatten einige Experten und Ex-Profis gezweifelt, ob Rangnick überhaupt zum FC Bayern passen würde. An der Säbener Straße reden neben den hauptamtlichen Bossen um Sportvorstand Max Eberl, Vorstandschef Jan-Christian Dreesen und Sportdirektor Christoph Freund schließlich auch noch Granden wie Clubpatron Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge als mächtige Aufsichtsräte mit.

In der vorigen Woche etwa hatte Hoeneß auf einer Podiumsdiskussion bestätigt, dass die Münchner bei Rangnick erst anfragten, nachdem ihnen Leverkusens Meistercoach Xabi Alonso und Bundestrainer Julian Nagelsmann abgesagt hatten. Deutlicher kann einem nicht vermittelt werden, dass man nur dritte Wahl ist. Als Hoeneß zugleich den Noch-Trainer Thomas Tuchel hart kritisierte und trotz des folgenden Aufruhrs unterstrich, „wild entschlossen“ auch in Zukunft seine Meinung sagen zu wollen, bekam auch Rangnick einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden Arbeitsbedingungen in München.