Franz Klammer, 1976
APA/DPA/Heinrich Sanden
Rückblick

Als Franz Klammer unsterblich wurde

Bevor am Sonntag in Europa die Sonne aufgeht, steht bei den Olympischen Winterspielen von Peking mit der Abfahrt der Männer (4.00 Uhr live in ORF1) das erste große Highlight auf dem Programm. Der Showdown im Skiressort von Yanqing geht fast genau 46 Jahre nach der wohl legendärsten Fahrt zum Olympiasieg über die Bühne: Am 5. Februar 1976 vergoldete sich Franz Klammer filmreif auf dem Patscherkofel und machte sich damit aus sportlicher Sicht unsterblich.

Mit Startnummer 15 hielt der damals 22-jährige Kärntner dem Erwartungsdruck stand und eroberte mit einem Husarenritt auf dem Innsbrucker Patscherkofel Abfahrtsgold bei den XII. Olympischen Winterspielen. „Das ist der schönste Tag in meinem Leben. Ich hab’ so viele Fehler gemacht, bin aber g’fahren, was ’gangen ist“, hatte Klammer damals seine Fahrt im Ziel kommentiert.

33 Hundertstel lag er an jenem denkwürdigen Donnerstag vor Titelverteidiger Bernhard Russi aus der Schweiz. Die Siegerzeit, die sich bei vielen Fans, die damals im Zielraum oder vor dem TV-Geräten mitgezittert hatten, eingebrannt hat: 1:45,73 Minuten. Erstmals seit Egon Zimmermann, der 1964 an selber Stelle triumphiert hatte, kam der Abfahrtsolympiasieger wieder aus Österreich. Die zweiten Innsbruck-Spiele waren somit bereits am zweiten Tag gerettet.

TV-Hinweis

ORF2 zeigt am 5. Februar im Rahmen eines Schwerpunktes zu den Olympischen Spielen um 20.15 Uhr in einer ORF-Premiere den Film „Klammer – Chasing the Line“.

„Die beste Kurve, die ich jemals gefahren bin“

Doch Klammers Statement entsprang nicht bloß der Emotion, es steckte viel Wahrheit darin. Denn im oberen Streckenteil hatte er mit einigen Problemen zu kämpfen. Bei der Zwischenzeit lag er hinter Russi (19 Hundertstel), der 1972 in Sapporo Gold gewonnen hatte, und dem Südtiroler Herbert Plank nur auf Rang drei. „Da habe ich gewusst, ich muss etwas machen, sonst werde ich das Rennen nicht gewinnen“, sagte Klammer im Gespräch mit der APA.

Der Kärntner stürzte sich waghalsig in die letzten Kurven, vollzog eine permanente Gratwanderung am Rande eines Sturzes. Im schräg weghängenden „Bäreneck“ verließ er meterweit die zuvor besichtigte Linie – und war schneller als alle anderen. „Das war wahrscheinlich die beste Kurve, die ich jemals gefahren bin“, sagte Klammer. Dem Rivalen Russi nahm er auf den finalen 30 Fahrsekunden fünf Zehntel ab.

Franz Klammer nach seinem Olympiasieg 1976
APA/AFP
Klammer hielt dem Druck stand und bescherte der Skination Österreich die von ihm erwartete Goldmedaille

Klammer war als erklärter Favorit in das Rennen gegangen. Im Weltcup hatte der aufstrebende Star seit dem Winter 1974 dominiert, von den jüngsten 13 Abfahrten gleich zehn gewonnen. Problematisch waren aber sowohl die lange Wartezeit vor seinem Start als Letzter der Topgruppe als auch der Umstand, dass Ausrüster Fischer Klammer dazu bewegen wollte, vor einem globalen Millionenpublikum den neuen Lochski einzusetzen. Er optierte jedoch für sein bewährtes Modell, den berühmten C4.

25 Weltcup-Siege in der Abfahrt bis heute Rekord

In seiner Laufbahn sollte Klammer anschließend noch zwölf Weltcup-Rennen gewinnen. Den Abfahrtsweltcup entschied er fünfmal (1975, 1976, 1977, 1978 und 1983) für sich – noch immer bestehende Bestmarke. Seine 25 Weltcup-Siege in der Abfahrt sind bis heute ebenfalls einsamer Rekord, der Schweizer Peter Müller brachte es auf 19. Von den aktiven Athleten ist der Südtiroler Dominik Paris mit 16 Siegen aktuell der erfolgreichste. Irgendwann werden aber auch diese Bestmarken fallen, ist Klammer überzeugt: „Rekorde sind da, damit sie gebrochen werden.“

Detail am Rande: Klammers Husarenritt auf dem Patscherkofel wurde 45 Jahre danach unter der Regie von Andreas Schmied auch für die Leinwand inszeniert. Am 28. Oktober 2021 kam „Klammer – Chasing the Line“ mit dem 1996 und damit 20 Jahre nach Klammers Goldfahrt geborenen Kärntner Julian Waldner in der Hauptrolle in die heimischen Kinos.