Olympische Ringe werden vorbereitet
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Hintergrund

Wo Österreich auf Edelmetall hoffen darf

Mit 42 Athletinnen und 64 Athleten nimmt Österreichs Abordnung die am 4. Februar beginnenden 24. Olympischen Winterspiele der Geschichte in Angriff. Als traditioneller „Big Player“ im Wintersport sind die Erwartungen an das rot-weiß-rote Team in China hoch. Minimalziel ist das Ergebnis von 14-mal Edelmetall der Spiele 2018 in Pyeongchang, doch auch eine neue Rekordausbeute ist möglich.

Vor vier Jahren in Südkorea brachten Österreichs Sportlerinnen und Sportler fünf Goldmedaillen, dreimal Silber und sechsmal Bronze mit nach Hause. Die Winterspiele in Pyeonchang waren damit dank der Gold-Ausbeute die dritterfolgreichsten der österreichischen Sportgeschichte. Nur in Turin 2006 mit insgesamt 23 Medaillen (neun Gold, sieben Silber, sieben Bronze) und 1992 in Albertville mit 21-mal Edelmetall (6-7-8) schnitt eine Abordnung des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC) erfolgreicher ab.

Von den Olympiasiegern 2018 sind Alpinstar Matthias Mayer, Snowboarderin Anna Gasser und Rodler David Gleirscher auch heuer wieder mit von der Partie. Mit Julia Dujmovits hat eine weitere Athletin im Peking-Aufgebot eine Goldmedaille daheim in der Vitrine liegen. Die Burgenländerin krönte sich auf dem Snowboard vor acht Jahren in Sotschi zur Olympiasiegerin im mittlerweile nicht mehr im Programm befindlichen Parallel-Slalom. Dujmovits zählt ebenso wie das vorher genannte Trio auch heuer zu den Hoffnungsträgerinnen auf Edelmetall.

Die alpine Medaillenbank

Die größten Hoffnungen auf goldene Spiele im Reich der Mitte ruhen einmal mehr auf den Alpinen. Bei den Männern besteht in jeder der fünf Einzel-Disziplinen eine Medaillenchance. In den Speed-Disziplinen ist neben Mayer vor allem Doppel-Weltmeister Vincent Kriechmayr die heißeste österreichische Aktie. In den technischen Bewerben carvte Manuel Feller mehrmals unter die ersten drei. Dazu kann im Slalom Johannes Strolz in die Fußstapfen von Vater Hubert treten, der 1988 in Calgary Gold in der Kombi gewann.

Vincent Kriechmayr
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Kriechmayr ist als Abfahrts- und Super-G-Weltmeister ein logischer Kandidat für Olympiamedaillen

Bei den Frauen ruhen die Hoffnungen in den technischen Disziplinen vor allem auf Slalom-Weltmeisterin Katharina Liensberger und Allrounderin Ramona Siebenhofer. Dazu zeigte die Speed-Abteilung mit dem Super-G-Sieg von Cornelia Hütter bei der Generalprobe in Garmisch-Partenkirchen einen erfreulichen Aufwärtstrend. Der Team-Bewerb entpuppte sich schon öfter als Wundertüte, Edelmetall für die Skination Nummer eins ist in dieser Disziplin aber ein Muss.

Heiße Aktien im Eiskanal und am Brett

Eine Nullnummer der Rodler im Eiskanal von Yanqing wäre angesichts der Saisonergebnisse eine Riesenüberraschung. Im Frauen-Einsitzer etablierte sich Madeleine Egle im Weltcup als Siegfahrerin und gewann noch dazu zu Saisonbeginn die Olympia-Generalprobe. Bei den Männern sind Wolfgang Kindl und Nico Gleirscher laut Saisonleistungen für Medaillen gut. Dazu kommt „Titelverteidiger“ David Gleischer mit neuerlichem Überraschungspotenzial. Im Doppelsitzer lauern Thomas Steu/Lorenz Koller. Zusammen ergibt das auch alle Möglichkeiten für die Team-Staffel.

Madeleine Egle
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Egle zeigte zu Saisonbeginn, dass ihr die Kurven des neuen Eiskanals vor den Toren Pekings liegen

Medaillenhoffnungen bestehen auch zu Recht im Snowboard. Bei den Freestylern ist Anna Gasser so wie 2018 in Pyeongchang im Big Air wieder ernste Medaillenanwärterin. Ähnlich gut sind die Voraussetzungen bei den Crossern, die Männer waren in jedem der sechs Saisonrennen auf dem Podest vertreten. Pia Zerkhold überzeugte zum Weltcup-Auftakt auf der Olympiastrecke in Zhangjiakou als Vierte ebenso. Aus dem Parallel-Team ist jedem der sieben Aktiven ein Podestrang zuzutrauen, wobei im Weltcup das Männer-Quartett aber noch ohne Podestplatz ist.

Österreichische Geheimtipps

Apropos Kombination: In jener aus Langlauf und Schießen, auch bekannt als Biathlon, gehört Lisa Hauser bei den Damen zu den größten Hoffnungen auf eine Überraschung. Die Massenstart-Weltmeisterin etablierte sich längst in der Weltspitze und hat in allen vier Einzel-Disziplinen Chancen. Bei den Männern rund um Routinier Simon Eder käme Edelmetall einer Sensation gleich. Das Gleiche gilt angesichts der bisherigen Saisonergebnisse auch in den Staffel- und Mixed-Bewerben.

Lisa Hauser
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Hauser reiste als größte österreichische Hoffnung im Biathlon zu den Bewerben nach China

In der Sparte der Freeskier hat Österreich mit Matej Svancer ebenfalls einen Kandidaten für eine Medaille und sogar den Olympiasieg im Talon – das nötige Glück des Tüchtigen vorausgesetzt. Der erst 17-Jährige zeigte in dieser Saison im Big Air mit Siegen im schweizerischen Chur und in Steamboat Springs in den USA auf. Die Ski Crosser um Adam Kappacher, Johannes Rohrweck, Tristan Takats und Katrin Ofner kehrten erst bei der Generalprobe nach einer Durststrecke auf das Weltcup-Podest zurück und bringen vor allem Erfahrung mit.

Genug Erfahrung auf der olympischen Bühne hat auch Janine Flock – und dabei nicht nur positive. Vor vier Jahren in Pyeongchang lag die Tirolerin nach drei Läufen sogar auf Goldkurs, am Ende blieb Österreichs bester Skeletoni jedoch nur „Blech“. Der Ansporn, es diesmal besser zu machen, ist groß. Als Zweite der Europameisterschaft zählt Flock erneut zu den Medaillenanwärterinnen.

Nordischer Tiefschlag

Traditionell gehört Österreich auch bei den Nordischen Disziplinen zum erweiterten Favoritenkreis. Bei den Damen stellt Rot-weiß-rot mit Sara Marita Kramer aktuell auch die beste Athletin. Doch eine der größten Goldhoffnungen wird die Spiele nur vor dem Fernseher verfolgen. Denn die überlegen Führende im Gesamtweltcup musste aufgrund eines positiven Coronavirus-Tests unmittelbar vor den Spielen aus dem Aufgebot gestrichen werden.

Auch wenn dem österreichischen Team durch das Coronavirus ein Tiefschlag verpasst wurde, gehören die heimischen Adler auch ohne Kramer zu den Medaillenkandidaten in der Premiere des Mixed-Bewerbes und auch im Team-Springen der Männer, wo man zwei Saisonsiege feiern konnte. In den beiden Einzel-Konkurrenzen der Männer hat Österreich mit Stefan Kraft, Jan Hörl und Daniel Huber zwar drei Saisonsieger, die Favoriten sind aber trotzdem andere.

In den drei Bewerben der Nordischen Kombinierer hat die österreichische Equipe in der Team-Konkurrenz ausgezeichnete Medaillenchancen. In den beiden Einzel-Wettkämpfen ist laut Papierform nur Johannes Lamparter, seines Zeichens zweifacher Weltmeister von Oberstdorf 2021, Anwärter auf einen Top-Drei-Platz. Nach Fixierung seiner ersten Weltcup-Siege im Jänner sollte es für den Tiroler im Schatten des großen Favoriten Jarl Magnus Riiber aus Norwegen auch in China zumindest einmal klappen. Übrigens: Die Kombiniererinnen sind in Peking noch in der Zuschauerrolle. Ihre olympische Premiere erfolgt erst in vier Jahren in Mailand.

Außenseiter mit Überraschungspotenzial

Im Eisschnelllauf gehört Ex-Weltmeisterin Vanessa Herzog, wenn auch nur über 500 Meter, zum erweiterten Kreis für die Medaillen. Nach zwei im Vorjahr erlittenen Bandscheibenvorfällen sicherte sich die gebürtige Tirolerin, die auch über 1.000 Meter am Start sein wird, mit Mühe das Ticket für Olympia, ihre Formkurve zeigte aber zuletzt im Training nach oben. Keine Prognosen lassen sich für das Massenstart-Rennen abgeben. Ein Podestrang Herzogs oder des 21-jährigen Olympiadebütanten Gabriel Odor käme aber einer Sensation gleich.

Vanessa Herzog
Reuters/USA Today Sports/Jeffrey Swinger
Herzog reißt diesmal nur als Außenseiterin ins olympische Eisoval

Im Langlauf ruhen die Hoffnungen auf einen Spitzenplatz einmal mehr auf Teresa Stadlober. Die Salzburgerin hatte nach einem unklaren Coronavirus-Test und einer damit verbundenen verspäteten Anreise allerdings nicht die gewünschte Vorbereitung. Aber auch mit einem reibungslosen Abflug wäre eine Medaille für Stadlober eine Überraschung. Ein Platz unter den besten sechs, etwa im Massenstart über 30 Kilometer, ist daher Stadlobers realistisches Ziel. Für Lisa Unterweger sowie das Männer-Trio mit Distanzläufer Mika Vermeulen und das Sprint-Duo Benjamin Moser und Michael Föttinger sind die Medaillenränge außer Reichweite.

Edelmetall hängt hoch

In die Kategorie Sensation würden auch Medaillen im Bob fallen. Kathrin Beierl hat mit Monobob und Zweierbob zwar zwei Chancen, kam an die Form des Vorjahres in diesem Winter aber noch nicht heran. Benjamin Maier führt einen erfolgversprechenden Zweier- und Viererbob an und schaffte es jeweils bereits auf das Podest in diesem Winter. Allerdings wurde sein Anschieber Markus Sammer bei der Ankunft in Peking positiv auf das Coronavirus getestet und landete damit in Quarantäne.

Im Eiskunstlauf wird Österreichs Abordnung auch in Peking nicht an die goldene Vergangenheit mit etlichen olympischen Medaillengewinnen anschließen können. Nach den WM-Rängen acht und elf im Vorjahr von Olga Mikutina sowie dem Paarlauf-Duo Miriam Ziegler/Severin Kiefer lief deren Saisonvorbereitung verletzungsbedingt nicht reibungslos, das Paar wurde zudem durch Sturz, Bruch und Operation Kiefers im Jänner zurückgeworfen. Sollten es die Top Ten werden, wäre aus heimischer Sicht wohl das mögliche Optimum erreicht.